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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Gesicht geleckt. Kann ich ihn füttern?«
    »Wenn du das machst, werden wir ihn nie wieder los«, sagte Roland, dann lächelte er verhalten und schnippte mit den Fingern. »He! Billy!«
    Das Geschöpf ahmte irgendwie das Geräusch des Fingerschnippens nach; es hörte sich an, als würde es die Zunge gegen den Gaumen schnalzen lassen. »Ee!« rief es mit seiner heiseren Stimme. »Ee, Illy!« Jetzt peitschte sein buschiger Schwanz buchstäblich hin und her.
    »Na los, gib ihm was zu futtern. Ich habe einmal einen alten Tottier sagen hören, ein guter Billy bringt Glück. Der hier sieht wie ein guter aus.«
    »Ja«, stimmte Jake zu. »Stimmt.«
    »Einst waren sie zahm, und in jeder Baronie streifte ein halbes Dutzend durch das Schloß oder Herrenhaus. Sie haben zu nichts getaugt, davon abgesehen, daß sie die Kinder erfreut und die Rattenplage im Zaum gehalten haben. Sie können treu sein – jedenfalls waren sie es in alten Zeiten –, aber ich habe nie gehört, daß einer so treu wie ein guter Hund gewesen wäre. Die Wilden sind Plünderer. Nicht gefährlich, aber eine Landplage.«
    »Plage!« schrie der Bumbler. Seine ängstlichen Augen flackerten zwischen Jake und dem Revolvermann hin und her.
    Jake griff langsam in die Tasche, weil er Angst hatte, das Tier zu erschrecken, und zog den Rest einer Frikadelle à la Revolvermann heraus. Er warf ihn dem Billy-Bumbler zu. Der Bumbler zuckte zusammen, stieß einen leisen, kindlichen Schrei aus, drehte sich um und bot den pelzigen Ringelschwanz dar. Jake war sicher, daß er weglaufen würde, aber er blieb stehen und sah zweifelnd über die Schulter.
    »Komm schon«, sagte Jake. »Iß, Boy.«
    »Oy«, murmelte der Bumbler, bewegte sich aber nicht.
    »Laß ihm Zeit«, sagte Roland. »Ich glaube, er wird kommen.«
    Der Bumbler streckte sich und offenbarte einen langen und überraschend anmutigen Hals. Die zierliche schwarze Nase zuckte, als er das Futter beschnupperte. Schließlich trottete er vorwärts, und Jake stellte fest, daß er ein wenig hinkte. Der Bumbler beschnupperte die Frikadelle, dann trennte er mit einer Pfote das Fleisch von dem Blatt. Diesen Vorgang führte er mit einer Behutsamkeit aus, die seltsam feierlich wirkte. Als das Blatt sich völlig vom Fleisch gelöst hatte, schlang der Bumbler es mit einem einzigen Bissen hinunter und sah zu Jake auf. »Oy!« sagte er, und als Jake lachte, wich er wieder zurück.
    »Das ist aber ein Knochengestell«, sagte Eddie verschlafen hinter ihnen. Als der Bumbler diese Stimme hörte, drehte er sich sofort um und verschwand im Nebel.
    »Du hast ihn verscheucht!« sagte Jake vorwurfsvoll.
    »Herrje, das tut mir leid«, sagte Eddie. Er strich mit einer Hand durch sein schlafzerzaustes Haar. »Wenn ich gewußt hätte, daß es sich um einen persönlichen Freund von dir handelt, hätte ich eine verdammte Sahnetorte serviert.«
    Roland schlug Jake kurz auf die Schulter. »Er kommt zurück.«
    »Wenn ihn nichts tötet, ja. Wir haben ihn schließlich gefüttert, oder nicht?«
    Bevor Jake antworten konnte, setzte das Geräusch der Trommeln wieder ein. Es war der dritte Morgen, an dem sie sie hörten, und zweimal hatten sie das Geräusch vernommen, als sich der Nachmittag dem Abend zuneigte: ein schwaches, tonloses Pochen aus der Richtung der Stadt. Heute morgen war das Geräusch deutlicher, aber nicht verständlicher. Jake haßte es. Es war, als würde irgendwo in dieser dicken und konturlosen Nebeldecke das Herz eines großen Tieres schlagen.
    »Hast du immer noch keine Ahnung, was das sein könnte, Roland?« fragte Susannah. Sie hatte sich angezogen, das Haar zurückgesteckt und legte gerade die Decke zusammen, unter der sie und Eddie schliefen.
    »Nein. Aber ich bin sicher, wir werden es herausfinden.«
    »Wie beruhigend«, sagte Eddie gallig.
    Roland stand auf. »Kommt. Vergeuden wir den Tag nicht.«
     
     

2
     
    Als sie etwa eine Stunde unterwegs waren, löste sich der Nebel allmählich auf. Sie schoben abwechselnd Susannahs Rollstuhl, der unglücklich holperte, denn die Straße bestand inzwischen aus großem, unebenem Kopfsteinpflaster. Am späten Vormittag war der Tag schön, heiß und klar; der Umriß der Stadt zeichnete sich deutlich am südöstlichen Horizont ab. Jake fand, daß er sich nicht besonders von der Silhouette von New York unterschied, aber er dachte, daß die Gebäude hier nicht ganz so hoch waren. Wenn sie verfallen waren, wie das meiste in Rolands Welt, dann konnte man das von hier aus nicht sehen. Jake gab

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