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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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überkommen; wenn er sich ihm nicht freiwillig fügte, würde der Schlaf ihn vergewaltigen.
    Und während er schlief, würde Detta kommen.
    Detta.
    Eddie kämpfte gegen die Müdigkeit an, betrachtete die reglosen Hügel mit Augen, die geschwollen und schwer schienen, und fragte sich, wie lange es dauern würde, bis Roland mit dem – oder der – dritten zurückkam, dem Mörder, wer immer er sein mochte.
    »Odetta?« rief er ohne große Hoffnung.
    Nur Schweigen antwortete ihm, und für Eddie begann die Zeit des Wartens.

 
     
     
     
     
    Der Mörder

 
    ERSTES KAPITEL
    Bittere Medizin

    1
     
    Als der Revolvermann in Eddie eingedrungen war, hatte Eddie einen Augenblick der Übelkeit verspürt und das Gefühl gehabt, als würde er beobachtet werden (das hatte Roland nicht gespürt; Eddie hatte es ihm später gesagt). Er hatte, mit anderen Worten, eine unbestimmte Ahnung von der Präsenz des Revolvermanns gehabt. Bei Detta Walker war Roland gezwungen gewesen, sofort nach vorne zu kommen, ob es ihm gefiel oder nicht. Sie hatte ihn nicht nur gespürt, es war auf unheimliche Weise gewesen, als hätte sie auf ihn gewartet – ihn oder eine andere, häufigere Besucherin. Wie dem auch sei, sie war sich seiner Anwesenheit vom ersten Augenblick, als er in ihr erschienen war, bewußt gewesen.
    Jack Mort spürte überhaupt nichts.
    Er konzentrierte sich zu sehr auf den Jungen.
    Er beobachtete den Jungen schon seit zwei Wochen. Heute würde er ihn stoßen.
     
     

    2
     
    Obwohl der Junge den Augen, durch die der Revolvermann jetzt sah, den Rücken zugekehrt hatte, erkannte Roland den Jungen. Es war der Junge, den er im Rasthaus in der Wüste getroffen hatte, der Junge, den er vor dem Orakel in den Bergen gerettet hatte, der Junge, dessen Leben er geopfert hatte, als er vor der Wahl stand, ihn zu retten oder den Mann in Schwarz endlich einzuholen; der Junge, der gesagt hatte: Dann geh – es gibt andere Welten als diese, bevor er in den Abgrund gestürzt war. Und der Junge hatte ganz eindeutig recht gehabt. Der Junge war Jake.
    Er hielt eine schmucklose braune Papiertüte in der einen und einen blauen Leinenranzen am Deckelgriff in der anderen Hand. An den Kanten, die gegen die Seiten des Ranzens drückten, konnte der Revolvermann sehen, daß er Bücher enthielt.
    Verkehr floß auf der Straße, die der Junge überqueren wollte – eine Straße in derselben Stadt, aus der er den Gefangenen und die Herrin geholt hatte, wurde ihm klar, aber vorerst war das alles unwichtig. Es war nur wichtig, was in den nächsten Sekunden geschehen oder nicht geschehen würde.
    Jake war nicht durch eine magische Tür in der Welt des Revolvermanns gebracht worden; er war durch eine gewöhnlichere, weitaus verständlichere Pforte gekommen: Er war in Rolands Welt hineingeboren worden, weil er in seiner eigenen gestorben war.
    Er war ermordet worden.
    Genauer, er war gestoßen worden.
    Er war auf die Straße gestoßen worden; auf dem Weg zur Schule, mit einem Vesperpaket in der einen und seinen Büchern in der anderen Hand, hatte ihn ein Auto überfahren.
    Der Mann in Schwarz hatte ihn gestoßen.
    Er wird es tun! Er wird es gleich jetzt tun! Das ist meine Strafe dafür, daß ich ihn in meiner Welt habe sterben lassen – ich muß zusehen, wie er in dieser Welt sterben muß, bevor ich es verhindern kann!
    Doch die Beeinflussung eines gleichgültigen Schicksals war zeit seines Lebens Sache des Revolvermanns gewesen – sein Ka, wenn man so wollte –, und daher kam er, ohne nachzudenken, nach vorne und handelte mit fest verwurzelten Reflexen, die schon fast zu Instinkten geworden waren.
    Und während er das tat, blitzte in seinem Kopf ein gleichermaßen ironischer wie gräßlicher Gedanke auf: Was war, wenn der Körper, in den er gekommen war, der des Mannes in Schwarz selbst war? Was war, wenn er dem Jungen zu Hilfe eilen wollte und seine eigenen Hände sah, die ihn stießen? Was war, wenn dieses Gefühl der Kontrolle nur eine Illusion war – und Walters letzter garstiger Scherz, daß Roland selbst den Jungen ermorden würde?
     
     

    3
     
    Einen einzigen Augenblick verlor Jack Mort den dünnen, kräftigen Pfeil seiner Konzentration. Als er kurz davor war, nach vorne zu schnellen und den Jungen in den Verkehr zu stoßen, spürte er etwas, das sein Verstand falsch übermittelte, so wie der Körper Schmerzen an einer Stelle fälschlich einer anderen zuschreiben kann.
    Als der Revolvermann nach vorne kam, glaubte Jack, ein Insekt wäre in seinem

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