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Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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rot. Dann hielt er sich mit dieser Hand kurz das linke Auge zu. Callahan verstand nicht gleich, was der Junge damit meinte, aber dann begriff er. Das rote Auge. Das Auge des Königs.
    Er lehnte sich auf der Sitzbank des Buckas zurück und schwieg. Hinter ihnen ritten Roland und Eddie schweigend nebeneinander her. Beide hatten ihre Gunna hinter den Sätteln festgeschnallt und trugen ihre Waffen; Jake hatte die seine im Wagen liegen. Falls sie heute noch einmal nach Calla Bryn Sturgis zurückkehrten, würde es nicht für lange sein.
    Schreckliche Angst, hatte er zu sagen angesetzt, aber in Wirklichkeit war es noch schlimmer. Fast unmöglich leise, fast unmöglich weit entfernt, aber trotzdem deutlich, konnte er Susannah kreischen hören. Jake konnte nur hoffen, dass Eddie sie nicht auch hörte.
     
     
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    Auf diese Weise verließen sie eine Kleinstadt, die trotz des Bebens, das sie nachts erschüttert hatte, vor lauter Erschöpfung der Gefühle noch überwiegend fest schlief. Der Tag begann so kühl, dass sie beim Aufbruch ihren Atemhauch in der Luft sehen konnten, und die abgestorbenen Maisstängel waren mit dünnem Raureif überzogen. Über dem Devar-Tete Whye hingen wie die Atemwolken des Flusses weißliche Nebel. Die Vorboten des Winters, dachte Roland.
    Eine einstündige Fahrt brachte sie ins Arroyo-Gebiet. Die einzigen Geräusche waren das Gebimmel der Schellen an den Pferdegeschirren, das Quietschen der Räder, der Hufschlag der Pferde, das gelegentliche höhnische Iahen eines der Albinoesel vor Henchicks Halbkutsche und der ferne Ruf dahinfliegender Häher. Vielleicht waren sie auf dem Flug nach Süden, sollten sie diesen überhaupt noch orten können.
    Als das Land zu ihrer Rechten anzusteigen und sich mit Steilwänden und Felsklippen und Tafelbergen auszufüllen begann, dauerte es noch zehn, fünfzehn Minuten, bis sie die Stelle erreichten, wo sie erst vor vierundzwanzig Stunden mit den Kindern der Calla angekommen waren und ihre Schlacht geschlagen hatten. Hier zweigte ein Pfad von der Oststraße ab und schlängelte sich in mehr oder weniger nordwestlicher Richtung davon. Auf der anderen Straßenseite war ein grob ausgehobener Graben zu erkennen. In diesem Versteck hatten Roland, sein Ka-Tet und die Ladys mit den Tellern auf die Wölfe gewartet.
    Apropos Wölfe: Wo waren die jetzt? Als sie gestern den Ort ihres Hinterhalts verlassen hatten, war der Kampfplatz mit Gefallenen übersät gewesen. Mit insgesamt über sechzig dieser menschenähnlichen Wesen, die mit grauen Hosen, grünen Umhängen und zähnefletschenden Wolfsmasken aus Westen angeritten gekommen waren.
    Roland schwang sich aus dem Sattel und ging nach vorn zu Henchick, der mit der steifen Unbeholfenheit des Alters vom Sitz seiner zweirädrigen Halbkutsche herabkletterte. Roland machte keine Anstalten, ihm behilflich zu sein. Henchick würde das nicht erwarten, hätte sogar beleidigt sein können.
    Der Revolvermann ließ den Alten seinen dunklen Umhang mit einer letzten Bewegung zurechtschütteln und wollte schließlich seine Frage stellen, merkte dann aber, dass sie überflüssig war. Fünfzig bis sechzig Schritte vor ihnen war rechts der Straße, dort, wo es vorher nichts dergleichen gegeben hatte, inzwischen ein großer Hügel aus ausgerissenen Maispflanzen aufgetürmt worden. Dieser Grabhügel, das sah Roland sofort, war ohne den geringsten Respekt aufgetürmt worden. Er hatte keine Zeit damit vergeudet und sich nicht die Mühe gemacht, sich zu fragen, womit die Folken den vorigen Nachmittag verbracht haben mochte – vor der Siegesfeier, nach der jetzt zweifellos viele einen Rausch ausschlafen mussten –, aber nun sah er ihre Arbeit vor sich. Haben sie befürchtet, die Wölfe könnten zu neuem Leben erwachen?, fragte er sich und wusste gleichzeitig, dass sie auf irgendeiner Bewusstseinsebene genau das befürchtet hatten. Und so hatten sie die schweren, schlaffen Kadaver (graue Pferde ebenso wie grau gekleidete Wölfe) in den Mais geschleppt, kreuz und quer übereinander aufgestapelt und dann mit ausgerissenen Maispflanzen bedeckt. Heute würden sie diesen Grabhügel in einen Scheiterhaufen verwandeln. Und wenn ein Seminon, ein Sturm als Vorbote des Winters kam? Roland vermutete, dass sie den Maishügel trotzdem anzünden würden, selbst wenn sie dabei Gefahr liefen, dass alle Felder zwischen Straße und Fluss abbrannten. Weshalb auch nicht? Die Pflanzzeit begann erst im Frühjahr, und Feuer sei der beste Dünger, behaupteten doch die

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