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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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er weitersprach, kam wieder einmal die Stimme von Humphrey Bogart an die Oberfläche.
    »DIE UHREN LAUFEN HIER ANDERCH, CHATZCHEN. DAS MUSST DU INZWICHEN GEMERKT HABEN. ABER KEINE BANGE: THE FUNDAMENTAL THINGS APPLY AS TIME GOES BY. WÜRDE ICH EUCH JE BELÜGEN?«
    »Ja«, murmelte Jake.
    Die knappe Antwort traf offenbar Blaines Sinn für Humor, er fing nämlich sofort wieder zu lachen an – das irre mechanische Gelächter, bei dem Susannah an die Schreckenskabinette von schäbigen Freizeitparks oder Jahrmärkten denken musste. Als das Licht im Einklang mit dem Gelächter pulsierte, kniff sie die Augen zu und hielt die Hände auf die Ohren.
    »Hör auf, Blaine! Hör auf!«
    »PARDON, MA’AM«, sagte die Ach-je-Stimme von Jimmy Stewart mit ihrer gedehnten Sprechweise. »TUT MIR ECHT LEID, FALLS ICH IHRE OHREN MIT MEINER HEITERKEIT RUINIERT HABE.«
    »Ruinier das«, sagte Jake und zeigte dem Streckenplan den Mittelfinger.
    Susannah rechnete damit, dass jetzt Eddie auflachen würde – man konnte sich darauf verlassen, dass vulgäres Benehmen ihn zu jeder Tages- oder Nachtzeit amüsierte –, aber Eddie starrte nur weiter mit gerunzelter Stirn, leeren Augen und offenem Mund in seinen Schoß. Er sah auf unangenehme Art wie der ausgemachte Dorftrottel aus, dachte Susannah und musste wieder an sich halten, ihm nicht den Ellbogen in die Seite zu rammen, damit der blöde Gesichtsausdruck verschwand. Lange würde sie sich nicht mehr zurückhalten; wenn sie am Ende von Blaines Strecke sterben mussten, wollte sie Eddies Arm um sich spüren, wenn es so weit war, Eddie in die Augen sehen, Eddies ungeteilte Aufmerksamkeit haben.
    Im Augenblick jedoch ließ sie ihn am besten lieber in Ruhe.
    »AN DIESEM PUNKT«, fuhr Blaine mit seiner normalen Stimme fort, »WÜRDE ICH GERN MEINE – WIE ICH SIE NENNEN MÖCHTE – KAMIKAZE-FAHRT BEGINNEN. DAS WIRD MEINE BATTERIEN ZWAR ZIEMLICH SCHNELL VERBRAUCHEN, ABER ICH FINDE, ES LOHNT SICH NICHT MEHR, GROSS SPARSAM ZU SEIN, IHR NICHT AUCH? WENN ICH AM ENDE DER STRECKE MIT DEM PRELLBOCK AUS TRANSSTAHL ZUSAMMENSTOSSE, SOLLTE ICH AM BESTEN MEHR ALS NEUNHUNDERT MEILEN PRO STUNDE DRAUFHABEN – DAS SIND FÜNFHUNDERTUNDDREISSIG RÄDER. SEE YOU LATER, ALLIGATOR. AFTER AWHILE, CROCODILE. VERGISS NICHT ZU SCHREIBEN. DAS SAGE ICH EUCH IM GEISTE DES FAIRPLAY, MEINE INTERESSANTEN NEUEN FREUNDE. WENN IHR EUCH EURE BESTEN RÄTSEL BIS ZUM SCHLUSS AUFGEHOBEN HABT, WÄRT IHR GUT BERATEN, WENN IHR SIE MIR JETZT STELLEN WÜRDET.«
    Angesichts der unüberhörbaren Gier in Blaines Stimme – seinem unverhohlenen Verlangen, ihre besten Rätsel zu hören und zu lösen – fühlte sich Susannah müde und alt.
    »Ich habe vielleicht gar keine Zeit mehr, dir meine allerbesten zu stellen«, sagte Roland in einem beiläufigen, nachdenklichen Ton. »Das wäre doch jammerschade, oder nicht?«
    Es folgte eine Pause – kurz, aber es war ein deutlicheres Zögern, als der Computer bei Rolands Rätseln hatte erkennen lassen –, und dann kicherte Blaine. Susannah verabscheute schon den Klang seines irren Gelächters, aber dieses Kichern hatte eine zynische Resignation an sich, die sie noch mehr erschütterte. Vielleicht weil es halbwegs normal klang.
    »GUT, REVOLVERMANN. GUTER VERSUCH. ABER DU BIST NICHT SCHEHERAZADE, UND WIR HABEN AUCH NICHT TAUSENDUNDEINE NÄCHTE, UM PALAVER ABZUHALTEN.«
    »Ich verstehe dich nicht. Ich kenne diese Scheherazade nicht.«
    »EINERLEI. SUSANNAH KANN ES DIR ERKLÄREN, WENN DU ES WIRKLICH WISSEN MÖCHTEST. VIELLEICHT SOGAR EDDIE. ES KOMMT NUR DARAUF AN, ROLAND, DASS ICH MICH DURCH DIE AUSSICHT AUF WEITERE RÄTSEL NICHT VON MEINEM VORHABEN ABBRINGEN LASSEN WERDE. JETZT GEHT ES UM DIE GANS. IN TOPEKA GIBT ES DEN PREIS, SO ODER SO. HAST DU DAS VERSTANDEN?«
    Wieder strich Roland sich mit der verstümmelten Hand über die Wange; wieder hörte Susannah das leise Kratzen seiner drahtigen Bartstoppeln unter den Fingern.
    »Wir spielen bis zum Ende. Niemand gibt auf.«
    »KORREKT. NIEMAND GIBT AUF.«
    »In Ordnung, Blaine, wir spielen bis zum Ende, und niemand gibt auf. Hier kommt das Nächste.«
    »ICH WARTE WIE IMMER MIT VERGNÜGEN DARAUF.«
    Roland sah Jake an. »Mach dich mit deinen bereit, Jake, ich bin mit meinen fast am Ende.«
    Jake nickte.
    Unter ihnen drehten die Slo-Trans-Motoren des Mono weiter auf – mit einem Poch-poch-poch, das Susannah weniger hörte, als vielmehr in den Kiefergelenken, den Schläfen und den Pulsadern ihrer Handgelenke spürte.
    Nichts wird uns retten, wenn nicht noch

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