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Der Dunkle Turm 1 - Schwarz

Titel: Der Dunkle Turm 1 - Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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der in einem fremden Zeitstrom erst einen oder zwei Tage existiert haben mag? Was wäre, wenn dieser Halm von einer Sense gemäht werden würde? Wenn er verdorrte, würde die Fäulnis dann in unser eigenes Universum und unser eigenes Leben einsickern und alles gelb und braun und ausgetrocknet machen? Vielleicht ist das ja schon geschehen. Wir sagen, daß die Welt sich weitergedreht hat; vielleicht wollen wir wirklich damit sagen, daß sie angefangen hat auszutrocknen.
    Bedenke, wie winzig uns diese Vorstellung macht, Revolvermann! Wenn ein Gott über das alles wacht, ermißt Er dann tatsächlich Gerechtigkeit für eine Rasse von Insekten in einer Unendlichkeit von Insektenrassen? Sieht er den Sperling stürzen, wo der Sperling doch weniger ist als ein Wasserstoffatom, das allein in den Tiefen des Alls schwebt? Und wenn Er ihn sieht… wie muß dann die Natur eines solchen Gottes sein? Wo wohnt Er? Wie ist es möglich, jenseits der Unendlichkeit zu leben?
    Denke an den Sand der Mohainewüste, die du durchquert hast, um mich zu finden, und stelle dir eine Billion Universen vor – nicht Welten, sondern Universen –, die sich in jedem einzelnen Sandkorn dieser Wüste befinden; und in jedem Universum eine Unendlichkeit anderer Universen. Wir ragen mit unserem erbarmenswerten Grashalmvorteil über diesen Universen auf; und du könntest mit einem einzigen Stiefeltritt eine Milliarde Milliarden Welten in die Dunkelheit treten, eine Kette, die niemals vervollständigt wird.
    Größe, Revolvermann… Größe…
    Doch denke noch weiter. Stell dir vor, daß sich alle Welten, alle Universen, in einem einzigen Brennpunkt vereinigen, einer einzigen Säule, einem Turm. Möglicherweise einer Treppe zur Gottheit selbst. Würdest du es wagen, Revolvermann? Könnte es sein, daß irgendwo über der endlosen Wirklichkeit ein Zimmer existiert…?
    Du würdest es nicht wagen.
    Du würdest es nicht wagen.
     
    »Jemand hat es gewagt«, sagte der Revolvermann.
    »Und wer soll das sein?«
    »Gott«, sagte der Revolvermann leise. Seine Augen glänzten. »Gott hat es gewagt… oder ist das Zimmer leer, Seher?«
    »Ich weiß es nicht.« Angst huschte so sanft und dunkel wie der Flügel eines Bussards über das einschmeichelnde Gesicht des Mannes in Schwarz. »Und, offen gesagt, ich frage auch nicht. Es könnte unklug sein.«
    »Hast du Angst, du könntest von einem Blitz erschlagen werden?« fragte der Revolvermann sardonisch.
    »Vielleicht Angst vor der Rechenschaft«, antwortete der Mann in Schwarz, worauf eine Zeitlang Schweigen herrschte. Die Nacht war sehr lang. Die Milchstraße erstreckte sich in großer Pracht über ihnen, aber ihre Leere war grauenerregend. Der Revolvermann überlegte, was er empfinden würde, sollte sich dieser schwarze Himmel auftun und eine Sturzflut aus Licht sich herein ergießen würde.
    »Das Feuer«, sagte er. »Mir ist kalt.«
     
     
    5
     
    Der Revolvermann nickte ein, wachte auf und stellte fest, daß der Mann in Schwarz ihn gierig und ungesund betrachtete.
    »Was gaffst du denn an?«
    »Dich natürlich.«
    »Dann hör auf.« Er stocherte im Feuer und vernichtete die Präzision des Ideographs. »Ich mag es nicht.« Er sah nach Osten, ob es bereits heller wurde, doch die Nacht dauerte immer noch an.
    »Du suchst das Licht so bald schon?«
    »Ich wurde für das Licht geschaffen.«
    »Ah, wurdest du das! Wie unhöflich von mir, diese Tatsache zu vergessen! Doch wir müssen uns noch über vieles unterhalten, du und ich. Denn so wurde es mir von meinem Herrn aufgetragen.«
    »Wem?«
    Der Mann in Schwarz lächelte. »Sollen wir die Wahrheit sagen, du und ich? Keine Lügen mehr? Kein Flimmer?«
    »Flimmer? Was bedeutet das?«
    Doch der Mann in Schwarz beharrte: »Soll Wahrheit zwischen uns sein, als zwei Männer? Nicht als Freunde, sondern als Feinde und Ebenbürtige? Dies ist ein Angebot, das du selten erhalten wirst, Roland. Nur Feinde sagen die Wahrheit. Freunde und Liebende lügen ohne Unterlaß, weil sie im Netz von Pflichten gefangen sind.«
    »Dann sagen wir die Wahrheit.« Er hatte in dieser Nacht nichts anderes gesagt. »Fang damit an, daß du mir sagst, was Flimmer ist.«
    »Flimmer ist Zauberei, Revolvermann. Der Zauber meines Herrn hat diese Nacht verlängert und wird sie weiter verlängern… bis unsere Sache erledigt ist.«
    »Wie lange wird das dauern?«
    »Lange. Besser kann ich es dir nicht sagen. Ich weiß es selbst nicht.« Der Mann in Schwarz stand über dem Feuer, und die glühenden Kohlen

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