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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sein Gesicht, als er sich tiefer über das Becken beugte. »O du liebe Güte. Ich befürchte, sie ist weiter in Not. Was keine Überraschung ist, wenn man bedenkt, wie schrecklich sie verprügelt worden ist. Die Leute behaupten, dass man die Wahrheit in den Augen eines Menschen lesen kann, aber ich sage immer: Seht euch die Hände an. Sieh dir die Hände deiner Mama an, junger Tim!«
    Tim beugte sich noch tiefer übers Wasser. Von der Witwe gestützt, überquerte Nell die Veranda mit ausgestreckten Händen, aber sie ging nicht auf die Tür, sondern auf die Wand zu, obwohl die Veranda nicht groß war und sie die Tür direkt vor sich hatte. Die Witwe korrigierte sanft ihre Richtung, und die beiden Frauen verschwanden nach drinnen.
    Der Zöllner ließ ein bedauerndes Zungenschnalzen hören. »Sieht gar nicht gut aus, junger Tim. Schläge gegen den Kopf können schlimme Folgen zeitigen. Selbst wenn sie nicht tödlich sind, können sie schreckliche Schäden anrichten. Bleibende Schäden.« Seine Worte klangen ernst, aber in seinen Augen blitzte unsägliche Heiterkeit.
    Tim nahm sie kaum wahr. »Ich muss fort. Meine Mutter braucht mich.«
    Er wollte wieder zu Bitsy. Diesmal kam er fast ein halbes Dutzend Schritte weit, bevor der Zöllner ihn am Arm zu fassen bekam. Seine Finger fühlten sich wie aus Stahl an. »Bevor du gehst, junger Tim – und das mit meinem Segen, versteht sich –, gibt’s für dich noch etwas zu tun.«
    Tim hatte das Gefühl, allmählich überzuschnappen. Vielleicht, dachte er, liege ich mit Zeckenfieber im Bett und träume das alles nur.
    »Nimm mein Becken, und leer es im Bach aus. Aber nicht an der Stelle von vorhin, denn dieser Pooky scheint sich jetzt viel zu sehr für seine Umgebung zu interessieren.«
    Der Zöllner griff nach Tims Gaslicht, drehte das Ventil ganz auf und hielt die Lampe hoch. Die Schlange hing jetzt zu zwei Dritteln ihrer Länge senkrecht wie ein Seil vor Tim von dem Ast herab. Aber der untere Teil – der Teil, der mit dem spatenförmigen Schädel des Pookys endete – war erhoben und bewegte sich wie suchend von einer Seite zur anderen. Bernsteingelbe Augen starrten fasziniert in Tims blaue. Die Zunge schoss hervor – schlürf! –, und einen Augenblick lang sah Tim zwei lange, gekrümmte Fangzähne. Sie glänzten im schwachen Licht der Gaslampe.
    »Geh links an ihm vorbei«, riet der Zöllner ihm. »Ich begleite dich und halte Wache.«
    »Könnt Ihr das Becken nicht selbst ausleeren? Ich will zu meiner Mutter. Ich muss zu …«
    »Deine Mutter ist nicht der Grund dafür, dass ich dich hergeholt habe, junger Tim.« Der Zöllner schien vor seinen Augen zu wachsen. »Tu jetzt gefälligst, was ich sage!«
    Tim hob das Becken auf und ging schräg nach links über die Lichtung. Weiter mit dem Gaslicht in der Hand blieb der Zöllner zwischen ihm und der Schlange. Der Pooky beobachtete ihren Weg aufmerksam, machte aber keine Anstalten, ihnen zu folgen, obwohl die Eisenholzbäume so dicht standen und ihre untersten Zweige ein so dichtes Geflecht bildeten, dass er das mühelos hätte tun können.
    »Dieser Abzweig gehört zu Cosingtons und Marchlys Claim«, sagte der Zöllner geschwätzig. »Vielleicht hast du die Tafel ja gesehen.«
    »Aye.«
    »Ein Junge, der lesen und schreiben kann, ist ein Schatz für die Baronie.« Der Zöllner war Tim inzwischen so nahe, dass die Haut des Jungen kribbelte. »Du wirst eines Tages ein guter Steuerzahler – immer vorausgesetzt, dass du nicht heute Nacht im Endlosen Wald umkommst … oder morgen Nacht … oder übermorgen Nacht. Aber wozu Ausschau nach Stürmen halten, bevor sie da sind, was?
    Du weißt, wessen Claim dies ist, aber ich weiß noch etwas mehr. Hab’s erfahren, als ich meine Runde gemacht habe, genauso wie von Frankie Simons’ Beinbruch, der Milchunverträglichkeit des Babys der Wylands, den verendeten Kühen der Riverlys – deren Zahl sie um mindestens die Hälfte zu hoch angesetzt haben, wenn ich mein Geschäft verstehe, und das tue ich – und allen möglichen interessanten Kleinigkeiten. Wie die Leute schwatzen! Aber nun zur Sache, junger Tim. Ich habe erfahren, dass Peter Cosington zu Beginn von Vollerde unter einen anders als vorgesehen fallenden Baum geraten ist. Das tun Bäume manchmal, vor allem Eisenholzbäume. Ich glaube, dass Eisenholzbäume tatsächlich denken können, woraus auch die Tradition entstanden ist, ihre Verzeihung zu erflehen, bevor man sie fällt.«
    »Über Sai Cosingtons Unfall weiß ich Bescheid«,

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