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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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führten die anderen über die Straße. Graubart marschierte voraus – sogar recht flott, verkrüppelte Beine hin oder her. Das letzte Tageslicht war zu einem seltsam gelben Schimmer verblasst, wie ich das noch nie erlebt hatte. Bald würde die Nacht hereinbrechen. Der Wind wehte und trieb große Staubwolken vor sich her. Ich beobachtete scharf, ob einer der Männer zur Flucht ansetzte – um dem kleinen Jungen die Gegenüberstellung zu ersparen, hoffte ich sogar darauf –, aber das tat keiner.
    Jamie gesellte sich zu mir. »Wenn er dabei ist, hofft er bestimmt, dass der Junge ihn nur bis zu den Knöcheln gesehen hat. Er will’s darauf ankommen lassen, Roland.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Und weil der Junge tatsächlich nicht mehr gesehen hat, könnte er mit seinem Bluff sogar durchkommen.«
    »Was dann?«
    »Dann sperren wir sie wohl alle ein und warten ab, bis einer sich in den Fellmann verwandelt.«
    »Was ist, wenn das nichts ist, was ihn einfach überkommt? Was ist, wenn er verhindern kann, dass die Verwandlung eintritt?«
    »Dann weiß ich auch nicht weiter«, sagte ich.
    Wegg hatte mit Pickens und Strother eine Partie Watch Me mit einem Penny für den Pott und drei Pennys fürs Halten angefangen. Ich schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Streichhölzer, die ihnen als Chips dienten, hochflogen. »Wegg, Ihr führt diese Männer mit dem Sheriff ins Gefängnis. Aber erst in ein paar Minuten. Wir haben noch ein paar Vorbereitungen zu treffen.«
    »Was ist im Gefängnis?«, fragte Wegg, der die verstreuten Streichhölzer bedauernd betrachtete. Vermutlich hatte er eine Glückssträhne gehabt. »Der Junge?«
    »Der Junge und das Ende dieser traurigen Geschichte«, sagte ich zuversichtlicher, als mir zumute war.
    Ich fasste Graubart am Ellbogen – ganz behutsam – und zog ihn beiseite. »Wie heißt Ihr, Sai?«
    »Steg Luka«, sagte er. »Wozu wollt Ihr das wissen? Haltet Ihr mich für den Kerl?«
    »Nein«, sagte ich, und ich tat es auch tatsächlich nicht. Ohne wirklichen Grund; nur aus einem Gefühl heraus. »Aber wenn Ihr wisst, wer es ist – oder es auch nur vermutet –, solltet Ihr es mir sagen. Dort drinnen sitzt ein ängstlicher Junge in einer Zelle, in der ich ihn zu seiner Sicherheit eingesperrt habe. Er hat gesehen, wie ein Ungeheuer in Gestalt eines riesigen Bären seinen Vater umgebracht hat, da möchte ich ihm unnötige neue Schmerzen ersparen. Er ist ein guter Junge.«
    Luka überlegte, dann fasste er mich am Ellbogen – mit eisenhartem Griff. Er zog mich in eine Ecke. »Ich kann’s nicht sagen, Revolvermann, aber wir sind alle dort unten gewesen, tief im neuen Stock, und haben es gesehen.«
    »Was gesehen?«
    »Einen Riss im Salz, durch den ein grünes Licht scheint. Erst hell, dann schwach. Hell, dann schwach. Wie ein Herzschlag. Und … es spricht einem ins Gesicht.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich verstehe das alles selbst nicht. Ich weiß nur, dass wir es alle gefühlt und gesehen haben. Es spricht einem ins Gesicht und will, dass man reinkommt. Es ist eiskalt.«
    »Das Licht oder die Stimme?«
    »Beides. Es stammt von den Großen Alten, das steht für mich fest, und es ist böse. Wir haben es Banderly gemeldet – er ist unser Vormann –, und er ist selbst runtergekommen. Hat’s selbst gesehen. Hat’s selbst gespürt . Aber hätt er deswegen den Schacht dichtgemacht? Einen Scheiß hat er. Er hat selbst wieder Bosse, die alle wissen, dass dort unten noch ein Haufen Salz liegt. Also hat er uns angewiesen, den Spalt mit Felsbrocken zu verschließen, was auch geschehen ist. Das weiß ich, weil ich selbst dabei war. Aber Felsbrocken lassen sich nicht nur aufstapeln, sondern auch rausziehen. Und sie sind rausgezogen worden, das kann ich beschwören. Sie sind jetzt anders gestapelt als zuvor. Jemand war dort drinnen, Revolvermann, und was auf der anderen Seite ist – es hat ihn verändert.«
    »Aber Ihr wisst nicht, wen.«
    Luka schüttelte den Kopf. »Ich kann bloß vermuten, dass es zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens gewesen sein muss, weil dann alles ruhig ist.«
    »Na gut, geht zu Euren Kameraden zurück. Ihr werdet schon bald trinken, und das soll mich freuen.« Sai Luka würde nie mehr einen Schluck trinken. Solche Dinge weiß man aber leider nicht im Voraus.
    Er ging zu den anderen zurück, und ich musterte sie. Luka war der bei Weitem älteste Kumpel. Die meisten waren in mittlerem Alter, einige jedoch auch richtig jung. Sie wirkten nicht ängstlich,

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