Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
als hinter seiner Arbeit versteckt zu bleiben? Du sagst freilich, Du offenbarest den Menschen. Allein der Mensch, den Du offenbarst, bist Du; Du offenbarst nur Dich, jedoch mit dem Unterschiede vom Handwerker, daß dieser sich nicht in Eine Arbeit zusammenzupressen versteht, sondern, um als er selbst erkannt zu werden, in seinen sonstigen Lebensbeziehungen aufgesucht werden muß, und daß dein Bedürfnis, durch dessen Befriedigung jenes Werk zu Stande kam, ein – theoretisches war.
Aber Du wirst erwidern, daß Du einen ganz andern, einen würdigern, höheren, größeren Menschen offenbarest, einen Menschen, der mehr Mensch sei, als jener Andere. Ich will annehmen, daß Du das Menschenmögliche vollführest, daß Du zu Stande bringest, was keinem Andern gelingt. Worin besteht denn Deine Größe? Gerade darin, daß Du mehr bist als andere Menschen (die »Masse«), mehr bist, als Menschen gewöhnlich sind, mehr als »gewöhnliche Menschen«, gerade in deiner Erhabenheit über den Menschen. Vor andern Menschen zeichnest Du Dich nicht dadurch aus, daß Du Mensch bist, sondern weil Du ein »einziger« Mensch bist. Du zeigst wohl, was ein Mensch leisten kann, aber weil Du, ein Mensch, das leistest, darum können Andere, auch Menschen, es noch keineswegs leisten: Du hast es nur als einziger Mensch verrichtet und bist darin einzig.
Nicht der Mensch macht deine Größe aus, sondern Du erschaffst sie, weil Du mehr bist, als Mensch, und gewaltiger, als andere – Menschen.
Man glaubt nicht mehr sein zu können, als Mensch. Vielmehr kann man nicht weniger sein!
Man glaubt ferner, was man immer auch erreiche, das komme dem Menschen zu Gute. Insofern Ich jederzeit Mensch bleibe, oder, wie Schiller, Schwabe, wie Kant, Preuße, wie Gustav Adolf, Kurzsichtiger, so werde Ich durch meine Vorzüge freilich ein ausgezeichneter Mensch, Schwabe, Preuße oder Kurzsichtiger. Aber damit steht's nicht viel besser, wie mit Friedrich des Großen Krückstock, der um Friedrichs willen berühmt wurde.
Dem »Gebt Gott die Ehre« entspricht das Moderne: »Gebt dem Menschen die Ehre«. Ich aber denke sie für Mich zu behalten.
Indem die Kritik an den Menschen die Aufforderung ergehen läßt, »menschlich« zu sein, spricht sie die notwendige Bedingung der Geselligkeit aus; denn nur als Mensch unter Menschen ist man umgänglich . Hiermit gibt sie ihren sozialen Zweck kund, die Herstellung der »menschlichen Gesellschaft«.
Unter den Sozialtheorien ist unstreitig die Kritik die vollendetste, weil sie Alles entfernt und entwertet, was den Menschen vom Menschen trennt : alle Vorrechte bis auf das Vorrecht des Glaubens. In ihr kommt das Liebesprinzip des Christentums, das wahre Sozialprinzip, zum reinsten Vollzug, und wird das letzte mögliche Experiment gemacht, die Ausschließlichkeit und das Abstoßen den Menschen zu benehmen: ein Kampf gegen den Egoismus in seiner einfachsten und darum härtesten Form, in der Form der Einzigkeit, der Ausschließlichkeit, selber.
»Wie könnt Ihr wahrhaft gesellschaftlich leben, solange auch nur Eine Ausschließlichkeit zwischen Euch noch besteht?«
Ich frage umgekehrt: Wie könnt Ihr wahrhaft einzig sein, solange auch nur Ein Zusammenhang zwischen Euch noch besteht? Hängt Ihr zusammen, so könnt Ihr nicht voneinander, umschließt Euch ein »Band«, so seid Ihr nur selbander etwas, und Euer Zwölf machen ein Dutzend, Euer Tausende ein Volk, Euer Millionen die Menschheit.
»Nur wenn Ihr menschlich seid, könnt Ihr als Menschen miteinander umgehen, wie Ihr nur, wenn Ihr patriotisch seid, als Patrioten Euch verstehen könnt!«
Wohlan, so entgegne Ich: Nur wenn Ihr einzig seid, könnt Ihr als das, was Ihr seid, miteinander verkehren.
Gerade der schärfste Kritiker wird am schwersten von dem Fluche seines Prinzips getroffen werden. Indem er ein Ausschließliches nach dem andern von sich tut, Kirchlichkeit, Patriotismus usw. abschüttelt, löst er ein Band nach dem andern auf und sondert sich vom Kirchlichen, vom Patrioten usw. ab, bis er zuletzt, nachdem alle Bande gesprengt sind, – allein steht. Er gerade muß Alle ausschließen, die etwas Ausschließliches oder Privates haben, und was kann am Ende ausschließlicher sein, als die ausschließliche, einzige Person selber!
Oder meint er etwa, daß es besser stände, wenn Alle »Menschen« würden und die Ausschließlichkeit aufgäben? Eben darum, weil »Alle« bedeutet »jeder Einzelne«, bleibt ja der grellste Widerspruch erhalten, denn der »Einzelne« ist
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