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Der Eisvogel - Roman

Der Eisvogel - Roman

Titel: Der Eisvogel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Tellkamp
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Dornier-Analyse? Frau ’t Hooft nickte,trat zum Tisch. Ich habe es soweit vorbereitet; aber einiges an den Beteiligungsverhältnissen ist noch unklar, könnten wir, sie sprach ohne Akzent, – In zehn Minuten, sagte Vater. Sie ging. Meine beste Assistentin, ehrgeizig, aber nicht zu sehr, kein Blaustrumpf, glaube ich, will auch Kinder, wie findest du sie? – Vater, hast du mich deswegen bestellt, um mit mir über deine Assistentinnen zu reden, – Nein, aber darüber, was du dir jetzt vorstellst, nachdem du es glücklich bis aufs Arbeitsamt gebracht hast, mein Sohn, wie alt bist du, Vater zündete sich ruhig eine seiner Cohibas an. Als ich so alt war, wie du jetzt bist, und dann kam eine seiner Aufzählungen, die ich schon kannte und die mich einerseits die Hände um die Stuhllehne krampfen und die Zähne zusammenbeißen ließen, um die aufschwappende Erregung, schließlich Wut im Zaum zu halten, andererseits aber langweilten: Ihr seid so angepaßt, meine Güte, als ich so alt war wie ihr – ich fragte mich, wen er mit ihr meinte –, haben wir Pflastersteine geschmissen, ich bin, bevor ich deine Mutter kennenlernte, mit meinen diversen Freundinnen durch die Weltgeschichte getrampt, einmal bis nach Tunis, bin mit deiner Mutter durch Brasilien getourt in einer zweifelhaften Cessna, – Ja, Vater, sagte ich, – Und du, überhaupt: Frauen, wie steht’s damit, hast du eine, – Nein, Vater, sagte ich, – Wie hast du dein Geld angelegt? Alles auf dem Girokonto, Sparbuch? So ein Blödsinn, Junge, komm, wir machen da mal was Vernünftiges draus. Wir waren keine Spießer, falls du das denkst, mein Sohn, hatten auch unseren Spaß; aber ihr, eure Generation, ihr kommt mir ehrlich gesagt vor wie ein Haufen schlaffer Säcke, könnt weder richtig einen draufmachen noch richtig malochen, jeder Puster haut euch gleich um! Dann folgte seine Karriere bei verschiedenen Banken, von ganz unten ziemlich schnell nach ziemlich weit oben. Drei Kinder, sagte er, alle wohlgeraten. Außer mir,denkst du jetzt, dachte ich. – Warum willst du nicht bei uns einsteigen, Wiggo? Statt deiner lächerlichen paar Piepen bekämst du ein vernünftiges Gehalt, du müßtest natürlich zuerst als Trainee anfangen, da würde es nicht so üppig ausfallen, aber das dauert ja nicht ewig, ich bin überzeugt, daß du es könntest. Du bist mein Sohn, und die Assistenten, die ich kennengelernt habe, schlägst du allemal, – Auch Frau ’t Hooft, preßte ich hervor, Vater blies eine Rauchwolke aus, schob mir mit zusammengekniffenen Augen die Zigarrenschachtel hin, ich lehnte ab, dachte an Frau ’t Hoofts Lippen und den spöttischen, neugierigen, lebenslustigen Blick ihrer brombeerdunklen Augen. Meine Güte, du könntest hunderttausend Anfangsgehalt haben als mein Assistent, eine ordentliche Wohnung, Auto, eine Frau, willst du denn nicht heiraten, eine Familie gründen, und glaubst du, daß Geld da keine Rolle spielt? Du bist doch jung, die jungen Leute heute starten alle durch, – Ich denke, die sind alle schlaffe Säcke –, – Sind sie auch; aber wir haben ihnen den Weg freigeschaufelt, mein Sohn, die machen Karriere und spielen vorn mit, wo die Musik wirklich spielt, ich kann mir nicht vorstellen, daß es dir gleichgültig ist, daß du langsam, aber sicher zu den Losern treibst, verschweigst du mir etwas, ich meine, wie lange schon hast du niemanden?
    – Treibgut, Auf- und Niedersteigen in der Dünung, ohne Anfang, ohne Ende waren die Geschehnisse, Teil einer Geschichte, die einem Stab glich, prinzipiell verlängerbar nach beiden Seiten; ein Schatten, wenn auch nicht willkürlich, so doch von einem Blinden aus dem Licht ohne Ufer gebrochen, in dem die Dinge zu beginnen und zu enden nur behaupteten; nicht der Kreis, diese Figur war, so schien es mir, das Symbol vergangener Epochen, in der Gegenwart ründet sich nichts mehr. Alles ist offen
    – verschweigst du mir etwas, nahm er das Gespräch wieder auf, beim nächsten Mal, in der Viertelstunde, die er laut dem vom Fahrradkurier überbrachten Schreiben erübrigen konnte, Sehnsucht nach einem Gesicht, nach Ines’ Gesicht, wie Frau ’t Hooft mit Vornamen hieß, das hatte ich inzwischen herausgefunden, sie war anwesend bei diesem Gespräch und wußte nicht, was sie tun sollte angesichts der Themen, die Vater anzuschlagen für richtig hielt, sie wollte aufstehen und hinausgehen; aber Vater hielt sie zurück: Bleiben Sie ruhig da, Frau ’t Hooft, mein Sohn ist ein interessanter Charakter, befahl es ihr

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