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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sein Maultier schließlich gestorben war. Er erzählte ihnen sogar, wie das Haustier des Grenzbewohners, der Vogel Zoltan, dem Maultier die Augen ausgepickt hatte.
    Er erzählte ihnen von den langen Wüstentagen und kurzen Wüstennächten danach, wie er den ausgekühlten Überresten von Walters Lagerfeuern gefolgt war und wie er schließlich halb besinnungslos und ausgetrocknet das Rasthaus erreicht hatte.
    »Es war verlassen. Ich glaube, es war schon seit der Zeit verlassen, als jener große Bär da drüben gerade hergestellt worden war. Ich blieb eine Nacht und zog weiter. So ist es gewesen… aber jetzt erzähle ich euch eine andere Geschichte.«
    »Diejenige, die nicht wahr ist, es aber sein sollte?« fragte Susannah.
    Roland nickte. »In dieser erfundenen Geschichte – diesem Märchen – traf ein Revolvermann namens Roland in dem Rasthaus einen Jungen namens Jake. Dieser Junge stammte aus eurer Welt, aus eurer Stadt New York, und aus einem Wann irgendwann zwischen Eddies 1987 und Odetta Holmes’ 1963.«
    Eddie beugte sich eifrig nach vorne. »Kommt eine Tür in dieser Geschichte vor, Roland? Eine Tür mit der Aufschrift DER JUNGE oder so?«
    Roland schüttelte den Kopf. »Die Tür des Jungen war der Tod. Er war auf dem Weg zur Schule, als ihn ein Mann – den ich für Walter gehalten hatte – auf die Straße stieß, wo er von einem Auto überfahren wurde. Er hörte diesen Mann etwas Ähnliches sagen wie: ›Aus dem Weg, lassen Sie mich durch, ich bin Priester.‹ Jake hat diesen Mann gesehen – nur einen Augenblick, und dann war er in meiner Welt.«
    Der Revolvermann verstummte und sah ins Feuer.
    »Und jetzt möchte ich die Geschichte von dem Jungen, den es nie gab, einen Moment ruhen lassen und erzählen, was sich wirklich zugetragen hat. Einverstanden?«
    Eddie und Susannah wechselten einen verwirrten Blick, dann machte Eddie eine Nach-Ihnen-mein-lieber-Alphonse-Geste mit der Hand.
    »Wie ich schon sagte, das Rasthaus war verlassen. Aber es gab eine Pumpe, die noch funktionierte. Diese befand sich hinten in den Stallungen, wo die Kutschenpferde untergebracht waren. Ich folgte ihrem Geräusch, aber ich hätte sie auch gefunden, wenn sie völlig still gewesen wäre. Wißt ihr, ich roch das Wasser. Wenn man lange genug durch die Wüste gezogen und am Verdursten ist, kann man das wirklich. Ich trank, und dann schlief ich. Als ich erwachte, trank ich wieder. Ich wollte gleich weiterziehen – der Drang, das zu tun, war wie ein Fieber. Die Medizin, die du mir aus deiner Welt gebracht hast – das Astin –, ist wunderbar, Eddie, aber es gibt Fieber, die keine Medizin heilen kann, und das war eines davon. Ich wußte, mein Körper brauchte die Ruhe, aber es erforderte dennoch jede Unze meiner Willenskraft, auch nur eine weitere Nacht dort zu bleiben. Am Morgen fühlte ich mich ausgeruht, daher habe ich meine Wasserschläuche gefüllt und bin weitergezogen. Ich habe von dort nichts anderes als Wasser mitgenommen. Das ist das Wichtigste von allem, was wirklich passiert ist.«
    Susannah sagte etwas mit ihrer vernünftigsten, freundlichsten Odetta-Holmes-Stimme. »Gut, das ist wirklich passiert. Du hast deine Wasserschläuche gefüllt und bist weitergezogen. Und jetzt erzähl uns den Rest von dem, was nicht passiert ist, Roland.«
    Der Revolvermann legte den Kieferknochen einen Augenblick in den Schoß, ballte die Hände zu Fäusten und rieb sich die Augen damit – eine seltsam kindliche Geste. Dann hob er den Kieferknochen wieder auf, wie um sich Mut zu machen, und fuhr fort.
    »Ich habe den Jungen, der nicht da war, hypnotisiert«, sagte er. »Ich habe es mit einer Patrone gemacht. Das ist ein Trick, den ich seit vielen Jahren kenne, und ich habe ihn von einem außergewöhnlichen Lehrmeister gelernt – Marten, dem Hofzauberer meines Vaters. Der Junge war ein gutes Opfer. In Trance schilderte er mir die Umstände seines Todes, wie ich sie euch erzählt habe. Als ich soviel von seiner Geschichte erfahren hatte, wie ich meines Erachtens konnte, ohne ihn zu beunruhigen oder ihm tatsächlich zu schaden, gab ich ihm den Befehl, daß er sich nicht an seinen Tod erinnern sollte, wenn er wieder aufwachte.«
    »Wer möchte das schon?« murmelte Eddie.
    Roland nickte. »Wahrlich, wer? Der Junge verfiel aus der Trance direkt in natürlichen Schlaf. Ich schlief ebenfalls. Als wir erwachten, sagte ich dem Jungen, daß ich den Mann in Schwarz fangen wollte. Er wußte, wen ich meinte; Walter hatte ebenfalls in dem Rasthaus

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