Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
die Schwingtüren des Saloons Augen und dachten nur an den Fusel, der sie dahinter erwartete.
»Männer!«, rief ich laut. Und als sie sich mir zuwandten: »Befeuchtet eure Kehlen!«
Das wurde mit erneutem Jubel begrüßt, und sie setzten sich in Richtung Saloon in Bewegung. Aber sie rannten nicht etwa, sondern gingen schön paarweise nebeneinander. Ihre Disziplin ließ nichts zu wünschen übrig. Wahrscheinlich war ihr Bergmannsleben kaum besser als Sklaverei, und ich war Ka dafür dankbar, dass es mir einen anderen Weg zugewiesen hatte … obwohl ich mich nachträglich frage, wie groß der Unterschied zwischen der Sklaverei des Salzes und der Sklaverei des Revolvers tatsächlich gewesen wäre. Wichtig war nur eines: Ich habe stets den Himmel über mir sehen können, und dafür sage ich Gan, dem Jesusmenschen und allen anderen Göttern, die es möglicherweise gibt, meinen Dank.
Ich gab Jamie, Sheriff Peavy und dem neuen Mann – Wegg – ein Zeichen, mir auf die andere Straßenseite zu folgen. Dort standen wir unter dem Vordach der Dienststelle. Strother und Pickens, die beiden nicht so guten Hilfssheriffs, drängten sich in der Tür und glotzten.
»Geht rein«, forderte ich sie auf.
»Ihr habt uns nichts zu befehlen«, sagte Pickens hochnäsig wie Graf Rotz, weil sein Boss jetzt wieder da war.
»Geht rein und macht die Tür zu«, sagte Peavy. »Habt ihr Blödmänner immer noch nicht kapiert, wer diese Guckkastenschau leitet?«
Sie zogen sich zurück, wobei Pickens mich und Strother Jamie anfunkelte. Die Tür wurde mit solcher Heftigkeit zugeknallt, dass ihre Glasfüllung klirrte. Wir vier blieben einen Augenblick lang so stehen, während große Alkaliwolken – manche so dicht und weiß, dass sie die Salzfuhrwerke unsichtbar machten – die Hauptstraße entlangfegten. Aber für solche Beobachtungen blieb uns nicht viel Zeit: Bald war es Nacht, und dann würde einer der Salzhauer, die jetzt im Busted Luck einen hoben, vielleicht seine Menschengestalt verlassen.
»Ich denke, wir haben ein Problem«, sagte ich. Ich sprach zu allen, sah aber nur Jamie an. »Ich glaube, dass ein Gestaltwandler, der weiß, was er ist, kaum zugeben würde, dass er reiten kann.«
»Hab schon daran gedacht«, sagte Jamie und nickte zu Konstabler Wegg hinüber.
»Wir haben alle, die auf ’nem Pferd sitzen können«, sagte Wegg. »Verlasst Euch drauf, Sai. Hab’s mit eigenen Augen gesehen.«
»Ich bezweifle, dass Ihr alle gesehen habt«, sagte ich.
»Ich glaube schon«, sagte Jamie. »Lass ihn erzählen, Roland.«
»In Little Debaria gibt es einen reichen Burschen namens Sam Shunt«, sagte Wegg. »Bei den Salzhauern heißt er Shunt der Hund, was nicht sonderlich überraschend ist. Die meisten sind bei ihm verschuldet. Ihm gehört zwar nicht das Kombinat – das gehört großen Tieren in Gilead –, aber so ziemlich alles andere: die Saloons, die Huren, die Skiddums …«
Ich sah zu Sheriff Peavy hinüber.
»Die Schuppen, in denen ein paar der Bergleute schlafen«, sagte er. »Sehr einfach gehalten, aber wenigstens nicht unter der Erde.«
Ich sah wieder Wegg an, der die Aufschläge seines Staubmantels fest umklammert hielt und sehr selbstzufrieden wirkte.
»Am einträglichsten für Sammy ist es, dass ihm der Firmenladen gehört. Was bedeutet, dass er die Kumpel in der Tasche hat.« Er grinste. Weil ich das Grinsen nicht erwiderte, nahm er die Hände von den Mantelaufschlägen und warf die Arme hoch. »Das ist der Lauf der Welt, junger Sai – nicht meine Schuld und auch nicht Eure.
Unser Sammy Shunt hat ’ne Vorliebe für Spaß und Spiele – das heißt, wenn sich dabei ein paar Pennys verdienen lassen. Drei- bis viermal im Jahr veranstaltet er Wettläufe für die Kumpel. Manche sind Wettrennen, andere Hindernisläufe, bei denen sie über Holzbarrikaden klettern, sich durch Heuhaufen arbeiten oder über Schlammgräben springen müssen. Sieht verdammt komisch aus, wenn sie da reinplumpsen. Die Huren kommen immer zum Zuschauen und lachen dann wie die Hyänen.«
»Beeilung!«, knurrte Peavy. »Die Kerle werden nicht lange brauchen, zwei Drinks zu kippen.«
»Er veranstaltet auch Pferderennen«, sagte Wegg. »Allerdings stellt er nur alte Klepper – für den Fall, dass ein Gaul stürzt und erschossen werden muss.«
»Wird ein Kumpel, der sich das Bein bricht, auch erschossen?«, fragte ich.
Wegg lachte und klatschte sich auf den Oberschenkel, als wäre das ein guter Witz gewesen. Cuthbert hätte ihm sagen können, dass
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