Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
es blieben das begünstigende Glück und die »vom Glück Begünstigten« übrig.
Wenn z. B. ein Gewerbszweig zu Grunde geht und Tausende von Arbeitern brotlos werden, so denkt man billig genug, um zu bekennen, daß nicht der Einzelne die Schuld trägt, sondern »das Übel in den Verhältnissen liegt«.
Ändern Wir denn die Verhältnisse, aber ändern Wir sie durchgreifend und so, daß ihre Zufälligkeit ohnmächtig wird und ein Gesetz ! Seien Wir nicht länger Sklaven des Zufalls! Schaffen Wir eine neue Ordnung, die den Schwankungen ein Ende macht. Diese Ordnung sei dann heilig!
Früher mußte man es den Herren recht machen, um zu etwas zu kommen; nach der Revolution hieß es: Hasche das Glück ! Glücksjagd oder Hazardspiel, darin ging das bürgerliche Leben auf. Daneben dann die Forderung, daß, wer etwas erlangt hat, dies nicht leichtsinnig wieder aufs Spiel setze.
Seltsamer und doch höchst natürlicher Widerspruch. Die Konkurrenz, in der allein das bürgerliche oder politische Leben sich abwickelt, ist durch und durch ein Glücksspiel, von den Börsenspekulationen herab bis zur Ämterbewerbung, der Kundenjagd, dem Arbeitsuchen, dem Trachten nach Beförderung und Orden, dem Trödel des Schacherjuden usw. Gelingt es, die Mitbewerber auszustechen und zu überbieten, so ist der »glückliche Wurf« getan; denn für ein Glück muß es schon genommen werden, daß der Sieger mit einer, wenn auch durch den sorgsamsten Fleiß ausgebildeten Begabtheit sich ausgestattet sieht, gegen welche die Andern nicht aufzukommen wissen, also daß sich – keine Begabteren finden. Und die nun mitten in diesem Glückswechsel ihr tägliches Wesen treiben, ohne ein Arg dabei zu haben, geraten in die sittlichste Entrüstung, wenn ihr eigenes Prinzip in nackter Form auftritt und als – Hazardspiel »Unglück anrichtet«. Das Hazardspiel ist ja eine zu deutliche, zu unverhüllte Konkurrenz und verletzt wie jede entschiedene Nacktheit das ehrsame Schamgefühl.
Diesem Treiben des Ungefährs wollen die Sozialen Einhalt tun und eine Gesellschaft bilden, in welcher die Menschen nicht länger vom Glücke abhängig, sondern frei sind.
Auf die natürlichste Weise äußerst sich dies Streben zuerst als Haß der »Unglücklichen« gegen die »Glücklichen«, d. h. derer, für welche das Glück wenig oder nichts getan hat, gegen diejenigen, für die es Alles getan hat.
Eigentlich gilt der Unmut aber nicht den Glücklichen, sondern dem Glücke , diesem faulen Fleck des Bürgertums.
Da die Kommunisten erst die freie Tätigkeit für das Wesen des Menschen erklären, bedürfen sie, wie alle werkeltägige Gesinnung, eines Sonntags, wie alles materielle Streben, eines Gottes, einer Erhebung und Erbauung neben ihrer geistlosen »Arbeit«.
Daß der Kommunist in Dir den Menschen, den Bruder erblickt, das ist nur die sonntägliche Seite des Kommunismus. Nach der werkeltägigen nimmt er Dich keineswegs als Menschen schlechthin, sondern als menschlichen Arbeiter oder arbeitenden Menschen. Das liberale Prinzip steckt in der ersteren Anschauung, in die zweite verbirgt sich die Illiberalität. Wärest Du ein »Faulenzer«, so würde er zwar den Menschen in Dir nicht verkennen, aber als einen »faulen Menschen« ihn von der Faulheit zu reinigen und Dich zu dem Glauben zu bekehren streben, daß das Arbeiten des Menschen »Bestimmung und Beruf« sei.
Darum zeigt er ein doppeltes Gesicht: mit dem einen hat er darauf Acht, daß der geistige Mensch befriedigt werde, mit dem andern schaut er sich nach Mitteln für den materiellen oder leiblichen um. Er gibt dem Menschen eine zwiefache Anstellung , ein Amt des materiellen Erwerbs und eines des geistigen.
Das Bürgertum hatte geistige und materielle Güter frei hingestellt und Jedem anheim gegeben, danach zu langen, wenn ihn gelüste.
Der Kommunismus verschafft sie wirklich Jedem, dringt sie ihm auf und zwingt ihn, sie zu erwerben. Er macht Ernst damit, daß Wir, weil nur geistige und materielle Güter Uns zu Menschen machen, diese Güter ohne Widerrede erwerben müssen, um Mensch zu sein. Das Bürgertum machte den Erwerb frei, der Kommunismus zwingt zum Erwerb, und erkennt nur den Erwerbenden an, den Gewerbtreibenden. Es ist nicht genug, daß das Gewerbe frei ist, sondern Du mußt es ergreifen .
So bleibt der Kritik nur übrig zu beweisen, der Erwerb dieser Güter mache Uns noch keineswegs zu Menschen.
Mit dem liberalen Gebote, daß Jeder aus sich einen Menschen oder Jeder sich zum Menschen machen soll, war
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