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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Krankenhaus.«
    »Ich bin in Richtung Norden gefahren«, sagte sie. »Ich habe nichts Ungewöhnliches gesehen.«
    »Weiß Ken Miller, wer sie ist?«
    »Ja.«
    »Kennen Sie ihn gut?«
    Sie winkte ab. »Er ist harmlos.«
    Sie zog noch einmal an ihrem Joint, und als der Rauch aus ihrer Lunge strömte, nahm er einen großen Teil ihrer Vitalität mit. »Nettes Auto«, sagte sie, aber die Worte bedeuteten nichts. Der Wagen stand nur zufällig in ihrem Blickfeld.
    »Woher kennen Sie mich?«, fragte ich. Ihr Blick ging zu mir herüber, aber sie antwortete nicht.
    »Erzählen Sie mir, wie Sie mich gefunden haben«, sagte sie stattdessen. »Ihre Mutter meinte, Sie wären hier drüben.«
    »Ah«, sagte sie, und in dieser einen Silbe lag eine dunkle Vergangenheit. Ich drehte meinen Sessel zu ihr um. »Woher kennen Sie mich, Sarah?«
    Aber sie war stoned. Ihre Augen glühten hell und leer. Sie sah etwas, das ich nicht sehen konnte, und ihre Worte drifteten ab. »Es gibt Dinge auf der Welt, über die ich nicht spreche«, sagte sie. »Versprechungen, Versprechungen.«
    »Ich verstehe nicht.«
    Sie drückte den Joint aus und warf ihn auf die ungefegten Verandadielen. Ihre Lider hingen herab, aber in der hellgrünen Iris der Augen war Leben — etwas Wissendes, so wild, dass ich mich fragte, was sie da sah. Sie winkte mich mit dem gekrümmten Zeigefinger heran, und ich beugte mich zu ihr. Sie nahm mein Gesicht in beide Hände und küsste mich auf den Mund. Ihre Lippen waren weich und leicht geöffnet, und sie schmeckten nach dem Joint, den sie geraucht hatte. Es war kein keuscher Kuss, aber er war auch nicht übermäßig sinnlich. Ihre Hände sanken herab, und ihr betrübtes Lächeln weckte ein überwältigendes Verlustgefühl in mir. »Du warst so ein wunderbarer Junge«, sagte sie.

SIEBZEHN
    O hne ein weiteres Wort ließ sie mich sitzen. Sie rollte ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Ich stieg ins Auto, fuhr zwischen den Bäumen hindurch und dachte an Sarahs Mutter, deren Nachricht ich nicht übermittelt hatte. Sie waren eine Familie, die zu Asche verbrannt war, und das Band zwischen ihnen war so blutleer, wie etwas im Laufe der Zeit werden kann. Vielleicht verspürte ich deshalb eine Verwandtschaft, vielleicht dachte ich deshalb an einstmals kostbare Bande, die zu einem hellgrauen Nichts verkohlt waren.
    Ich fuhr langsamer, als Ken Miller aus dem Schatten hervortrat und mich heranwinkte. Ich hielt an, und er beugte sich ins Fenster. »Alles okay?«, fragte er. »Braucht sie etwas?«
    Er hatte ein offenes Gesicht, aber ich wusste, wie bedeutungslos das sein konnte. Die Menschen zeigen einem, was man sehen soll. »Kennen Sie Grace Shepherd?«, fragte ich.
    »Ich weiß, wer sie ist.« Er deutete mit dem Kopf zwischen den Bäumen hindurch. »Sarah erzählt von ihr.« Ich beobachtete ihn aufmerksam. »Sie wurde überfallen und beinahe umgebracht. Wissen Sie etwas darüber?«
    Seine Reaktion war nicht einstudiert. »Das tut mir wirklich leid«, sagte er. »Hört sich an, als wäre sie ein nettes Mädchen.« Er wirkte unschuldig und besorgt.
    »Vielleicht will die Polizei mit Sarah sprechen.« Einen Moment lang sah er beunruhigt aus, und ich sah, wie sein Blick nach links huschte, zu dem lila Bus. Dort bewahrte er wahrscheinlich sein Marijuana auf. »Ich dachte, das möchten Sie wissen.«
    »Danke.«
    Auf der Rückfahrt nach Salisbury schaltete ich mein Handy ein. Beinahe sofort klingelte es. Robin. »Ich weiß nicht, ob ich im Moment mit dir sprechen möchte«, sagte ich.
    »Sei nicht albern, Adam. Du hast uns belogen. Diese Fragen mussten gestellt werden. Da ist es besser, dass ich dabei war.«
    »Du hast gesagt, wir seien aus Rücksicht auf mich zum Salisbury P.D. und nicht zum Sheriffs Office gefahren. Hast du das ernst gemeint?«
    »Natürlich. Warum sollte ich es sonst tun?« Ich hörte ihr an der Stimme an, dass sie die Wahrheit sagte, und ein kleiner Knoten löste sich in mir. »Ich bewege mich an einer sehr schmalen Grenze, Adam. Das ist mir klar. Ich versuche zu tun, was richtig ist.«
    »Was willst du?«, fragte ich.
    »Wo bist du?«
    »Im Auto.«
    »Ich muss dich sehen. Es dauert nur eine Minute.« Ich zögerte.
    »Bitte«, sagte sie.
    Wir trafen uns auf dem Parkplatz einer Baptistenkirche. Der Turm ragte in den blauen Himmel, eine weiße Nadel, die uns winzig erscheinen ließ. Robin kam gleich zur Sache. »Ich verstehe, dass du wütend bist. Die Vernehmung hätte besser laufen können.«
    »Viel besser.«
    Innere

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