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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mich ja getäuscht. Wahrscheinlich gibt es eben keine verdammte Tür. Ach, Roland …«
    »Ich glaube nicht, dass du dich getäuscht hast«, sagte Roland. Er sprach mit erkennbarem Widerstreben, aber wie ein Mann, der eine Aufgabe zu erfüllen oder eine Schuld zu begleichen hatte. Und er war dieser Frau tatsächlich etwas schuldig, wie er vermutete, hatte er sie denn nicht praktisch am Kragen gepackt und in diese Welt gezogen, wo sie die Kunst des Tötens gelernt und sich verliebt hatte, nur um dann als Witwe zurückzubleiben? War nicht er es, der sie in ihren gegenwärtigen Kummer entführt hatte? Irgendwie war er moralisch dazu verpflichtet, das wieder gutzumachen. Sein Wunsch, sie bei sich zu behalten – sogar um den Preis ihres Lebens –, war rein selbstsüchtig und damit letztlich seiner Ausbildung unwürdig.
    Vor allem war es dessen unwürdig, wie sehr er sie lieben und achten gelernt hatte. Das wenige an Herz, was er noch besaß, brach fast beim Gedanken daran, ihr Lebewohl sagen zu müssen – der Letzten seines merkwürdigen und wundervollen Ka-Tet –, aber wenn sie das wollte, wenn sie das brauchte, musste er es tun. Und er glaubte auch, es zu können, war ihm an der Zeichnung des Jungen doch etwas aufgefallen, was Susannah übersehen hatte. Nicht etwas, was dargestellt war, sondern etwas, was darauf fehlte.
    »Sieh nur«, sagte er sanft, indem er ihr das Bild zeigte. »Siehst du, wie er sich dir zu Gefallen angestrengt hat, Susannah?«
    »Ja!«, sagte sie. »Ja, das sehe ich natürlich, aber …«
    »Für dieses Bild hat er zehn Minuten gebraucht, schätze ich mal, und dabei sind die meisten seiner wundervollen Zeichnungen sonst das Werk von drei oder vier Minuten, hab ich Recht?«
    »Ich verstehe dich nicht!« Sie schrie ihn fast an.
    Patrick zog Oy an sich, schlang einen Arm um den Bumbler und starrte dabei Susannah und Roland mit großen, verstört blickenden Augen an.
    »Er hat sich so sehr angestrengt, dir das zu geben, was du möchtest, dass er nur die Tür gezeichnet hat. Sie steht ganz allein auf dem Papier. Sie hat keinen …«
    Er suchte das richtige Wort. Vannays Geist flüsterte es ihm trocken ins Ohr.
    »Sie hat keinen Kontext!«
    Susannah wirkte noch einige Sekunden lang verwirrt, dann leuchtete in ihrem Blick Verstehen auf. Roland zögerte jedoch nicht lange; er legte Patrick einfach seine gesunde Hand auf die Schulter und forderte ihn auf, die Tür hinter Susannahs elektrisches Dreirad zu stellen, dem sie den Namen Ho Fat III gegeben hatte.
    Dazu war Patrick nur allzu gern bereit, weil die Aufgabe, Ho Fat III vor die Tür zu stellen, ihm einen Grund lieferte, wieder einmal den Radiergummi zu benutzen. Diesmal arbeitete er um einiges schneller – fast nachlässig, hätte ein unbeteiligter Beobachter sagen können –, aber der Revolvermann, der dicht neben ihm saß, war davon beeindruckt, wie genau Patrick den kleinen Elektroroller darstellte. Zuletzt zeichnete er das einzelne Vorderrad und den von der Radkappe reflektierten Feuerschein. Schließlich legte er den Bleistift beiseite, und in dem Moment, als er das tat, war plötzlich ein Windstoß zu spüren. Roland fühlte ihn auf dem Gesicht. Die Flammen des Lagerfeuers, das in der windstillen Nacht ruhig gebrannt hatte, wurden für einen Augenblick zur Seite gedrückt. Dann war die Luftbewegung vorbei. Die Flammen brannten wieder ruhig. Keine vier Schritte vom Lagerfeuer entfernt stand hinter dem Elektroroller nun jedoch eine Tür. Eine Tür, die Roland zuletzt in Calla Bryn Sturgis gesehen hatte, und zwar in der Höhle der Stimmen.
     
     

17
     
    Susannah wartete bis kurz vor Tagesanbruch, verbrachte die Zeit erst damit, ihre Gunna zusammenzusuchen, legte sie dann aber wieder beiseite – was würden ihre wenigen Habseligkeiten (ganz zu schweigen von der kleinen Tasche, in der sie aufbewahrt wurden) ihr in New York City schon groß nutzen? Die Leute würden lachen. Obwohl sie natürlich so oder so lachen würden … oder bei ihrem Anblick schreiend davonlaufen. Die plötzlich im Central Park auftauchende Susannah Dean würde den meisten Leuten nicht gerade wie eine College-Absolventin oder Millionenerbin erscheinen; nicht mal wie Sheena, Königin des Dschungels, sagt leider. Nein, zivilisierten Stadtbewohnern würde sie vermutlich wie aus einem Monstrositätenkabinett ausgebrochen erscheinen. Und würde es eine Rückkehr in diese Welt hier geben, sobald sie erst einmal durch diese Tür gegangen war? Niemals. Nie im Leben.
    Daher

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