Der dunkle Herzog
Imbiss, wenn er hungrig war, packte dann seine Notizbücher und Stifte in einen kleinen Rucksack und machte sich allein auf, London zu entdecken. Der Majordomus versuchte ihm zu erklären, dass Harts Kutsche bereitstand, um Lord Ramsay dorthin zu fahren, wohin immer er es wünschte, doch der Earl ignorierte das Angebot und ging jeden Tag zu Fuß zum Museum oder nahm einen Omnibus. Er hatte entdeckt, dass er diese Art der Fortbewegung überaus schätzte.
»Stell dir nur vor, Eleanor«, sagte Ramsay, als er am zweiten Abend ihres Aufenthaltes sehr spät heimkam. »Du kannst für einen Penny überall hinfahren. Und man sieht so viele Menschen. Es ist recht unterhaltsam nach der Abgeschiedenheit zu Hause.«
»Um Himmels willen, Vater, lass das nicht Hart hören«, mahnte Eleanor ihn. »Er erwartet von dir, dass du dich wie ein Peer des Königreiches benimmst und dich mit allem Luxus in London herumkutschieren lässt.«
»Aber wozu denn? Auf diese Weise sehe ich doch viel mehr von der Stadt. Weißt du, dass in Covent Garden jemand versucht hat, mir meinen Geldbeutel zu stehlen? Niemand hat bis jetzt meine Börse gestohlen. Der Dieb war ein Kind, kannst du dir das vorstellen? Ein kleines Mädchen. Ich habe mich bei ihr dafür entschuldigt, dass mein Geldbeutel leer ist, und habe ihr dann den Penny gegeben, der für die Omnibusfahrt gedacht war.«
»Was um alles in der Welt wolltest du in Covent Garden?«, fragte Eleanor besorgt. »Das ist weitab vom Museum.«
»Das weiß ich, meine Liebe. Ich hatte eine falsche Abzweigung genommen und bin sehr lange gelaufen. Deshalb komme ich ja auch so spät nach Hause. Ich musste einige Polizisten nach dem Weg fragen, bevor ich hergefunden habe.«
»Würdest du die Kutsche nehmen, würdest du nicht verlorengehen«, sagte Eleanor und umarmte ihren Vater. »Und man würde dir nicht die Börse stehlen. Und ich würde mir nicht solche Sorgen machen.«
»Unsinn, meine Liebe, die Polizisten waren sehr hilfsbereit. Du hast keinen Grund, dir über deinen alten Vater Sorgen zu machen. Kümmere dich nicht um mich.«
Er hatte einen Glanz in den Augen, der einen in den Wahnsinn treiben konnte und der Eleanor verriet, dass ihr Vater sehr genau wusste, was er tat. Und dass er den weltfremden alten Mann spielen würde, solange es ihm Spaß machte.
Während ihr Vater sich im Museum aufhielt oder mit dem Omnibus fuhr, erfüllte Eleanor ihre vorgeblichen Pflichten. Sie fand heraus, dass es ihr Spaß machte, die Briefe zu tippen, die Wilfred ihr gab, denn sie erlaubten ihr einen kleinen Einblick in Harts Leben, wenn auch nur in sein offizielles.
Der Duke ist erfreut, die Einladung des Botschafters zur Gartenparty am kommenden Dienstag anzunehmen.
Oder
Der Duke bedauert, dass es ihm nicht möglich sein wird, bei dem Treffen am Freitagabend anwesend zu sein.
Oder
Seine Gnaden dankt Seiner Lordschaft für das Ausleihen des Buches und gibt es in Dankbarkeit zurück.
Höfliche Nichtigkeiten und sehr unähnlich der Art, auf die Hart sich sonst gab. Aber genau genommen verfasste Hart die Antworten auch gar nicht – er kritzelte ein Ja oder Nein auf die Schreiben, die Wilfred ihm vorlegte, und schob sie ihm wieder zu. Wilfred verfasste die Antworten, und Eleanor schrieb sie dann mit der Maschine ab.
Eleanor hätte die Schreiben schon sehr bald allein aufsetzen können, aber Wilfred, die stolze alte Seele, sah in dieser Pflicht einen seiner Daseinsgründe. Deshalb bot Eleanor ihm nicht an, diese Aufgabe zu übernehmen.
Was auch sein Gutes hatte. Sie würde versucht sein, Dinge zu schreiben wie:
Seine Gnaden bedauert, dass es ihm nicht möglich sein wird, Ihren Wohltätigkeitsball zu besuchen. Natürlich wird er nicht kommen, Sie alte dumme Kuh, nicht nachdem Sie ihn einen schottischen Arsch genannt haben. Ja, ich habe gehört, dass Sie das im vergangenen Sommer in Edinburgh gesagt haben, und es ist ihm zu Ohren gekommen. Sie sollten wirklich Ihre Zunge im Zaum halten.
Nein, es war schon gut so, dass Wilfred die Brieftexte vorgab.
Was die Fotografien betraf, so dachte Eleanor darüber nach, was zu tun wäre. Hart hatte gesagt, es gebe insgesamt zwanzig davon. Eleanor war nur diese eine zugeschickt worden – sie konnte überhaupt nicht wissen, ob der Absender im Besitz aller Aufnahmen war oder nur diese gehabt hatte. Und wenn es so war, wo waren dann die anderen? Des Abends, allein in ihrem Schlafzimmer, nahm sie die Fotografie und betrachtete sie.
Die Aufnahme zeigte Hart von der Seite. Er
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