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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich deshalb mit irgendwem prügeln wollte.
    Einen Augenblick lang betrachtete Jake die Bäume an den Steilhängen dieses Flusses und nahm erleichtert wahr, dass sie ziemlich normal aussahen – beispielsweise irgendwelche Fichten, wie man sie auch in den Bergen von Colorado oder Wyoming zu sehen erwartete –, doch dann wurde sein Blick zum Rand des Abgrunds zurückgezogen. Hier brach sich die Strömung und stürzte in einem so breiten und tiefen Wasserfall nach unten, dass für Jake die Niagarafälle, die er einmal mit seinen Eltern besucht hatte (eine von drei Urlaubsreisen der Familie, an die er sich erinnern konnte; die zwei anderen mussten wegen dringender Anrufe des Fernsehsenders seines Vaters abgebrochen werden), im Vergleich dazu wie etwas aus einem drittklassigen Freizeitpark aussahen. Aufspritzender Gischt, der wie Nebel aussah, machte die Luft im umliegenden Halbrund noch dichter; ein halbes Dutzend Regenbogen funkelten fröhlich darin herum wie verschlungener Juwelenschmuck aus einem Traum. Für Jake sahen sie wie die ineinander greifenden Ringe des Symbols der Olympischen Spiele aus.
    In der Mitte des Wasserfalls, etwa sechzig Meter unterhalb der Stelle, wo der Fluss sich über den Abgrund ergoss, befanden sich zwei gewaltige Steinvorsprünge. Jake hatte keine Ahnung, wie ein Bildhauer (oder ein ganzes Team davon) da hinuntergelangt sein konnte, wo sie sich befanden, konnte aber auch nicht glauben, dass sie einfach in dieser Form erodiert waren. Sie sahen aus wie die Köpfe riesiger zähnefletschender Hunde.
    Die Wasserfälle der Hunde, dachte er. Danach gab es noch eine Haltestelle – Dasherville –, und dann kam Topeka. Endstation. Alles aussteigen.
    »EINEN MOMENT«, sagte Blaine. »ICH MUSS DIE LAUTSTÄRKE ANPASSEN, DAMIT IHR IN DEN GENUSS DER GESAMTWIRKUNG KOMMT.«
    Es folgte ein kurzes, flüsterndes Heulen – eine Art von mechanischem Räuspern –, und dann brach ein gewaltiges Tosen über sie herein. Es war Wasser – mehrere Milliarden Liter pro Minute, wie Jake vermutete –, das sich über den Rand der Felsklippe ergoss und schätzungsweise sechshundert Meter tief in ein bodenloses Felsbecken fiel. Dunstschwaden schwebten an den derben Beinahe-Gesichtern der vorstehenden Hunde vorbei wie Dampf aus den Abzügen der Hölle. Die Lautstärke stieg immer weiter an. Inzwischen vibrierte Jakes ganzer Kopf davon, und als er die Hände auf die Ohren drückte, sah er Roland, Eddie und Susannah dasselbe tun. Oy bellte, aber Jake konnte ihn nicht hören. Susannah bewegte wieder die Lippen, und wieder konnte er die Worte ablesen – Aufhören, Blaine, aufhören! –, aber nicht wahrnehmen, ebenso wenig wie Oys Bellen, obwohl er sich sicher war, dass Susannah schrie, so laut sie konnte.
    Blaine steigerte die Lautstärke des Wasserfalls immer noch weiter, bis Jake spüren konnte, wie seine Augen in den Höhlen erbebten, und ihm war, als ob ihm die Ohren gleich wie überlastete Stereolautsprecher ausfallen würden.
    Dann war es vorbei. Sie schwebten immer noch über dem dunstigen Abgrund, die Regenbogen kreisten immer noch langsam und traumhaft vor dem Vorhang des endlos fallenden Wassers, die nassen und brutalen Steingesichter der Wachhunde ragten aus den Wassermassen hervor, aber das Donnern des Jüngsten Gerichts war vorbei.
    Einen Augenblick glaubte Jake, dass sich seine Befürchtungen erfüllt hätten und er taub geworden wäre. Dann stellte er fest, dass er Oy bellen und Susannah weinen hören konnte. Anfangs kamen ihm diese Geräusche fern und tonlos vor, so als hätte er Wattebällchen in den Ohren stecken, doch allmählich wurden sie deutlicher.
    Eddie legte Susannah einen Arm um die Schultern und sah zum Streckenplan hinüber. »Bist ein netter Kerl, Blaine.«
    »ICH DACHTE NUR, ES WÜRDE EUCH GEFALLEN, DAS TOSEN DER WASSERFÄLLE BEI VOLLER LAUTSTÄRKE ZU HÖREN«, sagte Blaine. Seine hallende Stimme hörte sich heiter und gekränkt zugleich an. »ICH DACHTE, ES KÖNNTE EUCH HELFEN, MEINEN BEDAUERLICHEN FEHLER IN SACHEN EDITH BUNKER ZU VERGESSEN.«
    Alles meine Schuld, dachte Jake. Blaine mag nur eine Maschine sein, und obendrein eine selbstmörderische Maschine, aber es gefällt ihm trotzdem nicht, wenn man über ihn lacht.
    Er setzte sich neben Susannah und legte auch einen Arm um sie. Er konnte die Wasserfälle der Hunde immer noch hören, aber das Geräusch schien jetzt weiter entfernt zu sein.
    »Was geschieht hier genau?«, fragte Roland. »Wie lädst du deine Batterien auf?«
    »DAS

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