Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
werden.
Genug, seine Arbeit hat keinen befriedigenden Gehalt, weil sie nur von der Gesellschaft aufgetragen, nur ein Pensum, eine Aufgabe, ein Beruf ist, und umgekehrt, seine Gesellschaft befriedigt nicht, weil sie nur zu arbeiten gibt.
Die Arbeit müßte ihn als Menschen befriedigen: statt dessen befriedigt sie die Gesellschaft; die Gesellschaft müßte ihn als Menschen behandeln, und sie behandelt ihn als – lumpigen Arbeiter oder arbeitenden Lump.
Arbeit und Gesellschaft sind ihm nur nütze, nicht wie er als Mensch, sondern wie er als »Egoist« ihrer bedarf.
So die Kritik gegen das Arbeitertum. Sie weist auf den »Geist« hin, führt den Kampf des »Geistes mit der Masse« und erklärt die kommunistische Arbeit für geistlose Massenarbeit. Arbeitsscheu, wie sie ist, liebt es die Masse, sich die Arbeit leicht zu machen. In der Literatur, die heute massenweise geliefert wird, erzeugt jene Arbeitsscheu die allbekannte Oberflächlichkeit , welche »die Mühe der Forschung« von sich weist.
Darum sagt der humane Liberalismus: Ihr wollt die Arbeit; wohlan, Wir wollen sie gleichfalls, aber Wir wollen sie in vollstem Maße. Wir wollen sie nicht, um Muße zu gewinnen, sondern um in ihr selber alle Genugtuung zu finden. Wir wollen die Arbeit, weil sie unsere Selbstentwicklung ist.
Aber die Arbeit muß dann auch darnach sein! Es ehrt den Menschen nur die menschliche, die selbstbewußte Arbeit, nur die Arbeit, welche keine »egoistische« Absicht, sondern den Menschen zum Zwecke hat, und die Selbstoffenbarung des Menschen ist, so daß es heißen muß: laboro, ergo sum, Ich arbeite, d. h. Ich bin Mensch. Der Humane will die alle Materie verarbeitende Arbeit des Geistes , den Geist, der kein Ding in Ruhe oder in seinem Bestande läßt, der sich bei nichts beruhigt, alles auflöst, jedes gewonnene Resultat von neuem kritisiert. Dieser ruhelose Geist ist der wahre Arbeiter, er vertilgt die Vorurteile, zerschmettert die Schranken und Beschränktheiten, und erhebt den Menschen über Alles, was ihn beherrschen möchte, indes der Kommunist nur für sich, und nicht einmal frei, sondern aus Not arbeitet, kurz einen Zwangsarbeiter vorstellt.
Der Arbeiter solchen Schlages ist nicht »egoistisch«, weil er nicht für Einzelne, weder für sich noch für andere Einzelne, also nicht für private Menschen arbeitet, sondern für die Menschheit und den Fortschritt derselben: er lindert nicht einzelne Schmerzen, sorgt nicht für einzelne Bedürfnisse, sondern hebt Schranken hinweg, in denen die Menschheit eingepreßt ist, zerstreut Vorurteile, die eine ganze Zeit beherrschen, überwindet Hemmnisse, die Allen den Weg verlegen, beseitigt Irrtümer, in denen sich die Menschen verfangen, entdeckt Wahrheiten, welche für Alle und alle Zeit durch ihn gefunden werden, kurz – er lebt und arbeitet für die Menschheit.
Für's Erste nun weiß der Entdecker einer großen Wahrheit wohl, daß sie den andern Menschen nützlich sein könne, und da ihm ein neidisches Vorenthalten keinen Genuß verschafft, so teilt er sie mit; aber wenn er auch das Bewußtsein hat, daß seine Mitteilung für die Andern höchst wertvoll sei, so hat er doch seine Wahrheit keinesfalls um der Andern willen gesucht und gefunden, sondern um seinetwillen, weil ihn selbst danach verlangte, weil ihm das Dunkel und der Wahn keine Ruhe ließ, bis er nach seinen besten Kräften sich Licht und Aufklärung verschafft hatte.
Er arbeitete also um seinetwillen und zur Befriedigung seines Bedürfnisses. Daß er damit auch Andern, ja der Nachwelt nützlich war, nimmt seiner Arbeit den egoistischen Charakter nicht.
Fürs Andere, wenn doch auch er nur seinetwegen arbeitete, warum wäre seine Tat menschlich, die der Andern unmenschlich, d. h. egoistisch? Etwa darum, weil dieses Buch, Gemälde, Symphonie usw. die Arbeit seines ganzen Wesens ist, weil er sein Bestes dabei getan, sich ganz hin[ein]gelegt hat und ganz daraus zu erkennen ist, während das Werk eines Handwerkers nur den Handwerker, d. h. die Handwerksfertigkeit, nicht »den Menschen« abspiegelt? In seinen Dichtungen haben Wir den ganzen Schiller, in so und so viel hundert Öfen haben Wir dagegen nur den Ofensetzer vor Uns, nicht »den Menschen«.
Heißt dies aber mehr als: in dem einen Werke seht Ihr Mich möglichst vollständig, in dem andern nur meine Fertigkeit? Bin Ich es nicht wiederum, den die Tat ausdrückt? Und ist es nicht egoistischer, sich der Welt in einem Werke darzubieten, sich auszuarbeiten und zu gestalten,
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