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Der Dunkle Turm 1 - Schwarz

Titel: Der Dunkle Turm 1 - Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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widerstrebende Eingeständnis in sich: Er mochte Brown. Ehrlich. Und er hatte den Grenzbewohner in keiner Weise belogen. »Wer bist du, Brown? In Wirklichkeit, meine ich.«
    »Nur ich«, sagte er unbekümmert. »Warum mußt du glauben, daß du so geheimnisvoll bist?«
    Der Revolvermann zündete sich eine Zigarette an und antwortete nicht.
    »Ich glaube, du bist deinem Mann in Schwarz sehr nahe«, sagte Brown. »Ist er verzweifelt?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Bist du es?«
    »Noch nicht«, sagte der Revolvermann. Er sah Brown mit einer Spur Trotz an. »Ich tue, was ich tun muß.«
    »Das ist gut«, sagte Brown, drehte sich um und schlief ein.
     
     
    19
     
    Am Morgen gab Brown ihm zu essen und schickte ihn seines Weges. Bei Tageslicht war er mit seiner mageren, braungebrannten Brust, dem bleistiftdünnen Brustbein und der lockigen roten Haartracht eine erstaunliche Gestalt. Der Vogel kauerte auf seiner Schulter.
    »Das Maultier?« fragte der Revolvermann.
    »Ich esse es«, sagte Brown.
    »Einverstanden.«
    Brown streckte ihm die Hand hin, und der Revolvermann schüttelte sie. Der Grenzbewohner nickte nach Süden und sagte: »Gute Reise.«
    »Ganz bestimmt.«
    Sie nickten einander zu, und dann schritt der Revolvermann davon, und sein Körper war mit Pistolen und Wasserschläuchen beladen. Er sah einmal zurück.
    Brown jätete wie von Sinnen in seinem kleinen Getreidefeld. Die Krähe saß auf dem Flachdach seiner Behausung wie eine wasserspeiende Fratze.
     
     
    20
     
    Das Feuer war niedergebrannt, und die Sterne begannen zu verblassen. Der Wind schritt rastlos dahin.
    Der Revolvermann zuckte im Schlaf und lag wieder still. Er träumte einen durstigen Traum. In der Dunkelheit waren die Silhouetten der Berge unsichtbar. Seine Schuldgefühle waren verschwunden. Die Wüste hatte sie ausgebrannt.
    Statt dessen dachte er immer häufiger an Cort, der ihm das Schießen beigebracht hatte. Cort hatte Schwarz und Weiß unterscheiden können.
    Er bewegte sich wieder und erwachte. Er blinzelte in das tote Feuer, dessen eigene Form die andere, geometrischere überlagerte. Er wußte, er war ein Romantiker, und dieses Wissen hütete er eifersüchtig.
    Das ließ ihn natürlich wieder an Cort denken. Er wußte nicht, wo Cort war. Die Welt hatte sich weiter gedreht.
    Der Revolvermann schulterte seinen Lastsack und zog mit ihm weiter.

Zweiter Teil
     
     
    Das Rasthaus

1
     
    Den ganzen Tag ging ihm schon ein Kinderlied durch den Kopf, die Art von Lied, die einen wahnsinnig machen kann, die nicht lockerläßt, die spöttelnd außerhalb der Apsis des bewußten Verstandes steht und dem vernünftigen Wesen darin Grimassen schneidet. Das Lied lautete:
     
    Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen.
    Und Freud und Leid sind Lohn für uns’re Mühen.
    Doch es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen.
    Ob mit normalem oder verrücktem Sinn,
     
    Die Welt, die wird stets weiterziehn,
    Doch alles drängt zum alten hin,
    Und bist du gewieft oder hinterm Ohr grün,
    Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen.
     
    In Liebe wir ziehn, doch in Ketten wir fliehn,
    Und wenn Spaniens Blüten blühen, grünt es grün.
     
    Er wußte, weshalb ihm das Lied eingefallen war. Er hatte wiederholt von seinem Zimmer im Schloß und seiner Mutter geträumt, die es ihm vorgesungen hatte, wenn er ernst in seinem winzigen Bett vor dem Fenster mit den vielen Farben lag. Sie sang es ihm nicht zur Schlafenszeit, denn alle Jungs, die mit der Hochsprache geboren werden, müssen allein mit der Dunkelheit fertig werden, aber sie sang es ihm vor seinem Mittagsschlaf, und er erinnerte sich an das schwere graue Regenlicht, das auf der Überwurfdecke Farben warf; er konnte die Kälte des Zimmers und die schwere Wärme der Decken fühlen, die Liebe für seine Mutter und ihre roten Lippen, die einprägsame Melodie der Nonsensverse und ihre Stimme.
    Jetzt fiel es ihm wieder ein und machte ihn verrückt wie Hitzepickel und ließ ihn in seinen Gedanken seinem eigenen Schwanz hinterherjagen. Sein Wasservorrat war erschöpft, und er wußte, er war wahrscheinlich ein toter Mann. Er hatte nie damit gerechnet, daß es soweit kommen würde, und es tat ihm leid. Seit dem Nachmittag achtete er nur noch auf seine Füße und nicht mehr auf den vor ihm liegenden Weg. Hier draußen war selbst das Teufelsgras verkümmert und gelb. An verschiedenen Stellen war die Kruste zu Staub zerkrümelt. Die Berge waren nicht erkennbar deutlicher geworden, wenngleich sechzehn Tage

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