Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
Vom Netzwerk:
daran, den heiligen Geist Uns zu unterwerfen, und manches Stück Heiligkeit haben Wir allgemach losgerissen und unter die Füße getreten; aber der riesige Gegner erhebt sich immer von Neuem unter veränderter Gestalt und Namen. Der Geist ist noch nicht entgöttert, entheiligt, entweiht. Zwar flattert er längst nicht mehr als eine Taube über unsern Häuptern, zwar beglückt er nicht allein mehr seine Heiligen, sondern läßt sich auch von den Laien fangen usw., aber als Geist der Menschheit, als Menschengeist, d. h. Geist des Menschen, bleibt er Mir, Dir, immer noch ein fremder Geist, noch fern davon, Unser unbeschränktes Eigentum zu werden, mit welchem Wir schalten und walten nach Unserm Wohlgefallen. Indes Eines geschah gewiß und leitete sichtlich den Hergang der nachchristlichen Geschichte: dies Eine war das Streben, den heiligen Geist menschlicher zu machen, und ihn den Menschen oder die Menschen ihm zu nähern. Dadurch kam es, daß er zuletzt als der »Geist der Menschheit« gefaßt werden konnte und unter verschiedenen Ausdrücken, wie »Idee der Menschheit, Menschentum, Humanität, allgemeine Menschenliebe« usw. ansprechender, vertrauter und zugänglicher erschien.
    Sollte man nicht meinen, jetzt könnte Jeder den heiligen Geist besitzen, die Idee der Menschheit in sich aufnehmen, das Menschentum in sich zur Gestalt und Existenz bringen?
    Nein, der Geist ist nicht seiner Heiligkeit entkleidet und seiner Unnahbarkeit beraubt, ist Uns nicht erreichbar, nicht Unser Eigentum; denn der Geist der Menschheit ist nicht Mein Geist. Mein Ideal kann er sein, und als Gedanken nenne Ich ihn Mein: der Gedanke der Menschheit ist Mein Eigentum, und ich beweise dies zur Genüge dadurch, daß Ich ihn ganz nach Meinem Sinne aufstelle und heute so, morgen anders gestalte: Wir stellen ihn Uns auf die mannigfaltigste Weise vor. Aber er ist zugleich ein Fideikommiß, das Ich nicht veräußern noch loswerden kann.
    Unter mancherlei Wandlungen wurde aus dem heiligen Geiste mit der Zeit die » absolute Idee «, welche wieder in mannigfaltigen Brechungen zu den verschiedenen Ideen der Menschenliebe, Vernünftigkeit, Bürgertugend usw. auseinander schlug.
    Kann Ich die Idee aber mein Eigentum nennen, wenn sie Idee der Menschheit ist, und kann Ich den Geist für überwunden halten, wenn Ich ihm dienen, ihm »Mich opfern« soll? Das endende Altertum hatte an der Welt erst dann sein Eigentum gewonnen, als es ihre Übermacht und »Göttlichkeit« gebrochen, ihre Ohnmacht und »Eitelkeit« erkannt hatte.
    Entsprechend verhält es sich mit dem Geiste. Wenn Ich ihn zu einem Spuk und seine Gewalt über Mich zu einem Sparren herabgesetzt habe, dann ist er für entweiht, entheiligt, entgöttert anzusehen, und dann gebrauche Ich ihn, wie man die Natur unbedenklich nach Gefallen gebraucht.
    Die »Natur der Sache«, der »Begriff des Verhältnisses« soll Mich in Behandlung derselben oder Schließung desselben leiten. Als ob ein Begriff der Sache für sich existierte und nicht vielmehr der Begriff wäre, welchen man sich von der Sache macht! Als ob ein Verhältnis, welches Wir eingehen, nicht durch die Einzigkeit der Eingehenden selbst einzig wäre! Als ob es davon abhinge, wie Andere es rubrizieren! Wie man aber das »Wesen des Menschen« vom wirklichen Menschen trennte und diesen nach jenem beurteilte, so trennt man auch seine Handlung von ihm und veranschlagt sie nach dem »menschlichen Werte«. Begriffe sollen überall entscheiden, Begriffe das Leben regeln, Begriffe herrschen . Das ist die religiöse Welt, welcher Hegel einen systematischen Ausdruck gab, indem er Methode in den Unsinn brachte und die Begriffssatzungen zur runden, festgegründeten Dogmatik vollendete. Nach Begriffen wird Alles abgeleiert, und der wirkliche Mensch, d. h. Ich werde nach diesen Begriffsgesetzen zu leben gezwungen. Kann es eine ärgere Gesetzesherrschaft geben, und hat nicht das Christentum gleich im Beginne zugestanden, daß es die Gesetzesherrschaft des Judentums nur schärfer anziehen wolle? (»Nicht ein Buchstabe des Gesetzes soll verloren gehen!«)
    Durch den Liberalismus wurden nur andere Begriffe aufs Tapet gebracht, nämlich statt der göttlichen menschliche, statt der kirchlichen staatliche, statt der gläubigen »wissenschaftliche« oder allgemeiner statt der »rohen Sätze« und Satzungen wirkliche Begriffe und ewige Gesetze.
    Jetzt herrscht in der Welt nichts als der Geist . Eine unzählige Menge von Begriffen schwirren in den Köpfen umher, und was

Weitere Kostenlose Bücher