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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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Eine – Christus – ist sogleich wieder im umgekehrten Sinne ein Unmensch, nämlich ein übermenschlicher Mensch, ein »Gott«. Wirklicher Mensch ist nur der – Unmensch.
    Menschen, die keine Menschen sind, was wären sie anders als Gespenster ? Jeder wirkliche Mensch ist, weil er dem Begriffe »Mensch« nicht entspricht, oder weil er nicht »Gattungsmensch« ist, ein Spuk. Aber bleibe Ich auch dann noch ein Unmensch, wenn Ich den Menschen, der nur als mein Ideal, meine Aufgabe, mein Wesen oder Begriff über Mich hinausragte und Mir jenseitig blieb, zu meiner Mir eigenen und inhärenten Eigenschaft herabsetze, so daß der Mensch nichts anderes ist, als meine Menschlichkeit, mein Menschsein, und alles, was Ich tue, gerade darum menschlich ist, weil Ich's tue, nicht aber darum, weil es dem Begriffe »Mensch« entspricht? Ich bin wirklich der Mensch und Unmensch in Einem; denn Ich bin Mensch und bin zugleich mehr als Mensch, d. h. Ich bin das Ich dieser meiner bloßen Eigenschaft.
    Es mußte endlich dahin kommen, daß man Uns nicht mehr bloß zumutete, Christen zu sein, sondern Menschen zu werden; denn obwohl Wir auch Christen niemals wirklich werden konnten, sondern immer »arme Sünder« blieben (der Christ war ja eben auch ein unerreichbares Ideal), so kam dabei doch die Widersinnigkeit nicht so zum Bewußtsein und die Täuschung war leichter, als jetzt, wo an Uns, die Wir Menschen sind und menschlich handeln, ja gar nicht anders können, als dies zu sein und so zu handeln, die Forderung gestellt wird: Wir sollen Menschen sein, »wirkliche Menschen«.
    Unsere heutigen Staaten bürden zwar, weil ihnen von ihrer kirchlichen Mutter noch allerhand anklebt, den Ihrigen noch mancherlei Verpflichtungen auf (z. B. kirchliche Religiosität), die sie, die Staaten, eigentlich nichts angehen; aber sie verleugnen doch im Ganzen ihre Bedeutung nicht, indem sie für menschliche Gesellschaften angesehen werden wollen, in welchen der Mensch als Mensch ein Glied sein kann, wenn er auch minder privilegiert ist als andere Mitglieder; die meisten lassen Anhänger jeder religiösen Sekte zu, und rezipieren die Leute ohne Rassen- oder Nationalunterschied: Juden, Türken, Mohren usw. können französische Bürger werden. Der Staat sieht also bei der Aufnahme nur darauf, ob einer ein Mensch sei. Die Kirche, als eine Gesellschaft von Gläubigen, konnte nicht jeden Menschen in ihren Schoß aufnehmen; der Staat, als eine Gesellschaft von Menschen, kann es. Aber wenn der Staat sein Prinzip, bei den Seinigen nichts vorauszusetzen, als daß sie Menschen seien, rein vollzogen hat (bis jetzt setzen selbst die Nordamerikaner bei den Ihrigen noch voraus, daß sie Religion, wenigstens die Religion der Rechtschaffenheit, der Honettität, haben), dann hat er sich sein Grab gegraben. Während er wähnen wird, an den Seinigen lauter Menschen zu besitzen, sind diese mittlerweile zu lauter Egoisten geworden, deren jeder ihn nach seinen egoistischen Kräften und Zwecken benutzt. An den Egoisten geht die »menschliche Gesellschaft« zu Grunde; denn sie beziehen sich nicht mehr als Menschen aufeinander, sondern treten egoistisch als ein Ich gegen ein von Mir durchaus verschiedenes und gegnerisches Du und Ihr auf.
    Wenn der Staat auf unsere Menschlichkeit rechnen muß, so ist's dasselbe, wenn man sagt: er müsse auf unsere Sittlichkeit rechnen. Ineinander den Menschen sehen und gegeneinander als Menschen handeln, das nennt man ein sittliches Verhalten. Es ist das ganz und gar die »geistige Liebe« des Christentums. Sehe Ich nämlich in Dir den Menschen, wie Ich in Mir den Menschen, und nichts als den Menschen sehe, so sorge Ich für Dich, wie Ich für Mich sorgen würde, denn Wir stellen ja beide nichts als den mathematischen Satz vor: A = C und B = C, folglich A = B, d. h. Ich nichts als Mensch und Du nichts als Mensch, folglich Ich und Du dasselbe. Die Sittlichkeit verträgt sich nicht mit dem Egoismus, weil sie nicht Mich , sondern nur den Menschen an Mir gelten läßt. Ist aber der Staat eine Gesellschaft der Menschen , nicht ein Verein von Ichen, deren jedes nur sich im Auge hat, so kann er ohne Sittlichkeit nicht bestehen und muß auf Sittlichkeit halten.
    Darum sind Wir beide, der Staat und Ich, Feinde. Mir, dem Egoisten, liegt das Wohl dieser »menschlichen Gesellschaft« nicht am Herzen, Ich opfere ihr nichts, Ich benutze sie nur; um sie aber vollständig benutzen zu können, verwandle Ich sie vielmehr in mein Eigentum und mein Geschöpf, d. h. Ich

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