Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
Roland. »Nicht jetzt. Und? Was hältst du von den beiden Gebäuden, Susannah?«
»Na ja«, sagte sie, wie um sich behutsam voranzutasten (eigentlich hatte sie keinen blassen Schimmer, was er von ihr erwartete), »beide befinden sich in erstklassigem Zustand, vor allem im Vergleich zu manchen der Hausruinen, die uns auf unserer Reise untergekommen sind. Das eine, das Damli House genannt wird, ist besonders hübsch. Es ist im so genannten Queen-Anne-Stil erbaut und …«
»Was glaubst du: Sind sie aus Holz oder nur so hergerichtet? Mich interessiert besonders das als Damli bezeichnete.«
Susannah richtete das Fernglas noch einmal darauf, dann gab sie es Eddie zurück. Er sah kurz hindurch und reichte es dann an Jake weiter. Während Jake es benutzte, war ein lautes Klick! zu hören, das aus weiter Ferne herangerollt kam … und der Sonnenstrahl von Cecil B. DeMille, der das Devar-Toi wie ein Scheinwerfer beleuchtet hatte, erlosch und ließ sie in einer trüben purpurroten Dämmerung zurück, die bald in stockfinstere Nacht übergehen würde.
Der Wüstenhund begann wieder so zu heulen, dass Jake eine Gänsehaut auf den Armen bekam. Das Jaulen wurde höher … und höher … und brach dann jäh mit einer letzten erstickten Silbe ab. Das Ganze klang wie ein finaler Überraschungsschrei, und Jake zweifelte nicht daran, dass der Wüstenhund nun tot war. Irgendetwas hatte sich von hinten an ihn angeschlichen, und als der große Himmelsscheinwerfer erlosch …
Dort unten brannten weiter Lichter, das sah er jetzt: eine weiße Doppelreihe, vermutlich die Straßenbeleuchtung von »Pleasantville«, gelbe Lichtkreise, die von Natriumdampflampen auf den Fußwegen der von Susannah so bezeichneten Brecher-Universität stammen konnten … und Scheinwerfer, die kreuz und quer ins Dunkel griffen.
Nein, dachte Jake, nicht Scheinwerfer. Suchscheinwerfer. Wie in einem Gefängnisfilm. »Kommt, wir gehen zurück«, sagte er. »Es gibt nichts mehr zu sehen. Außerdem gefällt es mir hier draußen in der Dunkelheit nicht.«
Roland war einverstanden. Sie folgten ihm im Gänsemarsch, wobei Eddie Susannah trug und Jake ihnen mit Oy bei Fuß folgte. Jake erwartete ständig, dass ein zweiter Wüstenhund den Schrei des ersten aufgreifen würde, was aber nicht geschah.
4
»Sie sind aus Holz«, sagte Jake. Er hockte im Schneidersitz unter einer der Gaslaternen und ließ ihr willkommenes weißes Licht sein Gesicht bescheinen.
»Holz«, stimmte Eddie zu.
Susannah zögerte einen Augenblick, weil sie spürte, dass das eine wirklich wichtige Frage war, und rief sich in Erinnerung, was sie gesehen hatte. Dann nickte sie ebenfalls. »Holz, das würde ich mit großer Bestimmtheit sagen. Besonders das eine, das Damli House heißt. Ein aus Stein oder Ziegeln erbautes Haus im Queen-Anne-Stil, das als Holzhaus getarnt wird? Das ergibt keinen Sinn.«
»Wenn es Vagabunden täuschen kann, die es niederbrennen wollen«, sagte Roland, »dann schon. Das ergibt durchaus einen Sinn.«
Susannah dachte darüber nach. Er hatte natürlich Recht, aber …
»Ich sage trotzdem Holz.«
Roland nickte. »Das tue ich auch.« Er hatte große grüne Flaschen gefunden, auf deren Etikett Perrier stand. Jetzt schraubte er eine davon auf und vergewisserte sich, dass es sich bei diesem Perrier um Wasser handelte. Dann nahm er fünf Plastikbecher und goss sie der Reihe nach halb voll. Die Becher stellte er anschließend vor Jake, Susannah, Eddie, Oy und sich selbst hin.
»Nennst du mich Dinh?«, fragte er Eddie.
»Ja, Roland, du weißt, dass ich das tue.«
»Willst du Khef mit mir teilen und dieses Wasser trinken?«
»Ja, wenn du möchtest.« Eddie hatte zunächst gelächelt, ließ das jetzt aber bleiben. Das Gefühl von vorhin war wieder da, und es war stärker als zuvor. Ka-Shume, ein wehmütiges Wort, das er nicht kannte.
»Trink, Lehnsmann.«
Eddie gefiel es nicht sehr, als Lehnsmann bezeichnet zu werden, aber er trank das Wasser. Roland kniete vor ihm nieder und drückte ihm einen kurzen, trockenen Kuss auf die Lippen. »Ich liebe dich, Eddie«, sagte er, und draußen in der öden Landschaft, die sie als Donnerschlag kannten, erhob sich ein Wüstenwind, der körnigen vergifteten Staub mit sich trug.
»Äh … ich liebe dich auch«, sagte Eddie. Das war ihm vor lauter Überraschung rausgerutscht. »Was ist dann nicht in Ordnung? Und erzähl mir nicht, dass es nichts ist, ich spüre da nämlich etwas.«
»Alles ist in Ordnung«, sagte Roland
Weitere Kostenlose Bücher