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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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eine sarkastische Grimasse –, »ich müsse auf euch warten.« Seine Augen schauten sanfter drein, als er die Erste ansah. »Das Warten währte mir allzu lang.«
    Blankehans konnte nicht mehr Ruhe bewahren. Er trat vor, zwang die Erste, ihn anzublicken. »Wir müssen aufs Schiff zurückkehren.« Seine ganze Sorge galt der Dromond. »Laßt uns diesen Hafen fliehen. Es wäre unerträglich, sollte Sternfahrers Schatz einer Schurkerei der Bhrathair zum Opfer werden – während ich an Land weile und tatenlos allem zuschauen muß!«
    »Gewiß«, antwortete die Erste finster. Aber sie besann sich darauf, daß sie den Oberbefehl ausübte. »Doch die Auserwählte hat ihr Werk noch nicht getan. Grimme Blankehans, berichte Pechnase, was sich derweil hier ereignet hat.« Im ersten Moment verzerrte der Kapitän das Gesicht, als wäre die Weisung der Ersten eine grobe Rücksichtslosigkeit. Aber das war keineswegs der Fall: sie gab ihm damit eine Gelegenheit, sich von seiner Beunruhigung abzulenken. Er zog eine düstere Miene, die einer geballten Faust glich; doch er gehorchte. Mit Worten, die an die Bruchstücke des Emblems erinnerten, das der Gaddhi von der Mauer geworfen hatte, erzählte er Pechnase die vorgefallenen Geschehnisse. Linden hörte ihm zu, so wie sie vorher Pechnase gelauscht hatte, fand innere Stütze an ihren neuen Vorsätzen. Seeträumer hob Ceers Bein an, und Linden verrieb Salben auf Schenkel und Knie. Dann schnitt sie das Leinen in Streifen, um daraus einen Verband anzufertigen. Ihre Hände zögerten keine Sekunde lang. Nachdem sie das Bein von der Mitte des Oberschenkels bis zur Wade fest eingewickelt hatte, befestigte sie wieder die Schienen. Dann ließ sie Ceer durch Seeträumer aufsetzen. Die Augen des Haruchai waren vom Schmerz glasig; seine Miene dagegen blieb so unbewegt wie immer. Linden legte ihm auch einen Schulterverband an, um dem gebrochenen Schlüsselbein Halt zu geben. Sobald sie mit der Schulter fertig war, hielt sie Ceer eine bauchige Flasche mit verdünntem Wein an den Mund und nahm sie nicht fort, ehe er einen Großteil der verlorenen Körperflüssigkeit ersetzt hatte. Die ganze Zeit hindurch drangen Blankehans' Worte klar und deutlich an ihre Ohren, als er Hergroms Tod schilderte, bis ihr zuletzt zumute war, als erlebe sie das schreckliche Ende des Haruchai noch einmal, während sie Ceer behandelte. Die schier grenzenlose Unbeugsamkeit oder Tapferkeit der Haruchai machte Linden innerlich überspannt und ihrer Sache sicher. Als der Kapitän verstummte, war sie bereit.
    Pechnase war noch mit dem Versuch beschäftigt, all das zu verkraften, was er erfahren hatte. »Dieser Gaddhi «, sann er leise in abgehackten Sätzen. »Wie du ihn beschrieben hast ... Ist er so arglistiger Machenschaften fähig?«
    Linden stand auf. »Nein«, antwortete sie, obwohl Pechnases Frage nicht ihr gegolten hatte.
    Er sah sie an, um Verständnis bemüht. »Dann ...«
    »Von Anfang an hat Kasreyn dahinter gesteckt.« Linden stieß die Worte heftig hervor. »Er hat alles unter Kontrolle, auch wenn's dem Gaddhi selbst nicht in vollem Umfang klar sein sollte. Er muß Rant Absolain genau gesagt haben, was er tun muß. Um Hergrom umzubringen. Kasreyn will nicht, daß wir darüber Bescheid wissen. Er möchte, daß wir uns statt vor ihm vor Rant Absolain fürchten. Das erste Mal hat er mit Covenant keinen Erfolg gehabt. Nun versucht er, noch eine Chance zu bekommen. Vielleicht hofft er, daß wir ihn bitten, uns gegen den Gaddhi zu schützen.«
    »Wir müssen diese Stätte fliehen!« beharrte Blankehans.
    Linden schaute ihn nicht an. Sie trat zur Ersten. »Ich habe eine bessere Idee. Laßt uns zu Rant Absolain gehen. Wir bitten ihn um die Erlaubnis, abreisen zu dürfen.«
    Die Erste maß Linden mit ehernem Blick. »Wird er uns eine solche Einwilligung erteilen?«
    Linden zuckte mit den Schultern. »Einen Versuch ist's wert.« Sie hatte auch die Möglichkeit in Erwägung gezogen, daß sie die Erlaubnis erhielten.
    Die Erste gab sich einen Ruck und fällte ihre Entscheidung. Pechnases Anwesenheit und die Aussicht des Handelns verhalfen ihr anscheinend zu ihrem alten Ich zurück. Sie stapfte in den Korridor und wandte sich an die Wächter, die in Rufweite standen. »Holt Caitiffin Rire Grist! Wir haben mit ihm zu reden.«
    Linden vermochte ihre überreizten Nerven nicht zu beruhigen. Die von Cail ihrem Oberarm beigebrachten Blutergüsse pochten wie eine unabweisbare Forderung. Als Linden den Blick der Ersten von neuem

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