Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
seid betrübt, Madam.«
»Womit du auch verdammt Recht hast, und ob ich das bin. Nicht genug, dass sich das Ding nur in eine Richtung öffnet! Jetzt fällt es auch noch ganz aus!«
»Und zwar bis auf die automatische Umstellung«, sagte Nigel.
»Automatische Umstellung? Umgestellt auf was?«
»Das müsste dann NEW YORK Nr. 9/FEDIC sein«, sagte Nigel. »Es gab einmal über dreißig Einbahnpforten von New York nach Fedic, aber Nr. 9 dürfte die letzte übrig gebliebene sein. Und alle zu NEW YORK Nr. 7/FEDIC gehörenden Befehle dürften nun automatisch zu Nr. 9 umgestellt worden sein.«
Schrull, dachte Susannah … fast wie in einem Gebet. Er spricht wohl über schrull. O Gott, wie hoffe ich doch, dass er das tut.
»Meinst du damit Passwörter und so weiter, Nigel?«
»So ist es, Madam.«
»Bring mich zur Tür Nr. 9.«
»Wie Sie wünschen.«
Nigel marschierte rasch den Gang zwischen hunderten von leeren Betten entlang, deren straffe weiße Laken im Licht der hellen Deckenlampen leuchteten. Susannahs Phantasie bevölkerte diesen Saal für einen Augenblick mit kreischenden, verängstigten Kindern, die frisch aus Calla Bryn Sturgis, vielleicht auch aus den benachbarten Callas eingetroffen waren. Sie sah nicht nur eine einzige rattenköpfige Krankenschwester, sondern ganze Bataillone davon, die eifrig damit beschäftigt waren, den entführten Kindern die Helme überzustülpen, um mit dem Prozess zu beginnen, der … der was tat? Sie irgendwie ruinierte. Ihnen den Verstand aus dem Kopf saugte und ihre Wachstumshormone aus dem Gleichgewicht brachte und sie auf ewig »minder« zurückließ. Susannah vermutete, dass die Kinder anfangs entzückt waren, wenn sie im Kopf eine so angenehme Stimme hörten, die sie in der wundervollen Welt von North Central Positronics und der Sombra Group begrüßte. Susannah malte sich aus, wie das Weinen aufhören würde, in ihren Blicken wieder Hoffnung aufkeimen würde. Vielleicht würden sie glauben, die Krankenschwestern in ihren weißen Uniformen seien trotz ihrer behaarten, erschreckenden Gesichter und ihrer gelben Reißzähne irgendwie gut. So gut wie die Stimme der netten Dame.
Danach würde das Summen beginnen und rasch anschwellen, während es in ihre Kopfmitte vordrang, und dieser Saal würde wieder von Schreckensschreien widerhallen …
»Madam? Alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Ja. Warum fragst du, Nigel?«
»Ich glaube, Sie haben gezittert.«
»Schon gut. Bring mich einfach zur Tür nach New York, zu der, die noch funktioniert.«
6
Nachdem sie den Krankensaal verlassen hatten, trug Nigel sie erst einen Korridor, dann einen zweiten entlang. Sie kamen zu Rolltreppen, die aussahen, als wären sie seit Jahrhunderten zur Bewegungslosigkeit erstarrt. Auf halber Höhe einer der Rolltreppen blinkte eine Stahlkugel auf Beinen sie mit bernsteingelben Augen an und rief: »Hup! Hup!« Worauf Nigel mit »Hup! Hup!« antwortete, bevor er Susannah erklärte (in dem vertraulichen Ton, den bestimmte Klatschmäuler annahmen, wenn sie über Unglückliche redeten): »Er ist ein Wartungstechniker, der dort seit über achthundert Jahren festsitzt – mit kurzgeschlossener Platine, vermute ich mal. Armer Teufel! Aber er bemüht sich trotzdem weiter, sein Bestes zu geben.«
Unterwegs fragte Nigel sie zweimal, ob sie glaube, dass seine Augen sich ersetzen ließen. Beim ersten Mal antwortete Susannah wahrheitsgemäß, dass sie das nicht wisse. Beim zweiten Mal – inzwischen tat er ihr ein bisschen Leid – fragte sie ihn, was er denn denke.
»Ich glaube, dass meine Tauglichkeitszeit annähernd vorüber ist«, sagte er und fügte dann etwas hinzu, wovon sie eine kribbelnde Gänsehaut auf den Armen bekam: »O Discordia!«
Die Brüder Diem sind tot, dachte Susannah und erinnerte sich an etwas – war das ein Traum gewesen? eine Vision? ein flüchtiger Blick auf ihren Turm? – aus ihrer Zeit mit Mia. Oder kam es aus ihrer Zeit in Oxford, Mississippi? Oder aus beidem? Papa Doc Duvalier ist tot. Christa McAuliffe ist tot. Stephen King ist tot, der bekannte Schriftsteller ist bei einem Nachmittagsspaziergang überfahren worden, o Discordia, o Verlorene!
Aber wer war Stephen King? Und überhaupt, wer war übrigens Christa McAuliffe?
Dann kamen sie an einem der niederen Männer vorbei, die bei der Geburt von Mias Ungeheuer dabei gewesen waren. Er lag mit seiner Pistole in der Rechten und einem Loch im Kopf zusammengerollt auf dem staubigen Boden des Korridors. Susannah vermutete,
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