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Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Titel: Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Doll
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1. Zeitspiel
     
    Er wachte auf, weil die Vögel rücksichtslos in die Ruhe des frühen morgens hineinzwitscherten. In der Stille ein wahrhaft ohrenbetäubender Lärm, der ihn in den Frühsommermonaten oft viel zu früh aus dem Schlaf riss. Das hatte man davon, wenn man am Rande eines Naturschutzgebietes wohnte. Aber kein Mensch beschwerte sich darüber. Vögel waren etwas Natürliches und durften zu jeder Tages- und Nachtzeit so viel Krach machen, wie sie wollten. Wenn es Kinder gewesen wären, die zu so früher Stunde lautstark den Morgen begrüßt hätten, wäre mit Sicherheit schon längst jemand auf den Gedanken gekommen, Anklage wegen Ruhestörung zu erheben. Die Vögel nahmen sich hier etwas heraus, was keinem Menschen gestattet war. Wirklich eine Unverschämtheit! Wo blieben denn die selbsternannten Umweltschützer, die sich ja sonst um alles kümmerten? Sollten sie sich doch einmal darum kümmern, den Vögeln eine gedämpftere Lautstärke beizubringen. Das wäre doch einmal ein sinnvolles Projekt!
    Sicher - einige Bauern waren schon verklagt worden, weil ihr Hahn lauthals schreiend die Nachbarschaft aufgeweckt hatte. Mancher Prozess war deshalb schon geführt worden, und nicht selten hatten Bauer und Hahn verloren. Und das obgleich sowohl Bauer als auch Hahn schon lange vor dem dort wohnten, der sie angeklagt hatte. Die Vögel klagte keiner an. Sie gehörtem niemanden, nur sich selbst, und man stelle sich nur einmal eine Amsel auf der Anklagebank vor, die schwören musste, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu zwitschern! Eine idiotische Vorstellung, obwohl Hahn und Amsel gar nicht so weit auseinander lagen, denn schließlich war auch die Amsel so etwas wie ein Hühnervogel. Das hatte ihm zumindest einmal einer erzählt, der behauptete, sich mit so was auszukennen.
     
    Wie dem auch sei - Henry Kimm wachte also auf, weil Amseln, Finken, Meisen, Stare und Spatzen gleichzeitig um die Wette brüllten, als ob es darum ginge, einen Marathonläufer beim Endspurt in der Zielgeraden anzufeuern. Das erste Morgenlicht dämmerte durch den Spalt des Fensterladens. Nicht besonders hell, aber immerhin sichtbar. Henry schloss jeden Abend den Fensterladen. Nicht, weil er Angst vor Einbrechern hatte; er hasste es nur, wenn er von draußen beobachtet werden konnte, ganz egal, was er tat oder unterließ. Und Neugierige gab es immer, deren schönstes Erfolgserlebnis es war, andere durchs beleuchtete Fenster zu beobachten. Außerdem waren geschlossene Fensterläden im Sommer gut gegen die Hitze und im Winter gegen die Kälte. Das war doch eigentlich jedem klar.
     
    Merkwürdig, dachte Henry, heute muss es ein schlechter Tag werden, so finster, wie es trotz Dämmerung noch ist. Wahrscheinlich wieder einer dieser typischen deutschen Regentage, die dann zwei, drei Wochen lang anhalten. Wenn er gewusst hätte, wie richtig er mit der Annahme lag, dass es ein schlechter Tag werden würde - Henry hätte zu dieser frühen Morgenstunde beschlossen, mit Gewissheit nicht nur den heutigen Tag, sondern auch die nächsten Tage und Wochen und Monate einfach zu vergessen.
    Er sah auf die Uhr: 3 Uhr und 30 Minuten.
    Das hätte er nicht gedacht. Na, dafür war es allerdings bereits relativ hell. Normalerweise war um diese Uhrzeit überhaupt noch kein Dämmerlicht zu sehen. Also konnte der Tag nicht so schlecht werden, wie er erst dachte. Wahrscheinlich doch ein strahlender Sonnentag mit glühender Hitze. Genauso bescheuert wie ein Regentag. Wo man stehen und gehen würde, überall würde man in Schweiß ausbrechen. Das Hemd würde am Körper kleben, die Menschen wären träge oder aggressiv, und am Abend wäre man dann fix und fertig.
     
    Henry überlegte, was er sich für heute alles vorgenommen hatte. Zunächst war um 9 Uhr gleich der Vortrag über das geplante Vertriebskonzept, das für das nächste Jahr geplant war und einen ordentlichen Wachstumsschub für seine Firma bringen sollte. Er wusste zwar, dass alles, was im Vortrag erzählt werden würde, doch nie zur Verwirklichung käme, aber schließlich hatte der Chef durch mehrere Rundschreiben auf die Bedeutung des Besuchs hingewiesen und auch zum Ausdruck ge- bracht, dass er sogar selbst daran teilnehmen werde, so dass es einfach kein Entrinnen gab. Klar – schließlich hatte er jede Menge Geld ausgegeben, damit irgendein oberschlauer Consultant seine angelesenen Weisheiten zum Ausdruck bringen konnte. Sicherlich wieder ein so junger Schnösel mit viel oberflächlichem

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