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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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enthielte. Das Vollkommenste der Art hat man im »Menschen« erreicht. Als Jude bist Du zu wenig und das Jüdische ist nicht deine Aufgabe; ein Grieche, ein Deutscher zu sein, reicht nicht aus. Aber sei ein – Mensch, dann hast Du alles; das Menschliche sieh' als deinen Beruf an.
    Nun weiß Ich, was Ich soll, und der neue Katechismus kann abgefaßt werden. Wieder ist das Subjekt dem Prädikate unterworfen, der Einzelne einem Allgemeinen; wieder ist einer Idee die Herrschaft gesichert und zu einer neuen Religion der Grund gelegt. Es ist dies ein Fortschritt im religiösen, und speziell im christlichen Gebiete, kein Schritt über dasselbe hinaus.
    Der Schritt darüber hinaus führt ins Unsagbare . Für Mich hat die armselige Sprache kein Wort, und »das Wort«, der Logos, ist Mir ein »bloßes Wort«.
    Man sucht mein Wesen . Ist's nicht der Jude, der Deutsche usw., so doch – der Mensch. »Der Mensch ist mein Wesen.«
    Ich bin Mir zuwider oder widerwärtig; Mir graut und ekelt vor Mir, Ich bin Mir ein Greuel, oder Ich bin Mir nie genug und tue Mir nie genug. Aus solchen Gefühlen entspringt die Selbstauflösung oder Selbstkritik. Mit der Selbstverleugnung beginnt, mit der vollendeten Kritik schließt die Religiosität.
    Ich bin besessen und will den »bösen Geist« loswerden. Wie fange Ich's an? Ich begehe getrost die Sünde, welche dem Christen die ärgste scheint, die Sünde und Lästerung wider den heiligen Geist. »Wer den heiligen Geist lästert, der hat keine Vergebung ewiglich, sondern ist schuldig des ewigen Gerichts!« Ich will keine Vergebung und fürchte Mich nicht vor dem Gerichte.
    Der Mensch ist der letzte böse Geist oder Spuk, der täuschendste oder vertrauteste, der schlaueste Lügner mit ehrlicher Miene, der Vater der Lügen.
    Indem der Egoist sich gegen die Anmutungen und Begriffe der Gegenwart wendet, vollzieht er unbarmherzig die maßloseste – Entheiligung . Nichts ist ihm heilig!
    Es wäre töricht zu behaupten, es gäbe keine Macht über der meinigen. Nur die Stellung, welche Ich Mir zu derselben gebe, wird eine durchaus andere sein, als sie im religiösen Zeitalter war: Ich werde der Feind jeder höheren Macht sein, während die Religion lehrt, sie Uns zur Freundin zu machen und demütig gegen sie zu sein.
    Der Entheiliger spannt seine Kraft gegen jede Gottesfurcht , denn Gottesfurcht würde ihn in allem bestimmen, was er als heilig bestehen ließe. Ob am Gottmenschen der Gott oder der Mensch die heiligende Macht übe, ob also etwas um Gottes oder um des Menschen (der Humanität) willen heilig gehalten werde, das ändert die Gottesfurcht nicht, da der Mensch so gut als »höchstes Wesen« verehrt wird, als auf dem speziell religiösen Standpunkte der Gott als » höchstes Wesen« unsere Furcht und Ehrfurcht verlangt, und beide Uns imponieren.
    Die eigentliche Gottesfurcht hat längst eine Erschütterung erlitten, und ein mehr oder weniger bewußter »Atheismus«, äußerlich an einer weit verbreiteten »Unkirchlichkeit« erkennbar, ist unwillkürlich Ton geworden. Allein, was dem Gott genommen wurde, ist dem Menschen zugesetzt worden, und die Macht der Humanität vergrößerte sich in eben dem Grade, als die der Frömmigkeit an Gewicht verlor: »der Mensch« ist der heutige Gott, und Menschenfurcht an die Stelle der alten Gottesfurcht getreten.
    Weil aber der Mensch nur ein anderes höchstes Wesen vorstellt, so ist in der Tat am höchsten Wesen nichts als eine Metamorphose vor sich gegangen und die Menschenfurcht bloß eine veränderte Gestalt der Gottesfurcht.
    Unsere Atheisten sind fromme Leute.
    Trugen Wir in der sogenannten Feudalzeit Alles von Gott zu Lehen, so findet in der liberalen Periode dasselbe Lehnsverhältnis mit dem Menschen statt. Gott war der Herr, jetzt ist der Mensch der Herr; Gott war der Mittler, jetzt ist's der Mensch; Gott war der Geist, jetzt ist's der Mensch. In dieser dreifachen Beziehung hat das Lehnsverhältnis eine Umgestaltung erfahren. Wir tragen jetzt nämlich erstens von dem allmächtigen Menschen zu Lehen unsere Macht , die, weil sie von einem Höheren kommt, nicht Macht oder Gewalt, sondern »Recht« heißt: das »Menschenrecht«; Wir tragen ferner von ihm unsere Weltstellung zu Lehen, denn er, der Mittler, vermittelt unsern Verkehr , der darum nicht anders als »menschlich« sein darf; endlich tragen Wir von ihm Uns selbst zu Lehen, nämlich unseren eigenen Wert oder alles, was Wir wert sind, da Wir eben nichts wert sind, wenn er nicht in Uns wohnt, und

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