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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Er hat dir Vertrauen geschenkt.« Er brauchte nicht hinzuzufügen, daß Covenant nach seiner Ansicht anders empfinden mochte, falls er je wieder zu Verstand kam. Diesen Gedanken hatte Linden selbst schon gehabt.
    »Er hat's jedenfalls versucht«, sagte sie leise und bitter. »Ich glaube, er hat's nicht geschafft.« Dann konnte sie ganz einfach nicht mehr. Welchen Grund hatte einer ihrer Gefährten überhaupt, ihr zu vertrauen? Der Boden unter ihren Füßen befand sich nach wie vor in Schräglage, und durch den Stein fühlte sie, wie die Wogen gegen die Sternfahrers Schatz rollten. Sie mußte der Enge ihrer Kabine, dem Druck von Cails versteckter Feindseligkeit entfliehen. Sie drängte sich an ihm vorüber, schwang die Tür auf und verließ die Kabine. Durch das Schwanken des Riesen-Schiffs behindert, stolperte sie zum Aufgang, klomm zum Achterdeck hinauf.
    Als sie über den Wellenbrecher stieg, warf es sie fast von den Beinen. Ein mörderischer Wind fuhr über die Decks, zerrte an den Segeln. An den Spitzen der Rahen brodelten gewittrige Wolken wie Sturzwellen. Als Linden an einer der Treppen zum Achterkastell Halt suchte, peitschte ihr Gischt ins Gesicht, die dem Toben einer dunklen, wie zähflüssigen See entsprang wie heftiger Regen.

12
     

HAVARIE
     
     
    Aber es regnete nicht, allein der Wind besaß die Wucht eines Wasserfalls, Wolken hüllten das Meer von Horizont zu Horizont in düsteres Dämmerlicht, und auf den Wellenkämmen schäumte Gischt, spritzte mit der Herbheit von Hagel. Der Wind traf das Riesen-Schiff aus seitlichem Winkel und brachte es ins Krängen. Linden rang um Atem. Als sie sich das Wasser aus den Augen wischte, sah sie zu ihrer Verblüffung Riesen in den Wanten. Sie begriff nicht, wieso sie sich dort oben festhalten konnten. Es kam ihr unmöglich vor, daß jemand mitten im vollen Wehen dieses Sturms arbeiten können sollte. Trotzdem taten sie es. Die Sternfahrers Schatz mußte genug Segeltuch gesetzt haben, um auf Kurs zu bleiben. Doch wenn zu viele Segel an den Rahen wehten, mochte jedes plötzliche Umschlagen oder Anschwellen des Winds die Dromond kippen oder schlichtweg unter Wasser drücken. Deshalb refften die Matrosen die Marssegel. Gegen die harsche, finstere Gewalt des Sturms wirkten sie klein und unscheinbar. Aber langsam und mühselig bändigten sie das starke Schlagen der Segeltücher.
    Hoch am Fockmast verlor ein Riese den Halt, mußte die Geitaue fahren lassen, um zu verhindern, daß er stürzte. Augenblicklich ratschte es Morgenbegrüßer herab. Das Segel flatterte wild wie ein aufgescheuchter Albatros, trudelte im Wind davon und verschwand außer Sicht. Die anderen Matrosen hatten mehr Erfolg. Allmählich richtete sich die Sternfahrers Schatz weitgehend wieder auf. Nichtsdestotrotz blieb das Schiff ein Spielball der aufgewühlten See. Es durchpflügte ein Wellental und prallte seitwärts gegen die nächste der zerrissenen, tückischen Wogen, schoß hinein, als wolle es den Bug in den Meeresgrund bohren. Linden klammerte sich an die Stiege, um nicht von Bord geschwemmt zu werden. Sie durfte hier auf keinen Fall bleiben. Sie befürchtete, daß die Sternfahrers Schatz in höchster Gefahr schwebte, jedes Anwachsen des Sturms das Schiff zum Bersten bringen könnte. Und das Unwetter würde noch an Stärke zunehmen. Linden spürte, wie seine elementare Wut sich in der Ferne immer wüster ballte. Die Dromond durchquerte lediglich die Ausläufer des Sturms; dessen Zentrum jedoch kam näher. Auf ihrem gegenwärtigen Kurs mußte das Riesen-Schiff mitten in sein schlimmstes Wüten geraten. Sie mußte Blankehans warnen.
    Linden versuchte, sich die Stufen hinaufzukämpfen; doch der Wind schlug ihr das eigene Haar wie einen Dreschflegel ins Gesicht und preßte ihr die Luft aus den Lungen, drohte sie abzudrängen. Für einen Moment wallte Panik in Linden auf. Da umfaßte Cails Arm ihre Taille wie ein steinerner Reif. Sein Mund schrie ihr ins Ohr. »Suche Zuflucht!« Der Wind zerfledderte die Wörter, machte seinen Ruf kaum vernehmlich.
    Linden schüttelte nachdrücklich den Kopf, bemühte sich, ihre Stimme gegen den Sturm durchzusetzen. »Bring mich aufs Achterkastell!« Cail zögerte einen Augenblick lang, während er sich umschaute, um die Gefahr einzuschätzen. Dann schwang er Linden die Treppe hinauf. Sie fühlte sich in seiner Umarmung wie eine Lumpenpuppe. Wäre er ein gewöhnlicher Mensch gewesen, sie wären beide über Bord gegangen. Aber er war ein Haruchai . Er stemmte sich durch

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