Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
daß kaum Einer unter Euch so handeln möchte, und daß dieser Eine eben ein Tor wäre, so fragt Euch doch: warum sollen die Reichen Haar lassen und sich aufgeben, während den Armen dieselbe Handlung viel nützlicher wäre? Du, der Du täglich deinen Taler hast, bist reich vor Tausenden, die von vier Groschen leben. Liegt es in deinem Interesse, mit den Tausenden zu teilen, oder liegt es nicht vielmehr in dem ihrigen? – –
Mit der Konkurrenz ist weniger die Absicht verbunden, die Sache am besten zu machen, als die andere, sie möglichst einträglich , ergiebig zu machen. Man studiert daher auf ein Amt los (Brotstudium), studiert Katzenbuckel und Schmeicheleien, Routine und »Geschäftskenntnis«, man arbeitet »auf den Schein.« Während es daher scheinbar um eine »gute Leistung« zu tun ist, wird in Wahrheit nur auf ein »gutes Geschäft« und Geldverdienst gesehen. Man verrichtet die Sache nur vorgeblich um der Sache willen, in der Tat aber wegen des Gewinnes, den sie abwirft. Man möchte zwar nicht gerne Zensor sein, aber man will – befördert werden; man möchte nach bester Überzeugung richten, administrieren usw., aber man fürchtet Versetzung oder gar Absetzung: man muß ja doch vor allen Dingen – leben.
So ist dies Treiben ein Kampf ums liebe Leben , und in stufenweiser Steigerung um mehr oder weniger »Wohlleben«.
Und dabei trägt doch den Meisten all ihr Mühen und Sorgen nichts als das »bittere Leben« und »bittere Armut« ein. Dafür all der bittere Ernst!
Das rastlose Werben läßt Uns nicht zu Atem, zu einem ruhigen Genusse kommen: Wir werden unsers Besitzes nicht froh.
Die Organisation der Arbeit aber betrifft nur solche Arbeiten, welche Andere für Uns machen können, z. B. Schlachten, Ackern usw.; die übrigen bleiben egoistisch, weil z. B. Niemand an deiner Statt deine musikalischen Kompositionen anfertigen, deine Malerentwürfe ausführen usw. kann: Raphaels Arbeiten kann Niemand ersetzen. Die letzteren sind Arbeiten eines Einzigen, die nur dieser Einzige zu vollbringen vermag, während jene »menschliche« genannt zu werden verdienten, da das Eigene daran von geringem Belang ist, und so ziemlich »jeder Mensch« dazu abgerichtet werden kann.
Da nun die Gesellschaft nur die gemeinnützigen oder menschlichen Arbeiten berücksichtigen kann, so bleibt, wer Einziges leistet, ohne ihre Fürsorge, ja er kann sich durch ihre Dazwischenkunft gestört finden. Der Einzige wird sich wohl aus der Gesellschaft hervorarbeiten, aber die Gesellschaft bringt keinen Einzigen hervor.
Es ist daher immer fördersam, daß Wir Uns über die menschlichen Arbeiten einigen, damit sie nicht, wie unter der Konkurrenz, alle unsere Zeit und Mühe in Anspruch nehmen. Insoweit wird der Kommunismus seine Früchte tragen. Selbst dasjenige nämlich, wozu alle Menschen befähigt sind oder befähigt werden können, wurde vor der Herrschaft des Bürgertums an Wenige geknüpft und den Übrigen entzogen: es war ein Privilegium. Dem Bürgertum dünkte es gerecht, freizugeben Alles, was für jeden »Menschen« dazusein schien. Aber, weil freigegeben, war es doch Keinem gegeben, sondern vielmehr Jedem überlassen, es durch seine menschlichen Kräfte zu erhaschen. Dadurch ward der Sinn auf den Erwerb des Menschlichen, das fortan Jedem winkte, gewendet, und es entstand eine Richtung, welche man unter dem Namen des »Materialismus« so laut beklagen hört.
Ihrem Laufe sucht der Kommunismus Einhalt zu tun, indem er den Glauben verbreitet, daß das Menschliche so vieler Plage nicht wert sei und bei einer gescheiten Einrichtung ohne den großen Aufwand von Zeit und Kräften, wie es seither erforderlich schien, gewonnen werden könne.
Für wen soll aber Zeit gewonnen werden? Wozu braucht der Mensch mehr Zeit, als nötig ist, seine abgespannten Arbeitskräfte zu erfrischen? Hier schweigt der Kommunismus.
Wozu? Um seiner als des Einzigen froh zu werden, nachdem er als Mensch das Seinige getan hat!
In der ersten Freude darüber, nach allem Menschlichen die Hand ausstrecken zu dürfen, vergaß man, noch sonst etwas zu wollen, und konkurrierte frisch drauf los, als wäre der Besitz des Menschlichen das Ziel aller unserer Wünsche.
Man hat sich aber müde gerannt und merkt nachgerade, daß »der Besitz nicht glücklich macht«. Darum denkt man darauf, das Nötige leichteren Kaufes zu erhalten und nur so viel Zeit und Mühe darauf zu verwenden, als seine Unentbehrlichkeit erheischt. Der Reichtum sinkt im Preise und die zufriedene
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