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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gesteckt. Er hat sie sich geschnappt und sich herumgeworfen. Steven hat ihn erschossen, aber der alte Hundesohn konnte vorher noch abdrücken. Sein Schuss ist zwar danebengegangen, aber …«
    Peavy, der damals kaum älter gewesen sein konnte als wir, die jetzt vor ihm stehenden jungen Männer, öffnete das Holzkästchen mit dem raffinierten Scharnier, betrachtete nachdenklich den Inhalt und sah dann zu mir auf. Seine Mundwinkel umspielte weiterhin ein kleines Lächeln der Erinnerung. »Habt Ihr jemals eine Narbe am Arm Eures Vaters bemerkt, Roland? Genau hier?« Er berührte eine Stelle dicht über der Armbeuge, da, wo der Bizeps begann.
    Der Körper meines Vaters glich einer Landkarte aus Narben, aber ich kannte die Karte sehr gut. Die Narbe über der Armbeuge war ein tiefes Grübchen, das im Aussehen fast jenen glich, die Sheriff Peavys Schnauzer nicht ganz verdecken konnte, wenn er lächelte.
    »Pa Crows letzter Schuss hat die Wand über der gefesselten Frau getroffen und ist als Querschläger durch die Höhle gesurrt.« Er drehte das Kästchen um und hielt es mir hin. Auf dem blauen Samt lag ein deformiertes Geschoss, ein großes, ein hartes Kaliber. »Diese Kugel hab ich deinem Da’ mit meinem Jagdmesser aus dem Arm geschnitten und ihm überreicht. Er hat sich bedankt und mir versichert, dass ich sie eines Tages zurückbekommen würde. Und hier ist sie nun. Ka ist ein Rad, Sai Deschain.«
    »Habt Ihr diese Geschichte jemals jemand erzählt?«, fragte ich. »Ich habe sie nämlich noch nie gehört.«
    »Dass ich einem echten Nachkommen Arthurs eine Kugel aus dem Fleisch geschnitten hab? Dem Eld vom Eld? Nein, bis heute kein einziges Mal. Wer hätte mir das schon geglaubt?«
    »Ich glaube Euch«, sagte ich. »Und danke Euch. Die Kugel hätte ihn vergiften können.«
    »Nar, nar.« Peavy gluckste. »Nicht ihn. Das Eld-Blut ist zu stark. Und wäre ich außer Gefecht gewesen – oder zu zimperlich –, hätte er sie sich selbst rausgeschnitten. Jedenfalls hat er den Ruhm, die Crow-Bande erledigt zu haben, größtenteils mir überlassen, und ich bin hier seit damals Sheriff. Aber das werde ich nicht mehr lange sein. Die Sache mit dem Fellmann packe ich kaum noch. Ich habe genug Blut gesehen und nichts für Rätsel übrig.«
    »Wer wird Euer Nachfolger?«, fragte ich.
    Die Frage schien ihn zu überraschen. »Vermutlich niemand. Die Bergwerke werden in ein paar Jahren ausgebeutet sein, diesmal endgültig, und die noch vorhandenen Bahnlinien werden nicht viel länger existieren. Beides zusammen wird Debaria, das zur Zeit Eures Großvaters eine hübsche Kleinstadt war, den Rest geben. Der heilige Hühnerstall, an dem ihr sicherlich vorbeigekommen seid, dürfte überleben, aber nicht viel anderes.«
    Jamie wirkte besorgt. »Und bis dahin?«
    »Die ganzen Rancher, Vagabunden, Hurenböcke und Spieler sollen meinetwegen jeder auf seine Art zum Teufel gehen. Für sie bin ich nicht mehr verantwortlich, zumindest nicht mehr lange. Aber ich mache weiter, bis dieser Fall gelöst ist, so oder so.«
    »Der Fellmann hat eine der Schwestern von Serenitas überfallen«, sagte ich. »Sie ist schlimm entstellt.«
    »Ihr wart dort, was?«
    »Die Frauen haben schreckliche Angst.« Ich dachte darüber nach, und mir kam ein Fleischermesser an einer muskulösen Wade in den Sinn. »Das heißt, bis auf die Priorin.«
    Er lachte leise. »Everlynne. Die würde noch dem Teufel ins Gesicht spucken. Und nähme er sie mit sich hinunter nach Nis, würde sie binnen kurzer Zeit den Laden übernehmen.«
    »Habt Ihr einen Verdacht, wer dieser Fellmann sein könnte, wenn er wieder Menschengestalt annimmt?«, sagte ich. »Wenn ja, erzählt uns bitte, was Ihr vermutet. Denn wie mein Vater Eurem ehemaligen Sheriff Anderson erklärt hat, ist dies nicht unser Revier.«
    »Ich kann euch keinen Namen nennen, falls ihr das meint, aber vielleicht habe ich etwas für euch. Folgt mir.«
    Er führte uns durch die Tür hinter seinem Schreibtisch in das T-förmig angelegte Gefängnis hinüber. Ich zählte auf beiden Seiten des Mittelgangs acht große Zellen, dazu kamen ein Dutzend kleinerer Zellen am Quergang. Bis auf eine der kleineren, in der ein Betrunkener auf einem Strohsack schnarchend seinen Rausch ausschlief, waren alle leer. Die Gittertür zur Ausnüchterungszelle stand offen.
    »Früher wären diese Zellen eftags und ethtags überfüllt gewesen«, sagte Peavy. »Voller betrunkener Cowboys und Landarbeiter, wisst ihr. Jetzt bleiben die meisten Leute nachts zu

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