Tiffamy Duo Band 29
1. KAPITEL
„Was Sie brauchen, ist ein Liebhaber."
Abrupt hob Mandy den Kopf. Dabei fiel ihr das schulterlange schwarze Haar ins Gesicht. Sie merkte sofort, dass Adela sich von diesem heiklen Thema nicht abbringen lassen würde. Die zierliche ältere Dame, die neben ihrem Schreibtisch stand, war bereits voll in Fahrt. Mandy unterdrückte ein nachsichtiges Lächeln. Gleichzeitig bemühte sie sich, das Bild, das ihr bei Adelas Worten in den Sinn gekommen war, zu verdrängen: widerspenstiges, von der Sonne gebleichtes Haar, kräftige, schlanke Hände und jadegrüne Augen.
„Keine schlechte Idee", erwiderte sie betont fröhlich. „Ich könnte eine Bank ausrauben und morgen bei der OCC-Auktion einen geeigneten Junggesellen ersteigern."
Sie notierte in ihrem Terminkalender: Banküberfall. Liebhaber kaufen. „Gibt es sonst noch etwas?" fragte sie ihre Chefin. „Haben Sie schon Ersatz für Susie gefunden?"
„Ich habe zwei ausgezeichnete Kandidaten."
Mandy war sich nicht sicher, auf wen sich dieses Lob bezog. Waren mit den „ausgezeichneten Kandidaten" Stellenbewerber oder Liebhaber gemeint? Sie konnte nur hoffen, dass Adelas Antwort sich auf erstere bezogen hatte. Auf keinen Fall wollte sie ein Opfer der wohltätigen Anwandlungen ihrer Chefin werden. Erst recht dann nicht, wenn Adelas Fürsorge sich auf ihr Liebesleben richtete. Von Männern, insbesondere Ehemännern, hatte Mandy vorerst genug. Sie war einmal mit einem charmanten, aalglatten Lügner verheiratet gewesen, und das reichte ihr vollkommen.
„Sie sind nicht nur vorzeigbar, sondern für die Aufgabe auch geeignet", fuhr Adela fort, „und beide sind unverheiratet." Weder ihr Tonfall noch ihr Verhalten ließen darauf schließen, für welche Position die Kandidaten bestimmt waren — fürs Büro oder fürs Schlafzimmer. „Beide wirkten sehr sauber und gepflegt und machten einen leistungsfähigen und gesunden Eindruck. Natürlich kann ich mir ein genaueres Urteil erst erlauben, wenn ich sie eine Weile beobachtet habe. Ich glaube nicht, dass eine Einarbeitungszeit erforderlich ist. Beide erschienen mir sehr selbständig."
Mandy holte tief Luft, was ihre Chefin jedoch nicht zu bemerken schien, denn sie fuhr ungerührt fort: „Bildung und Sinn für Humor wären zwar ein Plus, sind jedoch nicht unbedingt erforderlich. Was zählt, sind Vitalität und Ausdauer, eine gepflegte Erscheinung und die Bereitschaft, Anweisungen ohne Murren entgegenzunehmen und auszuführen."
„Vitalität und Ausdauer?" fragte Mandy schwach und bemühte sich, ihre geheimsten Gedanken zu verbergen. Hatte sie es hier mit einem Fall von Adelas berühmt-berüchtigter Offenheit zu tun? Merkte ihre Chefin nicht, dass sie diesmal mit ihrer unverblümten Ausdruckweise an die Grenzen des guten Geschmacks gekommen war?
Adela sah ihre Assistentin leicht gereizt an. „Liebes Kind, was glauben Sie, wie viele Empfangsdamen ich schon wegen schwacher Konstitution verloren habe? In einer Stunde könnte ich sie nicht aufzählen. Deshalb stelle ich nur noch robuste Typen ein. Als Sie sich damals bei mir bewarben, wollte ich Sie zuerst nicht nehmen. Sie sahen so zerbrechlich aus. Zu dünn. Zu nervös. Nur Ihrem energischen Kinn und diesen faszinierenden bernsteinfarbenen Augen haben Sie es zu verdanken, dass ich es dann doch mit Ihnen versucht habe."
Mandy wollte etwas erwidern, doch es war zwecklos. Adela war nicht mehr zu bremsen.
„Ich täuschte mich", fuhr sie fort. „Sie arbeiten jetzt schon seit achtzehn Monaten bei ,Our Children's Children' und haben nicht einen einzigen Tag gefehlt." Sie schaute Mandy forschend an. „Nicht einmal Urlaub haben Sie genommen. Kein Wunder, dass sie so blass sind."
„Haben Sie etwa Urlaub genommen?" fragte Mandy und hoffte, mit dieser Bemerkung der unausgesprochenen Frage ihrer Chefin ausweichen zu können. Wenn anderen ihre Blässe und ihre traurige Stimmung auffielen, würde sie etwas dagegen tun müssen. Niemand in ihrer neuen Umgebung ahnte, was vor knapp zwei Jahren passiert war. Und das sollte auch so bleiben. Nichts verabscheute Mandy mehr als Mitleid. „Wenn es Ihnen Gewissensbisse bereitet, den Sklaventreiber zu spielen", scherzte sie, „dann darf ich Sie vielleicht darauf hinweisen, dass Daniel in den letzten vier Jahren nicht mehr als fünf Tage Urlaub gehabt hat — und diese Tage hat er meistens damit zugebracht, irgendwo etwas für die Stiftung auszukundschaften."
„Das kann doch unmöglich so lange her sein!" rief Adela
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