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Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Hill
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Unheimlich war es trotzdem, dass alles so normal seinen Gang ging. In ein paar Stunden würden die Linien wieder den Betrieb aufnehmen, die Menschen sich auf dem Bahnsteig drängen, und von der jungen Frau blieben nur einzelne Stücke, verwahrt in schwarzen Plastiksäcken.
    »Wir haben die Handtasche gefunden, Inspektor«, sagte Fort. »Die Frau hieß Sara Mahler.«
    »Ausländerin?«
    »Laut Pass geboren in Österreich. Aber sie lebte hier, keine Touristin. In ihrer Brieftasche ist auch eine dieser Firmenchipkarten. Sie arbeitete bei einem Kosmetikhersteller. ›Alemany Kosmetik‹«, las er.
    »Jemand muss die Familie benachrichtigen, aber das hat Zeit. Geh zum Kommissariat, füll den Bericht aus und fang an, die Angehörigen ausfindig zu machen. Und ruf sie erst am Morgen an. Lassen wir sie noch die Nacht schlafen.«
    Héctor war erschöpft. Vor lauter Müdigkeit wurden ihm die Lider schwer, und ihm war nicht einmal danach zumute, Fort zurechtzustauchen, weil er ihn hatte kommen lassen. Er wollte nach Hause, sich ins Bett legen, ohne Albträume schlafen. Er würde dieses verdammte Schlafmittel ausprobieren.
    »Ich möchte Ihnen noch etwas zeigen, Inspektor.«
    »Nur zu. Du hast fünf Minuten.« Und ihm fiel ein, dass er in wenigen Stunden mit seinem Sohn verreiste, die Schlaftabletten mussten also warten. »Nicht eine Minute länger.«
    Héctor ließ sich auf die Bank fallen und nahm eine Zigarette.
    »Sag bloß keinem, dass ich hier geraucht habe, oder ich falte dich zusammen.«
    Fort antwortete nicht. Er hielt seinem Vorgesetzten nur das Smartphone hin und sagte:
    »Das ist die einzige Nachricht, die drauf ist. Merkwürdig, das Telefonbuch ist leer, und kein einziger Anruf. Das heißt, das hatte sie auf dem Bahnsteig gerade gelesen, bevor …«
    »Zeig her.«
    Héctor schaute auf das Display. Die Nachricht bestand nur aus drei Wörtern, in Großbuchstaben, mit einem Foto im Anhang.
    VERGISS DAS NICHT
    Als er das Foto öffnete, begriff Salgado, warum Fort ihn gerufen hatte und warum dieser Junge aus der Dominikanischen Republik seinen Bruder an den Ohren gepackt und hergeschleift hatte, damit er das verdammte Ding ablieferte.
    Zuerst dachte er, es seien in einem Baum verhedderte Drachen. Doch nachdem er das Bild vergrößert hatte und die Details erkennen konnte, sah er, dass es etwas anderes war. Ein Baum war es, das schon, mit dicken, kräftigen Ästen. Aber was da hing, diese an Stricke geknüpfte Gestalten, waren Tiere. Die steifen Körper von drei erhängten Hunden.

LEIRE

3
    Neues Jahr, neues Leben … Wenn auch fürs Erste dem alten ziemlich ähnlich, dachte Leire, während sie sich von der Seite im Spiegel ansah. Der gehörte zu den neuen trügerischen Requisiten ihres gegenwärtigen Daseins. Die Leute vom Laden hatten ihn hochgebracht, und sofort hatte sie sich gewünscht, dass er den Eingangsbereich der Wohnung schmückte, in die sie vor kurzem gezogen war und die sie noch nicht als ihr Zuhause bezeichnen konnte. Dummerweise sah sie in dem Spiegel weiterhin aus wie ein Ballon.
    Aber sie hatte großes Glück gehabt. Alle sagten es, so dass sie schließlich den Mund gehalten und eingeschlagen hatte. Diese Wohnung mit hohen Decken, fast ohne Flur, mit zwei großen Zimmern und Morgensonne war ohne Zweifel die beste von allen, die sie besichtigt hatte, und auch wenn die Preise in letzter Zeit gesunken waren, war die Miete genau das, was sie sich mit ihrem Gehalt noch leisten konnte. »Blick auf die Sagrada Familia« hatte es in der Anzeige geheißen, und genau genommen war es nicht gelogen. Zu sehen war sie schon, von der Fenstertür aus und von dem winzigen Balkon davor. Aber wer wollte schon den ganzen Tag auf diese Kirchturmspitzen schauen, die zwischen den Häusern hervorstachen, so schön sie auch sein mochten. Leider hatten weder die Anzeige noch die Dame von der Maklerfirma gesagt, dass die Rohre in der Wand hundert Jahre alt waren und dauernd verstopften; dass die Fliesen im Badezimmer, von einem Quietschorange, das die Dame mit einem »die fröhlichen Siebziger« feierte, wegen der Feuchtigkeit zum Klippensprung neigten und dass die Heizkörper eher futuristische Schmuckstücke waren und so viel Wärme abstrahlten wie eine chinesische Vase. Wie es aussah, musste man sich mit Feuchtigkeit, Kälte und einem Teich im Waschbecken abfinden, wo es manchmal blubberte, als käme gleich ein Alien aus dem Abfluss. Dafür durfte man auf den Balkon hinaustreten und die Sagrada Familia bewundern. Für Japaner

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