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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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gnadenlos vom Himmel brannte. Penelope leckte sich über die ausgedörrten Lippen. Erschöpft gab sie sich der allgegenwärtigen Hitze hin, etwas anderes hatte ohnehin keinen Sinn.
    »Eine dieser betrunkenen Sträflingshuren –«
    »Warum liegt sie denn hier draußen?«
    »Sträflingshuren sollen nicht –«
    »Miller, mäßigen Sie Ihre Ausdrucksweise! Warum liegt die Frau hier draußen auf dem Boden?«
    »Die Damen haben sich beschwert, dass sie so stinkt.Mrs. Howard hielt es nicht aus. Die Frau stinkt nach Schaf, und betrunken ist sie auch.«
    »Tragen Sie die Frau ins Haus, Miller. Wir werden doch wohl ein sauberes Hemd für sie haben. Das Hospital steht allen offen, ich mache keine Unterschiede.« Die ruhige Stimme kam näher, eine Hand legte sich an ihre Wange. »Was für ein tragischer Unfall. Und jung ist diese Frau, so jung.«
    »Sie hatte keinen Passierschein«, flüsterte der Mann mit Namen Miller.
    Penelope schloss die Augen. Jemand hob sie vom Boden auf. Dann ging es mit wiegenden Schritten eine Treppe hinauf, und der Duft nach Hafergrütze verschwand. Stattdessen roch es nach scharfer Seife. Aus allen Richtungen gelangten Stimmen an ihr Ohr, Jammern, Wehklagen und auch Geschimpfe.
    »… legen Sie mir das Kissen so hin. Nein, nicht so, anders. Passen Sie doch auf, Sie Dummkopf, Sie tun mir weh! Wie grob muss man sich hier eigentlich behandeln lassen …«
    »Mrs. Howard, es tut mir leid.«
    »Hier ist Platz für das Mädchen.« Die Stimme des Doktors ließ den Träger innehalten.
    »Hier?«
    »Was bringen Sie da, Doktor Redfern? Wo ist mein Mann, warum hat ihn niemand benachrichtigt?«, zeterte da eine Frauenstimme. »Ich habe Schmerzen im Arm, wie lange soll ich die noch ertragen – was – wie bitte? Diese Person neben mir im Bett?«
    »Es ist das einzige Lager, das noch frei ist«, erwiderte der Doktor gleichmütig. Er half Miller, ihre Beine auf den Decken zu sortieren, und Penelope wagte zum ersten Mal,die Augen zu öffnen. Der Doktor war schlank und hochgewachsen. Sein Gesicht hatte jene blassgraue Farbe, die einem ein Übermaß von Arbeit auf die Züge malt. Das Lebendigste in diesem Gesicht waren die Augen. Nichts schien ihnen zu entgehen, nicht die vom Durst aufgeplatzten Lippen und nicht die Scheuerstellen der Haube. Sein Blick umfing sie mit freundlicher Sorge.
    »William Redfern ist mein Name.« Er lächelte … »Ich bin der diensthabende Arzt in diesem Hospital. Sie haben dich von dem Kutschenunfall mitgebracht. Kannst du dich an irgendwas erinnern? Hast du Schmerzen?«
    Das waren zu viele Fragen auf einmal. Seine freundliche Art brachte Penelope beinahe aus der Fassung. Ann – sie war einfach gegangen. Ihre Freundin war einfach gegangen, hatte sie nach dem Unfall mit all diesen Menschen alleingelassen. Tränen schossen ihr in die Augen.
    Sanft strich Redfern über ihre Stirn. »Ein furchtbarer Unfall – und ein kleines Wunder, dass niemand starb. Die Damen berichten von einem durchgehenden Pferd. Kannst du dich nicht erinnern?«
    Weinend schüttelte Penelope den Kopf. Jede Bewegung, jede noch so kleine Drehung tat weh. Ann ging ihr nicht aus dem Sinn. Dann wurde ihr übel, sie erbrach sich, und Mrs. Howard schrie auf. »Wie ekelhaft!«
     
    Als Penelope das nächste Mal erwachte, wimmelte es nur so von Menschen im Raum. Es roch nun durchdringend nach Seife und Parfüm. Hastige Schritte überall. Stoffe raschelten unter hektischen Bewegungen, eine kehlige Stimme zischte Befehle.
    »Hierher, näher zu mir. Und das Buch. An die Teetasse komme ich so nicht heran. Du dummes Ding, stell dichnicht so dämlich an. Halt mir das hier. Es riecht immer noch. Kann man das nicht abstellen? Und dieses Kissen drückt. Wieso drückt es? Was habt ihr in das Kissen gestopft, Kartoffeln vielleicht? Nein, hier, hier muss es hin! Du meine Güte, seid ihr Krankenpfleger oder Pferdepfleger? Hat man jemals solche Grobheit erlebt? Au! Du tust mir weh! Wo ist der Doktor? Ich brauche etwas gegen diese unglaublichen Schmerzen.«
    Eine Tür klapperte. Draußen hörte man, wie nach dem Doktor gerufen wurde. Jemand hustete.
    »Dieses Husten ist unerträglich. Kann man diese Person nicht entfernen!«
    Zu spät bemerkte Penelope, dass sie es war, die gehustet hatte. Immerhin schmerzte der Kopf nicht mehr so. Ihr rechtes Bein lag steif unter der Decke. Vorsichtig wanderte sie mit der Hand daran herunter und berührte zwei Holzschienen.
    »Gebrochen«, flüsterte sie. »Mein Bein ist gebrochen …«
    Erneut klapperte

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