Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)
so. Ich bestellte ein Kännchen Kaffee dazu, was diesmal ohne Einwände hingenommen wurde. Während ich aß, füllte sich der Raum vor der Theke mit Männern. Alles Freunde des Graubärtigen. Sie unterhielten sich flüsternd und schickten misstrauische Blicke zu mir herüber. Anscheinend war es hier nicht üblich morgens feste Nahrung zu sich zu nehmen. Hier wurde der Tag mit dem begonnen, mit dem die Nacht geendet hatte und das war flüssig und hochprozentig.
Während ich frühstückte, hatte die Sonne mein Zelt getrocknet. Ich packte, belud mein Stahlross und machte mich auf den Weg.
Als Etappenziel war Rödinghausen hinter dem Wiehengebirge am Ende des Nördlichen Teutoburger Waldes vorgesehen. Dort sollte es eine Jugendherberge geben. Den nächsten Campingplatz erwartete mein Routenplan erst nach ca. 186 km. Das war entschieden zu weit für einen Hobbyradler ohne Ehrgeiz.
Zunächst ging es parallel zum See nach Lemförde. Es wurde leicht diesig. Die Sonne brannte nicht mehr völlig unverschleiert herab. Von Lemförde aus musste ich nach Westen in Richtung Brokum, von dort weiter, fast bis Oppenwehe und dann vorwiegend nach Süden, über Oppenwehe nach Niedermehnen. Damit war ich den Stemweder Berg ausgewichen.
Es war ein angenehmes Fahren auf den sonntäglichen beinahe autofreien Landstraßen. Irgendwie fand ich den Weg nach Getmold und von da auf dem Radweg neben einer übermannshohen Hecke unter dem jetzt mit dunklen Wolken bedeckten Himmel nach Preussisch Oldendorf. Das Dorf machte einen sehr kompakten und aufgeräumten Eindruck auf mich. Möglicherweise lag das auch am Namen. Von da an ging`s bergauf bis Rödinghausen. Als ich nach mehreren Anläufen den Ortskern erreicht hatte, sah ich, dass es sich um einen sehr gepflegten Kurort mit einem eleganten Touristen-Zentrum handelte. Das Touristen-Zentrum hatte geschlossen. Also Mittagspause, nahm ich an. Das war auch ohne Bedeutung, denn es gab einen Wegweiser mit einem hübsch gemalten Hinweisschild zur Jugendherberge.
Die schmale Straße führte steil bergan. Ich musste schieben. Aus einem schwarzen Daimler stieg ein älteres, sonntäglich gekleidetes Paar. Ich wurde stirnrunzelnd gemustert. Ich hatte den Eindruck, der Mann im hellen, grauen Anzug wolle etwas zu mir sagen. Er ließ es dann aber nach kurzem Zögern, hakte seine Begleiterin unter und schob mit ihr davon. Die Wolken hatten sich wieder gelichtet. Die Sonne zeigte ihre Kraft. Ich schwitzte. 1,5 km können einem ganz schön lang werden.
Endlich stand ich vor der Jugendherberge. Ein relativ großer aufgeräumt wirkender Gebäudekomplex. Sogar die Geräusche hatte man weggeräumt. Es herrschte Totenstille. Niemand war zu sehen. Hinter dem Haupteingang gespenstisches Dunkel. Keine Klingel. Ich ging zum Nebeneingang. Nichts. Hinter einem Fenster lange Tische. Darauf Stühle mit den Lehnen nach unten. Kein Mensch ließ sich sehen. Nichts rührte sich.
Ich schaute auf die Uhr. Es war kurz nach 15.00 Uhr. Ich wollte noch etwas warten. Vielleicht kam gleich jemand. Es musste doch einen Hausmeister geben. Im Stillen aber kam ich zu der Überzeugung, dass es wohl nichts werden würde mit dieser Übernachtungsmöglichkeit. Warum hatte ich Idiot mir bloß den Jugendherbergsausweis besorgt. Das hat man nun davon, wenn man auf andere Leute hört.
Ich musste umdenken. Eine einfache Lösung fiel mir ein. Im Touristen-Zentrum konnte man mir sicher ein bezahlbares Zimmer vermitteln. Ich stieg also aufs Rad und bremste mich die Straße hinunter.
Auf dem Parkplatz vor dem Gebäude standen jetzt ein paar Wagen. Das stimmte mich fröhlich. Ich schloss mein Rad an einem Baum an und ging zum Eingang. Über einem Schalter stand Zimmervermittlung. Ich konnte es deutlich sehen. Also Tür aufstoßen und rein. Denkste. Die Tür blieb zu. Am Sonntag in der Vorsaison wurden hier keine Gäste empfangen.
Die wollten mich einfach nicht. Ein Blick auf meinen Routenplan sagte mir, dass mein heimischer Computer als nächsten größeren Ort Bünde vorgesehen hatte. Der Fernradweg R 47 sollte dorthin führen. Ich fragte eine Gruppe von etwa Dreißigjährigen, die gerade gutgelaunt aus einer Gaststätte heraus strömten. Einer von ihnen meinte: »Das muss ja wohl der Wellnessweg sein.«
Das glaubte ich nicht. Dieser Wellnessweg, was immer das sein sollte, führte garantiert nicht nach Bünde. Also zurück zur Landstraße. Bünde lag südöstlich von Rödinghausen. Das half mir weiter.
Kurz vor Bünde gab es dann wieder ein
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