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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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hinüber. Sie zuckte die Achseln und sagte: »Mal sehen, was er kann. Allerdings habe ich eine ziemlich gute Vorstellung davon – du nicht auch?«
    Wie sich zeigte, hatte Patrick Danville ziemlich viel drauf. Sein Zeichentalent war nichts weniger als erstaunlich. Und seine Bilder verliehen ihm das, was ihm an Stimme gebrach. Er zeichnete rasch und mit offensichtlichem Vergnügen; ihre bestürzend klaren Aussagen schienen ihn keineswegs zu beunruhigen. Eines der Bilder zeigte Joe Collins, wie er – die Zähne zu einem befriedigten Grinsen gefletscht – einen Axthieb gegen den Hinterkopf eines ahnungslosen Besuchers führte. Neben den Auftreffpunkt der Axtschneide hatte der Junge wie in einem Comic in großen Lettering-Buchstaben RUMS ! und SPRITZ ! geschrieben. Über Collins’ Kopf zeichnete Patrick eine Gedankenblase, in der die Worte Nimm das, du Trottel ! standen. Ein weiteres Bild zeigte Patrick selbst, wie er hilflos vor Lachen, das mit schrecklicher Genauigkeit abgebildet war (sodass das über seinen Kopf gekritzelte Ha! Ha! Ha! eigentlich überflüssig war), auf dem Boden seiner Zelle lag, während Collins mit in die Hüften gestemmten Armen über ihm stand und ihn beobachtete. Dann blätterte Patrick diese Darstellung um und zeichnete ein neues Bild, das Collins auf den Knien liegend zeigte, wie er eine Hand in Patricks Haar krallte, während er die gespitzten Lippen dicht an den zu qualvollem Lachen verzerrten Mund des Jungen heranbrachte. Mit geübtem Strich (die Bleistiftspitze schien das Papier zu keinem Zeitpunkt zu verlassen) zeichnete Patrick über dem Kopf des Alten wieder eine Gedankenblase, in die er diesmal sieben Buchstaben und zwei Ausrufezeichen schrieb.
    »Was heißt das?«, fragte Roland, der sichtlich fasziniert war.
    »Mmmm! Gut!«, antwortete Susannah. Ihre Stimme klang angewidert und zitterte leicht.
    Klammerte man die Themen aus, hätte Susannah ihm stundenlang beim Zeichnen zusehen können; eigentlich tat sie das sogar. Die Geschwindigkeit, mit der er zeichnete, war unheimlich, und keiner der beiden Revolvermänner dachte jemals daran, ihm einen der abgeschnittenen Radiergummis zu geben, schien er doch keinen zu benötigen. Soweit Susannah das erkennen konnte, machte der Junge entweder nie Fehler oder integrierte etwaige Fehler derart geschickt in die Zeichnungen, dass sie zu – nun, wozu einen Ausdruck meiden, der vielleicht der richtige war? – kleinen Geniestreichen wurden. Die so entstehenden Zeichnungen waren eigentlich keine Skizzen, sondern fertige Kunstwerke. Susannah wusste, wie Patrick – dieser oder irgendein anderer Patrick aus einer anderen Welt – später mit Öl malen würde, und bei dem Gedanken daran lief es ihr heiß und kalt über den Rücken hinunter. Was hatten sie hier? Einen zungenlosen Rembrandt? Sie überlegte sich, dass er ihr zweiter Schwachsinniger mit einem besonderen Talent war. Ihr dritter, wenn man außer Sheemie auch Oy mitrechnete.
    Susannah dachte nur einmal flüchtig über sein fehlendes Interesse an Radiergummis nach und tat es als Arroganz eines Genies ab. Weder Roland noch sie kamen jemals auf die Idee, dass diese junge Version von Patrick Danville vielleicht noch gar nicht wisse, dass es so etwas wie Radiergummis überhaupt gab.
     
     
    9
     
    In den Morgenstunden der dritten Nacht wachte Susannah auf dem Heuboden auf, sah Patrick friedlich neben sich schlafen und kletterte dann die Leiter hinunter. Roland stand bereits am Scheunentor, rauchte eine Zigarette und sah nach draußen. Es schneite nicht mehr. Der spät aufgegangene Mond stand am Himmel und verwandelte den Neuschnee an der Tower Road in ein glitzerndes Land aus stummer Schönheit. Die stille Luft war so kalt, dass Susannah die Feuchtigkeit in ihrer Nase knacken hörte. Weit in der Ferne war ein Motorengeräusch zu vernehmen, das näher zu kommen schien. Sie fragte Roland, ob er eine Ahnung habe, was das sei und was es für sie bedeuten könne.
    »Das dürfte der Roboter sein, den er Stotter-Bill genannt hat, der nach dem Schneesturm nun die Straßen räumt«, sagte er. »Vielleicht hat er wie die Wölfe eines dieser Antennendinger auf dem Kopf. Du erinnerst dich?«
    Sie erinnerte sich sehr wohl und sagte das auch.
    »Vielleicht verbindet ihn irgendeine besondere Treue mit Dandelo«, sagte Roland. »Das halte ich zwar nicht für sehr wahrscheinlich, aber es wäre wiederum auch nicht das Seltsamste, was ich je erlebt hätte. Halte dich für den Fall, dass er angriffslüstern ist,

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