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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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ist, ein heiliges Verhältnis. Ebenso der Staat usw. Früher gab der Papst ihm und seinen Fürsten die Weihe und seinen Segen; jetzt ist der Staat von Haus aus heilig, die Majestät ist es, ohne des Priestersegens zu bedürfen. Überhaupt wurde die Ordnung der Natur oder das Naturrecht als »Gottesordnung« geheiligt. Daher heißt es z. B. in der Augsburgischen Konfession Art. 11: »So bleiben wir nun billig bei dem Spruch, wie die Jurisconsulti weislich und recht gesagt haben: daß Mann und Weib beieinander sein, ist natürlich Recht. Ist's nun natürlich Recht , so ist es Gottes Ordnung , also in der Natur gepflanzt und also auch göttlich Recht.« Und ist es etwa mehr als aufgeklärter Protestantismus, wenn Feuerbach die sittlichen Verhältnisse zwar nicht als Gottes Ordnung, dafür aber um des ihnen inwohnenden Geistes willen heilig spricht? »Aber die Ehe – natürlich als freier Bund der Liebe – ist durch sich selbst , durch die Natur der Verbindung, die hier geschlossen wird, heilig . Nur die Ehe ist eine religiöse , die eine wahre ist, die dem Wesen der Ehe, der Liebe entspricht. Und so ist es mit allen sittlichen Verhältnissen. Sie sind da nur moralische , sie werden nur da mit sittlichem Sinne gepflogen, wo sie durch sich selbst als religiöse gelten. Wahrhafte Freundschaft ist nur da, wo die Grenzen der Freundschaft mit religiöser Gewissenhaftigkeit bewahrt werden, mit derselben Gewissenhaftigkeit, mit welcher der Gläubige die Dignität seines Gottes wahrt. Heilig ist und sei Dir die Freundschaft, heilig das Eigentum, heilig die Ehe, heilig das Wohl jedes Menschen, aber heilig an und für sich selbst.«
    Das ist ein sehr wesentliches Moment. Im Katholizismus kann das Weltliche zwar geweiht werden oder geheiligt , ist aber nicht ohne diesen priesterlichen Segen heilig; dagegen im Protestantismus sind weltliche Verhältnisse durch sich selbst heilig, heilig durch ihre bloße Existenz. Mit der Weihe, durch welche Heiligkeit verliehen wird, hängt genau die jesuitische Maxime zusammen: »Der Zweck heiligt die Mittel.« Kein Mittel ist für sich heilig oder unheilig, sondern seine Beziehung zur Kirche, sein Nutzen für die Kirche, heiligt das Mittel. Königsmord wurde als ein solches angegeben; ward er zum Frommen der Kirche vollführt, so konnte er ihrer, wenn auch nicht offen ausgesprochenen Heiligung gewiß sein. Dem Protestanten gilt die Majestät für heilig, dem Katholiken könnte nur die durch den Oberpriester geweihte dafür gelten, und gilt ihm auch nur deshalb dafür, weil der Papst diese Heiligkeit ihr, wenn auch ohne besonderen Akt, ein für allemal erteilt. Zöge er seine Weihe zurück, so bliebe der König dem Katholiken nur ein »Weltmensch oder Laie«, ein »Ungeweihter«.
    Sucht der Protestant im Sinnlichen selbst eine Heiligkeit zu entdecken, um dann nur an Heiligem zu hängen, so strebt der Katholik vielmehr, das Sinnliche von sich weg in ein besonderes Gebiet zu verweisen, wo es wie die übrige Natur seinen Wert für sich behält. Die katholische Kirche schied aus ihrem geweihten Stande die weltliche Ehe aus und entzog die Ihrigen der weltlichen Familie; die protestantische erklärte die Ehe und das Familienband für heilig und darum nicht unpassend für ihre Geistlichen.
    Ein Jesuit darf als guter Katholik alles heiligen. Er braucht sich z. B. nur zu sagen: Ich als Priester bin der Kirche notwendig, diene ihr aber eifriger, wenn Ich meine Begierden gehörig stille; folglich will Ich dies Mädchen verführen, meinen Feind dort vergiften lassen usw.; Mein Zweck ist heilig, weil der eines Priesters, folglich heiligt er das Mittel. Es geschieht ja am letzten Ende doch zum Nutzen der Kirche. Warum sollte der katholische Priester sich scheuen, dem Kaiser Heinrich VII. die vergiftete Hostie zu reichen zum – Heil der Kirche?
    Die echt – kirchlichen Protestanten eiferten gegen jedes »unschuldige Vergnügen«, weil unschuldig nur das Heilige, das Geistige sein konnte. Worin sie nicht den heiligen Geist nachweisen konnten, das mußten die Protestanten verwerfen: Tanz, Theater, Prunk (z. B. in der Kirche) u. dergl.
    Gegen diesen puritanischen Calvinismus ist wieder das Luthertum mehr auf dem religiösen, d. h. geistigen Wege, ist radikaler. Jener nämlich schließt flugs eine Menge Dinge als sinnlich und weltlich aus und purifiziert die Kirche; das Luthertum hingegen sucht womöglich in alle Dinge Geist zu bringen, den heiligen Geist in Allem als Wesen zu erkennen, und so alles Weltliche zu

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