Der einsame Baum - Covenant 05
ihn. Pechnase besaß weder die Geschmeidigkeit der Ersten noch die Körperkraft des Kapitäns; aber seine Arme waren stämmig wie Äste von Eichen, und er schmetterte im Rücken der Ersten mit seiner Keule einen Bedränger nach dem anderen zu Boden, während sie das Schwert sausen ließ und sich vorwärtskämpfte. Sie nahm die direkte Richtung hinüber zu Kasreyn, als hätte sie es auf sein Herzblut selbst abgesehen Sie war die Erste der Sucher; und er hatte ihre Gefährten manipuliert und einem von ihnen den Tod gebracht, während sie keine Waffe besessen hatte. Ihr Schwert lohte wie ein Blitz zwischen den Lichtkegeln des Sonnenscheins, erst Eisen, dann rot, indem sie ringsum blutigen Tribut forderte.
Die Speere der Wächter waren für einen solchen Nahkampf nicht sonderlich gut geeignet. Kein Soldat konnte den Riesen mit einem gewöhnlichen Schwert etwas anhaben. Die drei Seefahrer trieben eine Bresche durch das Gewimmel der Gegner und auf Kasreyn zu; ihre Stärke und Kühnheit verhalfen ihnen zu ungeahnten Erfolgen. Seeträumer, Ceer auf den Armen, geleitete Covenant und Linden vorwärts. Auf beiden Seiten schienen die Gestalten Brinns und Cails zu verschwimmen, während sie auf ihre Weise kämpften. Sie wirbelten nur so umher und teilten Hiebe nach allen Richtungen aus, wiesen Wachen und Soldaten mit einem Hagel von Schlägen und Tritten ab, säten schnellen Tod. Für eine ganze Weile, in ununterbrochenem Wechsel von unkoordiniertem gegnerischem Ansturm und genau angepaßter Abwehr, bahnten sich die Gefährten einen Weg durch die Vorhalle.
Aber alle Anstrengungen blieben aussichtslos. Die Gefährten waren zahlenmäßig unendlich unterlegen; und fortwährend trafen immer mehr Hustin ein. Als er einem Speerstoß auswich, taumelte Seeträumer gegen Linden. Sie rutschte in einer Blutlache aus und kam zu Fall. Warme Nässe besudelte ihre Kleidung, ihre Arme. Covenant bewegte sich nicht weiter. Seine geistlosen Augen starrten in den Wirrwarr, der ihn umgab; aber er reagierte überhaupt nicht auf den Tumult der Auseinandersetzung, das Schreien der Verwundeten. Linden raffte sich hoch und blickte sich nach Hohl und Findail um; ihre letzte Hoffnung auf Hilfe galt ihnen. Soldaten ließen ihre Schwerter wild auf den Elohim herabfahren, doch die Klingen glitten durch seinen Körper, ohne irgendeine Wirkung zu haben. Plötzlich verschwand er unter ihren vor Staunen aufgerissenen Augen im Fußboden. Hohl stand reglos da, zeigte allen, die auf ihn losgingen, sein sinnentleertes Lächeln. Speerspitzen und Schwertklingen zerfetzten seine Kleidung, aber seine Haut blieb unversehrt. Jeder Schwertstreich, der ihn traf, verwandelte sich in Stiche der Pein für den, der ihn geführt hatte. Er erweckte den Eindruck, es ganz allein mit sämtlichen Hustin aufnehmen zu können, fiele es ihm nur ein, entsprechend aktiv zu werden. Die Haruchai konnten einen Vorstoß gegen Covenant mit knapper Not zurückschlagen. »Hohl!« Linden war außer sich. »Tu was!« Mehr als einmal hatte er ihr das Leben gerettet. Jetzt benötigten sie alle seine Hilfe. Doch der Dämondim-Abkömmling stellte sich taub.
Dann sah Linden den weiten, goldenen Reif, der mit hellem Schimmer durch die Luft gesegelt kam. Blankehans brüllte eine Warnung. Zu spät. Der Reif senkte sich über Covenants Kopf, ehe jemand ernsthaft etwas dagegen unternehmen konnte. Verzweifelt nahm Seeträumer einen Arm von Ceer, versuchte noch, den Reif, der sanftes Leuchten verstrahlte, mit der Hand beiseite zu schlagen. Aber der Reif bestand aus nichts als Dunst und Licht, und Seeträumers Hand durchfuhr ihn, ohne etwas zu bewirken. Als der Reif um Covenant herabsank, gaben seine Knie nach. Ein zweiter Reif befand sich bereits in der Luft. Auch er kam von Kasreyn; und er schwebte auf Seeträumer zu. Plötzlich bemerkte Linden, daß die Wächter und Soldaten zurückgewichen waren, jetzt nur noch einen dichten Kordon um die Gruppe der Gefährten bildeten. In grimmiger Erbitterung stellte die Erste den Kampf ein. Mit Blankehans und Pechnase zog sie sich ebenfalls zurück, um zur Verteidigung der anderen Gefährten bereit zu sein.
Linden stürzte an Covenants Seite, stützte seinen Kopf in ihre Arme, senkte hastig ihre Wahrnehmung in sein Inneres. Ihre blutbeschmutzten Hände schmierten ihm Rot ins T-Shirt. Covenant schlief. Ein leichtes Runzeln furchte seine Stirn wie zum Anzeichen eines Alptraums.
Seeträumer sprang dem goldenen Schimmern des Reifs aus dem Weg. Aber die Hustin waren
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