Der Dunkle Turm 2 - Drei
Roland in ihm war noch bereiter.
Nur eine weitere Version von Dianas Traum, dachte Roland. Was war in der Kiste? Der Goldpokal oder die Giftschlange? Und gerade als sie den Schlüssel herumdreht und die Hände auf den Deckel legt, hört sie ihre Mutter rufen: »Wach auf Diana! Zeit zu melken!«
Okay, dachte Eddie. Welches von beiden? Die Dame oder der Tiger?
Ein Mann mit blassem, pickligem Gesicht und großen Hasenzähnen sah zum Beifahrerfenster des Pizzawagens heraus. Es war ein Gesicht, das Eddie kannte.
»Hi, Col«, sagte Eddie ohne Begeisterung. Hinter Col Vincent saß der alte Doppelthäßlich am Steuer – so nannte Henry Jack Andolini.
Aber Henry sagt ihm das nie ins Gesicht, dachte Eddie. Nein, natürlich nicht. Jack so etwas ins Gesicht zu sagen, wäre eine todsichere Methode, ins Gras zu beißen. Er war ein hünenhafter Mann mit der vorspringenden Stirn eines Höhlenmenschen und einem dazu passenden Kiefer. Er war durch Heirat mit Enrico Balazar verwandt… eine Nichte, Kusine oder sonst eine Tussie. Seine gigantischen Hände klammerten sich an das Lenkrad des Lieferwagens wie die Hände eines Affen an einen Ast. Störrische Haarbüschel wuchsen ihm aus den Ohren. Eddie konnte momentan nur eines dieser Haarbüschel sehen, weil Jack Andolini im Profil blieb und sich nicht einmal umdrehte.
Der alte Doppelthäßlich. Aber nicht einmal Henry (der, wie Eddie zugeben mußte, nicht unbedingt immer der taktvollste Mensch auf Erden war) hatte ihn jemals den alten Doppeltdämlich genannt. Colin Vincent war nicht mehr als ein verherrlichter Dummkopf. Aber Jack hatte genügend Grips hinter seiner Neandertalerstirn, daß er Balazars erster Leutnant geworden war. Eddie gefiel die Tatsache nicht, daß Balazar einen so wichtigen Mann geschickt hatte. Das gefiel ihm überhaupt nicht.
»Hi, Eddie«, sagte Col. »Hab’ gehört, du hast ‘n wenig Ärger gehabt.«
»Nichts Unüberwindbares«, sagte Eddie. Er merkte, daß er erst den einen und dann den anderen Arm kratzte, eine der typischen Junkie-Gesten, die er so heftig unterdrückt hatte, während sie ihn in Gewahrsam gehabt hatten. Er zwang sich, damit aufzuhören. Aber Col lächelte, und Eddie verspürte den Drang, die geballte Faust durch dieses Lächeln hindurch- und auf der anderen Seite wieder hinauszuschlagen. Er hätte es vielleicht auch getan… wäre Jack nicht gewesen. Jack sah immer noch starr geradeaus, ein Mann, der seine eigenen bruchstückhaften Gedanken zu denken schien, während er die Welt in ihren simplen Primärfarben und elementaren Beweggründen betrachtete, zu denen ein Mann mit dieser Intelligenz (dachte man, wenn man ihn betrachtete) fähig war. Aber Eddie war der Überzeugung, daß Jack an einem einzigen Tag mehr sah als Col Vincent in seinem ganzen Leben.
»Schon, gut«, sagte Col. »Das ist gut.«
Schweigen. Col sah Eddie an, lächelte und wartete darauf, daß Eddie wieder den Junkie Shuffle anfangen würde, sich kratzen, von einem Bein aufs andere treten wie ein kleiner Junge, der aufs Klo muß, wartete hauptsächlich, bis Eddie fragen würde, was denn los sei und ob sie zufällig etwas Stoff bei sich hätten.
Eddie sah ihn einfach nur an, er kratzte sich nicht, bewegte sich überhaupt nicht mehr.
Ein leichter Wind wehte ein Ring-Ding-Packpapier über den Parkplatz. Das kratzende Geräusch seines Dahinschlitterns und das heulende Klopfen der lockeren Ventile des Lieferwagens waren die einzigen Laute.
Cols wissendes Grinsen wurde unsicher.
»Spring rein, Eddie«, sagte Jack, ohne sich umzudrehen. »Machen wir eine Spazierfahrt.«
»Wohin?« fragte Eddie, der genau Bescheid wußte.
»Zu Balazar.« Jack drehte sich nicht um. Er spreizte einmal die Hände am Lenkrad. Während er das tat, funkelte ein großer Ring aus massivem Gold, abgesehen von dem Onyx, der sich wie das Auge eines Rieseninsekts darauf wölbte, am dritten Finger seiner rechten Hand. »Er will wissen, was aus seiner Ware geworden ist.«
»Ich habe seine Ware. Sie ist sicher.«
»Fein. Dann hat keiner einen Grund, sich Sorgen zu machen«, sagte Jack Andolini, sah aber nicht herüber.
»Ich glaube, ich möchte erst hinaufgehen«, sagte Eddie. »Ich möchte mich umziehen, mit Henry sprechen…«
»Und dir einen Schuß setzen, vergiß das nicht«, sagte Col und grinste sein breites Grinsen mit den gelben Zähnen. »Aber du hast nichts, womit du dir einen Schuß setzen kannst, Dada.«
Dad-a-chum? dachte der Revolvermann in Eddies Verstand, und beide bebten ein
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