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Der eiserne Tiger

Der eiserne Tiger

Titel: Der eiserne Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Seelen der Toten.«
      Diese Stelle unterschied sich durch nichts vom restlichen
    Flußufer. Hier befand sich weder ein Tempel
noch irgendein Monument. Nur die Asche von anderen
Leichenverbrennungen, ganze Berge verbrannter Knochen und hier und da
ein Totenkopf, der aus leeren Augenhöhlen in den Himmel starrte.
      Die Leute, die um das Feuer
herumstanden, lachten und scherzten miteinander, und als die Flammen
durch einen plötzlichen Windstoß durch den gitterartig
aufgebauten Scheiterhaufen hoch aufloderten, stieg ihr der widerlich
süße Geruch brennenden Menschenfleisches in die Nase. Ihre
Kehle war wie ausgedörrt, und es würgte sie, daß sie
glaubte, ersticken zu müssen.
      Sie wandte sich ab, fiel gegen Hamid
und sah, wie hinter ihm etwas im seichten Wasser hin- und
hergespült wurde, ein schon in Fäulnis übergegangener
Leichnam, dessen Arme lose hinterherschleiften. Eine Möwe
stieß hernieder, um gleich darauf mit dem Schnabel auf den
Leichnam loszuhacken.
      Mit besorgtem Gesichtsausdruck fragte
er: »Janet, was ist denn?«, redete sie unwillkürlich
mit dem Vornamen an.
      »Dieser Gestank!« sagte
sie. »Brennendes Fleisch. Voriges Jahr war ich in einem Dorf
namens Nanking nördlich von Saigon. Da haben die Vietkong bei
einem ihrer nächtlichen Angriffe das Krankenhaus in Brand
gesetzt.« Mit schreckgeweiteten Augen dachte sie an die
fürchterliche Szene zurück. »Wir konnten nur noch die
Hälfte der Patienten herausbringen. In manchen Nächten
höre ich immer noch die Schreie der armen Opfer.«
      Er hatte ihren Arm genommen. Rasch
kletterten sie die Uferböschung hinauf, überquerten einen
schmalen, steinernen Damm, und befanden sich plötzlich in einer
anderen Welt, hell und farbenfroh, mit zierlichen Palmen und
scharlachrotem Hibiskus.
      Sie gingen unter den Bäumen her
einen schmalen Pfad entlang und gelangten zu einer steinernen, mit
Schießscharten versehenen Terrasse hoch über dem Fluß.
Wie seit dreihundert Jahren standen dort immer noch alte
gußeiserne Kanonen.
      Hamid schob sie sanft vorwärts.
Sie atmete heftig und beugte sich über die Brüstung. Zwischen
den Sandbänken wateten Hunderte von Flamingos im seichten Wasser.
Das prächtige Gefieder dieser Vögel leuchtete und schimmerte.
Hamid hob einen Stein auf und warf ihn hinunter. Sofort flogen die
Vögel in einer schimmernden Wolke auf, und die Luft war
erfüllt vom schweren Schlag ihrer Flügel.
      Er sah sie ernst an. »Da hinten
sind wir eben noch mit dem Tod in Berührung gekommen, Janet. Und
hier pulsiert das Leben in all seiner Herrlichkeit. Sie müssen
sich damit abfinden, daß Leben und Tod wie die Seiten ein und
derselben Münze sind.«
      Sie nickte nachdenklich und schob
ihren Arm unter den seinen. Schweigend gingen sie den palmenbestandenen
Weg am Ufer entlang zurück.
      Drummond hatte die Altstadt
durchquert und befand sich jetzt in einem Viertel mit prächtigen
Villen und herrlichen Parks, den Häusern reicher Kaufleute und
Regierungsangestellter. Auf einer schmalen, von Eukalyptusbäumen
gesäumten Straße gelangte er wieder ans Flußufer.
      Etwa vierzig Meter entfernt war am
Ende einer alten Werft ein rotes Hausboot vertäut. Auf dem
Kajütendach hockte Fergusons Träger, ein Sikh. Sobald er
Drummonds ansichtig wurde, verschwand er unter Deck.
      Drummond ging über die schmale
Laufplanke an Bord und betrat das strahlend weiß geschrubbte
Deck. Am Heck waren unter einer Markise mehrere Rohrstühle um
einen Tisch gruppiert. Kaum hatte er Platz genommen, als schon der Sikh
mit einem Tablett, einer Flasche Gin, Eiswasser und Gläsern
erschien. Er stellte das Tablett auf den Tisch und zog sich schweigend
zurück.
      Drummond machte sich einen Drink,
trat an die Reling, starrte in den Fluß und dachte an Janet Tate.
Ein Boot glitt vorbei, das Segel vom Wind gebläht..
      Glas klirrte. Drummond drehte sich um. Da saß Ferguson am Tisch und goß sich Gin ins Glas.
      »Du siehst prächtig aus,
Jack. Scheinst ja in Hochform zu sein. Für einen Mann gibt es nach
einer anstrengenden Nacht wirklich nichts Besseres als ein Dampfbad.
Das bringt ihn wieder auf die Beine.«
      »Hallo, Fergy, du alter
Gauner«, begrüßte Drummond den Mann. »Ich habe
deine Nachricht erhalten. Sie wurde mir von einem ganz
entzückenden Quäkermädchen in einem gelben Kleid
persönlich überbracht. Und zwar in Ram Singhs
Freudenhaus.«
      »Großer Gott«, sagte Ferguson erschüttert. »Das ist doch wohl nicht

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