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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die Gewalt des Sturms und hob Linden auf das Achterkastell. Dort hielten sich nur drei Riesen auf: Blankehans, Windsbraut und die Erste. Die Lagerverwalterin handhabte das große Steuerrad, umklammerte es mit beiden Armen. Unter der Anstrengung traten ihre Muskeln sichtlich hervor; sie hatte die Beine weit gespreizt, um festen Stand zu haben. Sie ähnelte einem Monolithen aus Granit, dazu imstande, hier auszuhalten und Herzensfreude zu meistern, bis See und Zeit die Sternfahrers Schatz in Trümmer verwandelten. Die Erste verharrte reglos, verankert durch Körpergewicht und -kraft. Vorerst war ihr die Suche aus der Hand genommen. Unter diesen Bedingungen hing sie vom Sturm und vom Schicksal der Sternfahrers Schatz ab. Und die Dromond gehörte Blankehans. Der Kapitän befand sich in Windsbrauts unmittelbarer Nähe; seine gesamte Aufmerksamkeit war nach vorn gerichtet, wie eine Leuchtboje, die für die Sicherheit des Schiffs brannte. Die knotige Wuchtigkeit seiner Brauen schien seine Sicht zu schützen. Er erweckte den Eindruck, buchstäblich alles sehen zu können. Seine einschneidenden Kommandos durchdrangen den Wind. Und die Riesen reagierten wie ein Ausdruck seines Willens. Sie ergriffen eine mühsame Maßnahme nach der anderen, fochten mit Leinen, Wanten und Segeltuch, um die Sternfahrers Schatz zum Durchstehen der Gefahr zu befähigen. Linden wollte rufen; aber der Wind hieb ihr auf den Mund, stopfte ihr die Stimme zurück in die Kehle. Mit einer fieberhaften Geste winkte sie in Blankehans' Richtung, und Cail schob sie hinüber. »Blankehans!« Linden mußte aus vollem Halse schreien, um sich verständlich zu machen. »Ihr müßt den Kurs wechseln! Wir steuern mitten in den Sturm hinein!«
    Die Wichtigkeit ihrer Worte erregte sofort seine Beachtung. Er beugte sich zu ihr herab. »Das kann nicht sein!« brüllte er. »Dieser Sturm kommt aus dem Süden! Auf diesem Kurs werden wir am Rande des Unwetters bleiben und nur wenig abweichen müssen!«
    Aus dem Süden? Linden starrte ihn an, zu begreifen außerstande, wie er sich in einer solchen Frage irren konnte. Doch als sie ihre Wahrnehmung südwärts wandte, merkte sie, daß er sich keineswegs täuschte. Ihre Sinne entdeckten dort einen eindeutigen Knotenpunkt des Tobens, obwohl er sich etliche Kilometer entfernt befand. Blankehans' gegenwärtiger Kurs würde die Sternfahrers Schatz tatsächlich um das besonders gefährliche Zentrum des Sturms führen. Ein Blick in den Nordwesten jedoch bestätigte ihre vorherige Feststellung. Dort lauerte ein titanischer, monströser Hurrikan. Die beiden Unwetterzonen bewegten sich aufeinander zu, und die Sternfahrers Schatz schwamm zwischen ihnen. Jedes Heben und Senken des Kiels der Dromond brachte sie dem Tosen des stärkeren Sturms näher. Mit Geschrei, das ihr die Kehle zu zerreißen drohte, teilte sie Blankehans mit, was sie beobachtete. Die Neuigkeit entgeisterte ihn. Er hatte keine Gelegenheit gehabt, den Hurrikan zu bemerken. Der erste Sturm hatte das Riesen-Schiff gepackt, bevor es in die Reichweite des zweiten Unwetters gelangte. Der Kurs, den er gewählt hatte, führte direkt ins Verderben. Aber der Riese faßte sich rasch. In jedem Nerv, jeder Sehne war er der Kapitän der Sternfahrers Schatz. »Wozu rätst du?« brüllte er; seine Stimme klang, als wäre er auf jede Gefährdung und jedes Mißgeschick vorbereitet.
    Linden nahm sich zusammen und versuchte nachzudenken, die Schnittzonen der zwei Stürme einzuschätzen, die Wirkung, die sie aufeinander ausüben mochten. Sie war es nicht gewohnt, sich mit solchen Angelegenheiten zu beschäftigen. Ihre Ausbildung hatte sie befähigt, die hartnäckige Hinterlist von Krankheiten zu durchschauen, nicht den hämischen Zorn von Sturmwinden. Aber sie tat, was sie konnte. »Wenn wir in diese Richtung halten ...« – die Anstrengung des Schreiens schmerzte in ihrer Brust –, »können wir den südlichen Sturm vielleicht umschiffen! Oder zumindest den schlimmsten Bereich! Ehe wir zu tief in den Hurrikan geraten!« Blankehans nickte. Das Bollwerk seiner Stirn schien jedem Unwetter gewachsen zu sein. »Aber der Hurrikan ...!« Lindens Stimme gellte, als bräche sie in Gekreisch aus. »Er ist entsetzlich! Wenn du entscheiden mußt, nimm lieber Kurs in den Süden!«
    »Ich habe verstanden!« Sein Ruf zerstob in abgehackte Laute und Gischt. Er hatte sich bereits abgewandt, um seine Befehle durch den Wind zu brüllen. Seine Anweisungen klangen so wütend wie der Wind. Linden spürte den

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