Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
ihr Gesicht buntscheckig von den farbigen Glasfenstern des Kinderzimmers: Gabrielle Deschain, die später durch diese Hände sterben würde, die sie jetzt so leicht und zärtlich mit den eigenen liebkoste; Tochter von Candor dem Großen, Ehefrau von Steven, Mutter von Roland, die ihn in den Schlaf und zu Träumen von jenen Ländern sang, die nur Kinder kennen.
Kleiner Spatz, mach’s mir nicht schwer,
Bring dein kleines Körbchen her.
Schripp und schrapp und schrull,
Und schon ist das Körbchen voll.
So weit bin ich gewandert, dachte er, während er die Hände mit gespreizten Fingern auf der Tür aus Geisterholz liegen hatte. So weit bin ich gewandert, und so viele habe ich unterwegs verletzt, verletzt oder getötet, und was ich gerettet haben mag, ist nur Zufällen zu verdanken und kann meine Seele niemals retten, falls ich denn eine besitze. Trotzdem gibt’s immerhin eines: Ich bin am Beginn der letzten Wanderung angelangt und brauche sie nicht allein hinter mich zu bringen, solange Susannah mich begleiten will. Vielleicht gibt es immer noch genug, um mein Körbchen zu füllen.
»Schrull«, sagte Roland und öffnete die Augen, als die Tür aufging. Er sah Oy flink hindurchschlüpfen. Er hörte das schrille Kreischen des Nichts zwischen den Welten, dann trat er selbst hindurch und zog die Tür schwungvoll hinter sich zu, noch immer ohne einen einzigen Blick zurückzuwerfen.
Kapitel IV
F EDIC ( ZWEI A NSICHTEN )
1
Seht nur, wie hell es hier ist!
Als wir zuvor hier waren, war Fedic schattenlos und trübe gewesen, aber das hatte seinen Grund gehabt: es war nicht das wahre Fedic, sondern nur eine Art Flitzer-Surrogat; ein Ort, den Mia gut kannte, an den sie sich gut erinnerte (genauso wie sie sich der Brustwehr des Schlosses entsann, auf der sie oft gewesen war, bevor die Umstände – in der Person von Walter o’ Dim – ihr einen physischen Leib schenkten) und den sie deshalb in Gedanken wieder erschaffen konnte. Heute ist die verlassene Kleinstadt jedoch fast blendend hell (obwohl wir bestimmt besser sehen werden, sobald unsere Augen sich nach der Düsternis von Donnerschlag und dem Halbdunkel der Gänge unter dem Dixie Pig akkommodiert haben). Alle Schatten sind klar definiert; sie könnten aus schwarzem Filz ausgeschnitten und auf den Oggan gelegt worden sein. Der wolkenlose Himmel ist strahlend blau. Die Luft ist frisch und kalt. Der um die Giebel der leeren Gebäude und durch die Zinnen von Schloss Discordia heulende Wind ist herbstlich und irgendwie nach innen gewandt. Auf dem Bahnhof Fedic steht eine Atomlokomotive – in der Sprache des Alten Volks eine »heiße Lok« – mit dem Namen SPIRIT OF TOPEKA auf beiden Seiten ihres einer Raketenspitze gleichenden Bugs. Jahrhunderte mit Sandstürmen aus der Wüste haben die schmalen Fenster des Führerstands fast undurchsichtig gemacht, aber das ist nicht weiter wichtig; die Spirit of Topeka hat ihre letzte Fahrt gemacht, und auch als sie noch regelmäßig verkehrte, wurde sie nie von einem bloßen Hume geführt. Hinter der Lok sind nur drei Wagen angekoppelt. Es waren ein Dutzend, als sie den Bahnhof Donnerschlag zu ihrer letzten Fahrt verließ, und es waren ein Dutzend, als sie in Sichtweite dieser Geisterstadt angelangte, aber …
Na ja, das ist eine Geschichte, die Susannah zu erzählen hat, und wir werden zuhören, wenn sie sie dem Mann erzählt, den sie Dinh genannt hat, als es noch ein Ka-Tet gab, das er führen konnte. Und hier ist Susannah selbst, die dort sitzt, wo wir sie schon einmal gesehen haben: vor dem Gin-Puppie Saloon. An der Stange zum Anbinden von Pferden parkt ihr verchromtes Streitross, dem Eddie den Namen Suzies Dreirad-Cruiser gegeben hat. Sie friert und hat nicht mal einen Pullover, in den sie sich hüllen könnte, aber ihr Herz sagt ihr, dass ihre Wartezeit fast zu Ende ist. Und wie sie hofft, dass ihr Herz auch Recht hat, wo es hier doch so spukt. In ihren Ohren klingt das Heulen des Windes viel zu sehr wie die verwirrten Schreie von Kindern, die hierher verschleppt wurden, damit ihr Körper ruiniert und ihr Verstand ermordet werden konnte.
Neben der rostigen Nissenhütte am Ende der Straße (der Experimentalstation von Bogen 16, erinnert ihr euch?) sind die grauen Cyborg-Pferde angebunden. Seit unserem letzten Besuch sind noch ein paar mehr umgefallen; einige andere bewegen den Kopf rastlos vor und zurück, als hielten sie nach ihren Reitern Ausschau, ob die kommen und sie losbinden würden. Aber das wird nie
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