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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Landes. Das Land verblutete. Bevor sie nur aufzuschreien vermochte, spülte das Blut sie über den gemeuchelten Leib des Untergrunds davon. Es gab für sie keine Möglichkeit, zu verhindern, daß sie ertrank. Die Turbulenz der Überflutung begann sie beinahe systematisch hin- und herzuschleudern. Die heiße Flüssigkeit verbrühte ihr die Kehle, erstickte ihre Stimme in Hitze. Sie war hilflos und verloren. Ihr vergängliches Fleisch konnte derartige Greuel nicht verkraften, sich ihnen erst recht nicht widersetzen. Es wäre besser gewesen, sie hätte gar nicht versucht, Covenant beizustehen, nie versucht, seine Verletzung zu behandeln. Nie wäre es soweit gekommen, hätte sie sich mit ihrer Erstarrung abgefunden und ihn einfach sterben lassen.
    Doch das Rucken ihrer Schultern und das Geklatsche in ihrem Gesicht beharrten darauf, daß sie keine Wahl besaß. Der Rhythmus dieser Einwirkungen gestaltete sich nach und nach irgendwie persönlicher; allmählich zerrte er sie aus dem vom Diamondraught vertieften Schlummer. Als sie die Augen aufriß, sah sie Cails Gesicht sich im Mondschein abzeichnen, der durch die offene Luke fiel. Cail stand auf der Trittleiter, die er erstiegen hatte, um Linden zu wecken. Ihre Kehle fühlte sich rauh an, und das Innere der Kabine schien noch von ihren Schreien zu hallen. »Cail!« keuchte Linden. O mein Gott!
    »Dein Schlaf war unerquicklich.« Cails Stimme war so ausdruckslos wie seine Miene. »Die Riesen sagen, daß solches nicht vom Diamondraught bewirkt wird.«
    »Nein.« Mühsam stemmte Linden sich hoch, rang um Beherrschung. Alptraumhafte Bilder schossen ihr durch den Kopf; hinter ihnen jedoch hatte die Stimmung des Trübsinns, in der sie sich schlafen gelegt hatte, eine neue Bedeutung angenommen. »Hol Covenant!«
    »Der Ur-Lord hat sich zur Ruhe begeben«, antwortete Cail tonlos.
    Von Dringlichkeit getrieben, schwang sich Linden über den Rand der Hängematte, zwang Cail dazu, sie aufzufangen und auf den Boden zu stellen. »Hol ihn!« Bevor der Haruchai irgendwie reagieren konnte, stürzte sie selbst zur Tür. Im von Laternen beleuchteten Gang prallte sie fast mit Seeträumer zusammen. Der stumme Riese näherte sich ihrer Kabine, als hätte er die Schreie gehört. Für einen Augenblick brachte die Ähnlichkeit zwischen ihrem Alptraum und der Vision, die den Riesen der Stimme beraubt hatte, sie zum Stehen – einer so ungeheuerlichen Vision, daß sie das Riesenvolk dazu bewogen hatte, eine Suche nach der Wunde einzuleiten, die die ganze Erde bedrohte. Aber sie hatte keine Zeit. Das Schiff schwebte in Gefahr. Linden rannte an Seeträumer vorbei und tat einen Sprung auf die Leiter. Als sie ins Freie gelangte, trat sie in den Schatten des Achterkastells; der Monduntergang stand bevor. Über Linden hoben sich die Gestalten mehrerer Riesen ab. Linden schnaufte die hohen Stufen empor und sah oben die Lagerverwalterin, einen Riesen, der Herzensfreude hielt, und zwei oder drei andere, die den beiden Gesellschaft leisteten. »Holt die Erste!« verlangte Linden. In dem Bemühen, ihre Furcht zu mäßigen, krampfte sich ihre Brust zusammen.
    Die Lagerverwalterin, eine stämmige Frau namens Knolle Windsbraut, die eine Tendenz zum Beleibten aufwies, erregte im allgemeinen einen behäbigen, sturen Eindruck; aber sie zögerte nicht, verlor keine Zeit mit Fragen. »Verständige die Erste«, sagte sie lediglich mit einem Nicken zu einem der umstehenden Riesen. »Und ebenso den Meister.« Der Matrose gehorchte sofort.
    Als Linden wieder zu Atem kam, merkte sie, daß Cail neben ihr stand. Sie fragte ihn nicht, ob er Covenant gerufen habe. Die fahle Narbe, die an seinem linken Arm von der Schulter bis zum Ellbogen verlief und vom Sporn eines Landläufers stammte, schien auf Linden zu deuten und keinen Zweifel an seiner Verläßlichkeit zu gestatten. Dann klomm Covenant auch schon die Stiege herauf, in seinem Rücken Brinn. Im Mondschein sah Covenant beträchtlich aufgelöst und benommen aus; aber seine Stimme klang gepreßt, als er den Mund aufmachte. »Linden ...?« Mit einem Wink veranlaßte sie ihn zum Schweigen, ballte die Hände zu Fäusten, um ihre unsichere Selbstbeherrschung aufrechterhalten zu können. Covenant wandte sich Cail zu; doch ehe er eine Frage stellen konnte, fand sich Blankehans ein, den Bart nach vorn geschoben wie eine Herausforderung an jede Gefahr, die seinem Schiff drohen mochte. Die Erste folgte ihm dichtauf.
    Linden drehte sich ihnen zu, kam allen Fragen zuvor. Ihre Stimme

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