Der Effekt - Roman
die Uniform tragen, wollen einem Führer folgen«, hatte Barney im Gehen augenzwinkernd erklärt.
Kipper schüttelte Culvers Hand ab, die ihn lenkte, und ging weiter Richtung Ausgang.
Der Anwalt folgte ihm wortlos. Er lächelte und winkte den Delegierten zu, an denen er vorbeikam, sogar jenen, die er garantiert nicht ausstehen konnte. Wie er das fertigbrachte, war Kipper ein Rätsel. Wenn er selbst jemanden nicht leiden konnte, merkten die anderen das sofort.
»Gehen Sie jetzt in Ihr Büro?«, fragte Culver, nachdem sie das Auditorium hinter sich gelassen hatten.
»Ja, aber …«
»Prima, ich komme mit. Also los.«
»Wollen Sie nicht bis zur Abstimmung hierbleiben? Die findet doch sicher bald statt.«
»Die hab ich schon längst verloren, Kipper. Ich habe andere Pläne, mein Freund. Kommen Sie mit.«
Zögernd ließ Kipper zu, dass Culver sich ihm anschloss. Vor allem, weil er wusste, dass jeder Versuch, ihn abzuwimmeln, nichts bringen würde. Er würde ihn vielleicht hier loswerden, aber dann würde der Kerl in seinem teuren Anzug sehr wahrscheinlich vor seiner Bürotür auf ihn warten, wenn er dort eintraf. Oder er saß schon an seinem Schreibtisch und grinste feist.
»Das klingt so gar nicht nach Ihnen, sich geschlagen zu geben, Jed.«
»Wer sagt denn, dass ich mich geschlagen gebe?« Kipper warf ihm einen raschen Blick zu und war beunruhigt von dem wölfischen Grinsen in Culvers Gesicht.
»Was ist denn los? Heute Morgen bin ich wirklich nicht zu Scherzen aufgelegt.«
»Ich mache keine Scherze, Kipper, schon gar nicht an einem Morgen wie diesem. Dies ist nämlich der Tag, an
dem das amerikanische Volk oder das, was von ihm übrig geblieben ist, mit Gottes Hilfe seine rechtmäßige Regierung zurückbekommt.«
Sie traten in den Aufzug, den Kipper eigentlich außer Betrieb haben wollte, um Energie zu sparen, was aber von den Stadträten verhindert worden war. Culver drückte auf den Knopf der Etage, auf der sich sein Büro befand, und blockte freundlich lächelnd eine Frau ab, die dazusteigen wollte.
»Tut mir leid, Gnädigste, ich bitte um Vergebung.«
Sie hatte nicht die geringste Lust, ihm zu vergeben, konnte aber nichts tun, da die Türen sich schlossen. Kipper war empört wegen dieser Unhöflichkeit.
»Das war wirklich nicht sehr freundlich. Ziemlich unsinnig sogar. Und was soll dieses Gerede? Sie haben doch gesagt, dass Sie die Wahl verlieren werden. Blackstone wird sich seine Abgeordneten sichern, ob der Rest der Army sie will oder nicht.«
Culver legte eine Hand auf die Lippen und deutete in den Fahrstuhl. Kipper seufzte, aber nach der letzten Nacht war er nicht mehr so schnell dabei, bei anderen Zeichen von Verfolgungswahn zu diagnostizieren. Es war gut möglich, dass sie überwacht wurden.
Der Anwalt nickte.
»In einer Hinsicht haben Sie Recht. Nicht alle Angehörigen des Militärs wollen, dass es darauf hinausläuft. Ritchie und Franks sind absolut dagegen.«
Culver schaute sich um, als würde er sich an ein Publikum wenden.
»Und natürlich fordert niemand, der eine Uniform trägt, eine Übertragung der Staatsmacht. Aber am Schluss werden sie sich dem Willen des Volkes beugen.«
»Aber das Volk will das doch gar nicht«, sagte Kipper, ohne darüber nachzudenken. »Einige vielleicht, aber nicht alle. Das alles ist doch nur eine Ausgeburt der Angst und der Dummheit.«
»Angst ist ein schlechter, aber meist gehörter Ratgeber, mein Freund. Kommen Sie.«
Das Klingelsignal ertönte, als sie auf seiner Etage ankamen. Kipper wollte aussteigen und zu seinem Büro gehen, aber Culver hielt ihn am Arm zurück und dirigierte ihn in ein anderes.
»Da ist ein Büro, das ich erst vor fünfzehn Minuten von Wanzen säubern ließ«, sagte er leise und schloss die Tür hinter sich.
»Was haben Sie …?«
»Das hier gefunden«, sagte Culver und holte ein winzig kleines elektronisches Gerät aus seiner Brusttasche. »Keine Angst, es wurde unbrauchbar gemacht.«
Kip starrte das Ding an, und seine Nackenhaare sträubten sich.
»Diese Mistkerle.«
Culver schüttelte den Kopf.
»Nein, Amateure, Kip. Blutige Amateure, die sich sonst was einbilden. Kommen Sie ans Fenster. Ich möchte Ihnen mal die Aussicht zeigen, die Sie nicht genießen können, weil Sie immer nur drinnen arbeiten.«
Kipper folgte dem Anwalt ans Fenster und schaute hinunter auf seine Stadt. Es war ein relativ klarer Morgen, zum ersten Mal seit langem. Wenige graue Wolken zogen von den Bergen her nach Osten, sonst war der Himmel
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