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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich tiefer. Worte waren in das Metall eingraviert. Sie waren ziemlich verwittert, aber er stellte fest, daß er sie mit einer gewissen Anstrengung lesen konnte.
     

     
    »Heiliger Jesus, das Ding ist ein Roboter«, sagte Eddie leise.
    »Kann nicht sein«, sagte Susannah. »Als ich darauf geschossen habe, hat es geblutet.«
    »Mag schon sein, aber einem ganz normalen Freiluftbären wächst keine Radarschüssel aus dem Kopf. Und soweit ich weiß, wird ein ganz normaler Freiluftbär auch keine zwei- bis dreitau…« Er verstummte plötzlich und sah Roland an. Als er weitersprach, war seine Stimme voll Ekel. »Roland, was machst du da?«
    Roland antwortete nicht; er mußte nicht antworten. Es war eindeutig, was er machte – er schnitt dem Bären mit dem Messer ein Auge aus. Der chirurgische Eingriff war schnell, sauber und präzise. Als er fertig war, balancierte Roland einen tropfenden Ball brauner Gallerte auf der Messerspitze, den er nach einem Augenblick beiseite schnippte. Ein paar Würmer krochen aus dem klaffenden Loch, versuchten an der Schnauze des Bären hinabzukriechen und verendeten.
    Der Revolvermann beugte sich über die Augenhöhle von Shardik, dem großen Wächterbären, und sah hinein. »Kommt beide her und seht euch das an«, sagte er. »Ich zeige euch ein Wunder der letzten Tage.«
    »Laß mich runter, Eddie«, sagte Susannah.
    Er gehorchte, worauf sie rasch auf Händen und Oberschenkeln zum Revolvermann kroch, der mit ausdruckslosem Gesicht neben dem Bären kauerte. Eddie gesellte sich zu ihnen und sah zwischen ihren Schultern durch. Die drei betrachteten die Sache fast eine geschlagene Minute stumm; die einzigen Geräusche kamen von den Krähen, die immer noch am Himmel kreisten und keiften.
    Einige dicke, trocknende Rinnsale Blut flossen aus der Augenhöhle. Aber Eddie sah, daß es nicht nur Blut war. Es handelte sich auch um eine klare Flüssigkeit, die einen erkennbaren Geruch verströmte – Bananen. Und in dem feinen Gespinst von Sehnen rings um die Augenhöhle sah er ein Netz von etwas, das wie Kabel aussah. Dahinter, hinten in der Augenhöhle, war ein roter Funke zu erkennen, der blinkte. Dieser beleuchtete eine kleine quadratische Platte mit silbernen Klümpchen, bei denen es sich nur um Lötzinn handeln konnte.
    »Das ist kein Bär, das ist ein elender Sony Walkman«, murmelte er.
    Susannah drehte sich zu ihm um. »Was?«
    »Nichts.« Eddie sah Roland an. »Glaubst du, man könnte unbeschadet hineingreifen?«
    Roland zuckte die Achseln. »Ich glaube schon. Falls ein Dämon in diesem Geschöpf gehaust hat, ist er geflohen.«
    Eddie streckte den kleinen Finger hinein und war bereit, sofort zurückzuzucken, sollte er auch nur das geringste Kribbeln von Elektrizität spüren. Er berührte das abkühlende Metall in der Augenhöhle, die fast so groß wie ein Baseball war, dann eines der Kabel. Aber es war kein Kabel; es handelte sich um ein haarfeines Stahlband. Er zog die Hand zurück und sah, wie der rote Funke noch einmal blinkte und dann für immer erlosch.
    »Shardik«, murmelte Eddie. »Ich kenne diesen Namen, aber ich komm’ nicht drauf. Sagt er dir etwas, Suze?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das Komische ist…« Eddie lachte hilflos. »Ich bringe ihn mit Kaninchen in Verbindung. Ist das nicht irre?«
    Roland stand auf. Seine Knie knackten wie Pistolenschüsse. »Wir müssen das Lager verlegen«, sagte er. »Der Boden hier ist verdorben. Die andere Lichtung, wo wir geschossen haben, wird…«
    Er ging zwei zitternde Schritte, dann brach er zusammen, sank auf die Knie und preßte die Hände an die Schläfen des hängenden Kopfes.
     
     

10
     
    Eddie und Susannah wechselten einen ängstlichen Blick, dann sprang Eddie an Rolands Seite. »Was ist los? Roland, was hast du?«
    »Es gab einen Jungen«, sagte der Revolvermann mit einer distanzierten, murmelnden Stimme. Und dann, mit dem nächsten Atemzug: »Es gab keinen Jungen.«
    »Roland?« fragte Susannah. Sie kam zu ihm, legte ihm einen Arm um die Schultern und spürte sein Zittern. »Roland, was ist denn?«
    »Der Junge«, sagte Roland und sah sie mit unklaren, benommenen Augen an. »Es ist der Junge. Immer der Junge.«
    »Was für ein Junge?« rief Eddie aufgeregt. »Was für ein Junge?«
    »Dann geh«, sagte Roland, »es gibt andere Welten als diese.« Und verlor das Bewußtsein.
     
     

11
     
    An diesem Abend saßen die drei um ein großes Lagerfeuer, das Eddie und Susannah auf der Lichtung entfacht hatten, die Eddie den

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