Der einsame Baum - Covenant 05
Bhrathairealm Übles erduldet.« Irgendwie brachte er genug Kraft zu einem Minimum an Trotz auf. »Wenngleich nicht durch meine Schuld. Blut ist vergossen worden. Man verlangt von mir, daß ich Gerechtigkeit übe.« Aber sofort kam ihm wieder seine Vereinsamung zu Bewußtsein, und seine Stimme verfiel erneut ins Zittern. »Doch eine solche Kunde dürft ihr keinesfalls in aller Welt verbreiten. Ihr seid meine Gäste, und der Gaddhi springt mit seinen Gästen nicht grob um. Ich werde euch Wiedergutmachung leisten.« Um seine Augen zuckte es, während sein Gehirn sich um Einfälle bemühte. »Wünschst du ein Schwert?« meinte er zur Ersten. »Nimm dir mit meinem Wohlwollen, was du begehrst, und sei's zufrieden! Ihr dürft noch nicht scheiden!« Sein Blick flehte die Erste an, ihn nicht länger zu bedrängen.
Aber sie ließ sich nicht erweichen. Ihre Stimme nahm einen härteren Klang an. »O Gaddhi, ich habe sprechen hören, die Hustin seien dein, und sie gehorchten voll und ganz deinem Willen.«
Sie überraschte ihn; aber er durchschaute nicht, worauf ihr Vorgehen hinauslief. Der Gedanke an die Hustin gab ihm ein gewisses Maß an Selbstvertrauen zurück. »Das ist wahr. Die Wachen sind mein.«
»Es ist unwahr.« Die Erste stieß ihre Absicht wie einen Dolch durch den Panzer seiner Behauptungen. »Gebötest du ihnen, unsere Abschiednahme zu dulden, sie wollten dir nicht gehorchen.«
Der Gaddhi sprang auf. »Du lügst!«
Die Erste übertönte seinen Widerspruch. »Kasreyn von dem Wirbel ist ihr Gebieter. Er hat sie geschaffen, und sie sind sein.« Nachdrücklich trieb sie den größten verfügbaren Keil zwischen Rant Absolain und den Wesir. »Sie gehorchen dir nur, wenn's ihm beliebt.«
»Lügen!« brüllte der Gaddhi sie an. »Lügen!« Das Anilinrot von Wut oder Furcht verquoll ihm das Gesicht. »Sie sind mein! «
»Dann versuch's!« mischte sich sofort Linden ein. »Sag ihnen, sie sollen uns gehenlassen. Gib uns die Genehmigung zur Abreise. Du bist der Gaddhi. Was hast du zu verlieren?«
Als er ihre Forderung hörte, wich ihm plötzlich aus dem Gesicht alle Farbe, so daß er inmitten all der Helligkeit bleich wie in Panik aussah. Sein Mund klaffte, aber kein Wort kam mehr heraus. Sein Geist schien sich nach innen zu flüchten, ihn des Bewußtseins oder jeder Wahl zu berauben. Benommen drehte er sich zur Seite, stieg von der Kanzel, kam herunter zu den Gefährten. Er zitterte, während er den Weg nach unten zurücklegte, wirkte so hinfällig, als wären die Augenblicke Jahre, als hätte sich aller Stein der Sandbastei gegen ihn gekehrt. Er stierte fast blicklos vor sich hin und schlurfte auf Linden zu, schleppte sich mitsamt seiner ganzen Furcht zu ihr. Mehrmals schluckte er; nur langsam klärte sich sein Blick wieder. »Ich wag's nicht«, sagte er in heiserem Flüstern, das einer inneren Verletzung zu entstammen schien.
Linden wußte darauf nichts zu erwidern. Er sagte die Wahrheit; sprach die ganze Wahrheit seines Lebens aus. Für einen Moment blieb er noch vor ihr stehen, wie um sie mit seiner Furcht zu beschwören. Dann wandte er sich ab, als sei ihm einsichtig geworden, daß sie ihn zurückweisen mußte. Unter ständigem Gestolper in die Zwischenräume der Steinplatten entfernte er sich wie ein gebrochener Mann in den Schatten der Kanzel und verschwand. Die Erste richtete ihren Blick auf Linden. »Das langt.« Linden hatte das Gefühl, am Ende ihrer Kräfte zu sein. »Nichts wie raus hier!«
Mit einer geschickten Bewegung löste die Erste den Helm von ihrem Gürtel und setzte ihn sich auf den Kopf. Dann nahm sie den Schild vom Rücken, schob ihren linken Unterarm in die Schildgurte und schritt in die Richtung zur Treppe. Rire Grist hastete ihr nach, rief überstürzt irgendwelche Äußerungen. Doch Blankehans hielt ihn fest. Ein wohlbemessener Hieb streckte den Caitiffin besinnungslos zu Boden. Keiner der Wächter reagierte. Die Speere mit den Händen aufgestützt, blieben sie, wo sie standen, warteten darauf, daß eine ihnen bekannte Stimme ihnen sagte, was sie tun sollten.
Linden eilte der Ersten hinterdrein; aber sie schonte sich, fing nicht an zu rennen. Die Zeit zum Laufen war noch nicht gekommen. Ihre Sinne waren hellwach und scharf, vermittelten ihr Perzeptionen von kristallklarer Deutlichkeit. Die anderen Gefährten folgten ihr in einer auf Kampf eingestellten Formation. Aber niemand bedrohte sie. Das Rund des Reichtums unter ihnen blieb menschenleer. Weiter reichte Lindens Wahrnehmung nicht. In
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