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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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weil wir anhalten mußten, um Kühlflüssigkeit nachfüllen zu lassen. Und da sah sie noch gut aus.
    Ruhig und gelassen, mit dunklen, traurigen Augen, in Lederjäckchen und Stiefeln, mit dem Geldbeutel, an dem der Hasenfuß baumelte. So, wie sie immer aussieht.
    Dann ging er weiter, immer noch auf der Suche nach
    dem Staubsauger. Er fühlte sich jetzt viel besser. Aber er verstand nicht, warum.
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XV
    Bruce sagte: »Könnte ich irgendwo arbeiten, wo es Tiere gibt?«
    »Nein«, sagte Mike, »ich glaube, ich werde dich auf eine unserer Farmen schicken. Ich möchte, daß du es erst mal mit Pflanzen versuchst, ein paar Monate lang. Drau-
    ßen im Freien, wo du den Boden berühren kannst. Die Menschen versuchen viel zu oft, nach dem Himmel zu
    greifen. Diese ganzen Raumsonden, die sie mit Raketen hochschicken … Ich möchte, daß du mit dem Boden –«
    »Ich möchte aber bei etwas Lebendigem sein. «
    Mike erklärte: »Der Boden ist lebendig. Die Erde lebt noch. Das wird dir gut tun. Hast du Ahnung von Landwirtschaft? Weißt du, wie man sät, den Boden kultiviert und erntet?«
    »Ich hab’ in einem Büro gearbeitet.«
    »Von jetzt an wirst du im Freien arbeiten. Wenn dein Verstand zurückkommen soll, dann muß das auf natürlichem Wege geschehen. Du kannst nicht durch eigene
    Anstrengungen wieder zu denken lernen. Du kannst nur immer weiter arbeiten, also zum Beispiel auf unseren Gemüseplantagen – wie wir sie nennen – die Saat aus-streuen oder den Boden bestellen. Oder Insekten vernichten. Das machen wir viel – Insekten mit der richtigen Sorte Sprays ausrotten. Wir sind allerdings bei der Verwendung von Sprays sehr vorsichtig. Sie können mehr Schaden anrichten, als sie Nutzen bringen. Sie können nicht nur die Ernte oder den Boden vergiften, sondern 447
    auch den, der sie benutzt. Sein Gehirn angreifen.« Er füg-te hinzu: »So wie deins.«
    »Okay«, sagte Bruce.
    Man hat dich eingesprüht, dachte Mike, als er auf den Mann ihm gegenüber blickte, und darum bist du jetzt zu einer Wanze geworden. Wenn man eine Wanze mit einem Gift besprüht, dann stirbt sie; wenn man einen
    Mann, sein Gehirn, damit besprüht, dann wird er zu einem klickenden und klackenden Insekt, das sich für immer in einem geschlossenen Kreis bewegt. Eine Reflexmaschine, wie eine Ameise. Eine Maschine, die immer nur die letzte Anweisung wiederholt, die man ihr gegeben hat.
    Dein Gehirn wird nie mehr etwas Neues aufnehmen,
    dachte Mike, weil dieses Gehirn sich aufgelöst hat.
    Und zugleich mit dem Gehirn auch jener Mensch, der
    einmal aus diesem Kopf herausschaute. Jener Mensch, den ich nie gekannt habe.
    Aber wenn er an den richtigen Ort und in die richtige Stellung gebracht wird, kann er vielleicht immer noch hinunterschauen und den Boden sehen. Und erkennen,
    daß dieser Boden existiert. Und etwas, das lebt, das also anders ist als er, darin einpflanzen. Auf daß es wachse und Frucht bringe.
    Denn genau das ist es ja, was er oder es nicht mehr kann: Diese Kreatur neben mir ist gestorben und kann darum niemals wieder wachsen. Es kann nur nach und
    nach immer mehr verfallen, bis das, was übrigbleibt, auch tot ist. Und dann karren wir das weg.
    Jemand, der tot ist, dachte Mike, hat keine große Zu-448
    kunft mehr. Für gewöhnlich hat er nur noch seine Vergangenheit.
    Und für Arctor-Fred-Bruce gibt es nicht einmal mehr die Vergangenheit, sondern nur noch den gegenwärtigen Augenblick.
    Neben Mike, auf dem Beifahrersitz des von ihm ge-
    steuerten hauseigenen Wagens, hüpfte die eingefallene Gestalt auf und ab. Das Rütteln des Wagens übertrug sich auf sie, setzte sie in Bewegung.
    Ich möchte zu gerne wissen, dachte Mike, ob es wirklich der Neue Pfad war, der ihm das angetan hat. Der einen Stoff in die Welt hinausgeschickt hat, um ihn zu dem zu machen, was er jetzt ist. Um ihn in diesen Zustand zu versetzen, damit sie ihn schließlich wieder bei sich aufnehmen konnten.
    Und um auf diese Weise, dachte er, inmitten des Cha-os eine Zivilisation nach ihrem Bilde aufzubauen. Wenn man wirklich von einer »Zivilisation« sprechen kann.
    Er wußte es nicht. Er war noch nicht lange genug beim Neuen Pfad gewesen; ihre Ziele, so hatte der Direktor ihn einmal belehrt, würde er erst erfahren dürfen, wenn er für weitere zwei Jahre dem Mitarbeiterstab angehört hatte.
    Jene Ziele, hatte der Direktor gesagt, hatten nichts mit der Rehabilitation von Drogensüchtigen zu tun.
    Niemand außer Donald, dem Direktor, wußte, wo die
    Gelder herkamen, mit

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