Der Dunkle Turm 4 - Glas
gelassen worden waren. Eddie betrachtete ihn, dann setzte er sich neben ihn. »Ich finde auch, dass wir es versuchen sollten«, sagte er zu Jake, »obwohl es sich wahrscheinlich auch als ein Bumhug entpuppen wird.«
Jake lachte, schüttelte den Kopf und band die Schnürsenkel der blutroten Oxforder zu. Er und Eddie wussten beide, dass es kein Bumhug sein würde. Diesmal nicht.
5
»Okay«, sagte Jake, nachdem sie alle ihre roten Schuhe angezogen hatten (er fand, dass sie ausgesprochen albern aussahen, besonders Eddies Paar). »Ich zähle bis drei, dann schlagen wir alle die Hacken zusammen. So.« Er schlug die Oxforder einmal fest zusammen… worauf das Tor wie ein nachlässig befestigter Fensterladen bei starkem Wind erbebte. Susannah schrie auf. Es folgte ein leiser, angenehmer Glockenklang aus der Richtung des Grünen Palasts, so als hätten die Mauern selbst vibriert.
»Damit werden wir das Ding wohl aufkriegen«, sagte Eddie. »Aber ich warne dich. Ich werde keinesfalls ›Somewhere Over the Rainbow‹ dabei singen. Das steht nicht in meinem Vertrag.«
»Der Regenbogen ist hier«, sagte der Revolvermann leise und streckte seine verstümmelte Hand zum Tor aus.
Die Geste wischte das Lächeln von Eddies Gesicht. »Yeah, ich weiß. Ich habe nur ein bisschen Angst, Roland.«
»Ich auch«, sagte der Revolvermann, und Jake fand tatsächlich, dass Roland blass und elend aussah.
»Los, Schätzchen«, sagte Susannah. »Zähl, bevor uns alle der Mut verlässt.«
»Eins… zwei… drei.«
Sie schlugen die Absätze feierlich und im Gleichklang zusammen: klack, klack, klack. Das Tor erbebte diesmal noch heftiger, und die Farben der senkrechten Streben wurden sichtlich heller. Der Glockenklang, der nun folgte, war höher, lieblicher als der zuvor – der Klang eines kostbaren Kristallglases, an das jemand das Heft eines Messers tippte. Das Echo der traumhaften Harmonien brachte Jake zum Erbeben – halb vor Freude und halb vor Schmerzen.
Aber das Tor ging nicht auf.
»Was…«, begann Eddie.
»Ich weiß«, sagte Jake. »Wir haben Oy vergessen.«
»O Gott«, sagte Eddie. »Ich habe die Welt verlassen, die ich kannte, um einem Jungen dabei zuzusehen, wie er versucht, einem verkorksten Wiesel Pantoffeln anzuziehen. Erschieß mich, Roland, bevor ich mich fortpflanzen kann.«
Roland beachtete ihn nicht, sondern sah nur Jake an. Der Junge setzte sich auf den Highway und rief: »Oy! Zu mir!«
Der Bumbler kam bereitwillig herbei, und obwohl er mit Sicherheit ein gänzlich wildes Tier gewesen war, bevor sie ihn auf dem Pfad des Balkens getroffen hatten, ließ er sich nun die roten Lederschuhe von Jake über die Pfoten streifen, ohne Ärger zu machen. Nachdem er begriffen hatte, was vor sich ging, schlüpfte er sogar von sich aus in die beiden letzten. Nachdem er alle vier an den Pfoten hatte (die Schühchen hatten von allen irgendwie die größte Ähnlichkeit mit Dorothys roten Schuhen in dem Film), schnupperte Oy an einem und sah dann aufmerksam zu Jake.
Jake schlug dreimal die Absätze zusammen und sah dabei den Bumbler an, ohne das Rasseln des Tors und den leisen Glockenklang von den Wänden des grünen Palasts zu beachten.
»Du, Oy!«
»Oy!«
Er wälzte sich auf den Rücken wie ein Hund, der sich tot stellte, dann betrachtete er die eigenen Füße mit einer Art angewiderter Bestürzung. Als Jake ihn so sah, überkam ihn eine deutliche Erinnerung: wie er versuchte, sich gleichzeitig den Kopf zu tätscheln und den Bauch zu reiben, und sein Vater sich über ihn lustig machte, weil Jake es nicht gleich hinbrachte.
»Roland, hilf mir. Er weiß wohl, was er tun soll, aber nicht, wie.« Jake sah zu Eddie auf. »Und keine klugen Bemerkungen, ja?«
»Nein«, sagte Eddie. »Keine klugen Bemerkungen, Jake. Glaubst du, diesmal muss es nur Oy machen, oder ist es immer noch ein Gruppending?«
»Nur er, glaube ich.«
»Aber es könnte nicht schaden, wenn wir trotzdem zusammen mit Mitch klacken«, sagte Susannah.
»Mitch wer?«, fragte Eddie und sah sie verständnislos an.
»Vergiss es. Los, Jake, Roland. Zählt wieder vor.«
Eddie nahm Oys Vorderpfoten, Roland hielt den Bumbler behutsam an den Hinterpfoten. Oy betrachtete das Ganze misstrauisch – als würde er damit rechnen, gleich mit einem Hauruck in die Luft geworfen zu werden –, wehrte sich aber nicht.
»Eins, zwei, drei.«
Jake und Roland schlugen behutsam Oys Vorder- und Hinterpfoten zusammen. Gleichzeitig klackten sie mit den Absätzen ihrer
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