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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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gelegt und sie hatten nach einem Platz für ihr Picknick Ausschau gehalten. Schlieߟlich hatten sie einen hellen Sonnenflecken gefunden, der durch die hohen Bäume auf den Boden gefallen war und ein bisschen Wärme gespeichert hatte. Dort im Wald, in der fast feierlichen Stille, die nur vom Gesang der Vögel durchbrochen wurde, war er mit Caro am liebsten. Dass es noch reichlich kühl war, hatte sie beide nicht gestört.
    Der Wald war schon früher sein Zufluchtsort gewesen. Nur hier konnte Georgs Seele heilen, nachdem der Groߟvater sie wieder einmal zerschlagen hatte. Wie viele Risse und Sprünge hatte sie davongetragen?
    »Man merkt Jette überhaupt nicht an, dass sie die Tochter einer stinkreichen Mutter ist«, hatte Caro gesagt. »Ich glaube, manchmal ist es ihr sogar peinlich.«
    Sie hatte mit ihren Worten Neugier in ihm geweckt. Trotzdem hatte er solche Gespräche sofort abgeblockt. Er wollte sich nicht in Caros Leben hineinziehen lassen. Nicht, bevor er sich sicher war. Jede vorschnelle Nähe in seinem Leben hatte ihm Wunden zugefügt. Sein Körper war übersät damit.
    »Dabei soll sie aussehen wie ein Engel«, sagte Malle und bestellte sich noch ein Bier. Sein Blick kippte weg und Georg wusste, dass er jetzt seinen Säuferträumen nachhing. Die Abende mit Malle endeten immer so. Und damit, dass Georg ihn in seinem Zimmer ablieferte, weil Malle allein gar nicht mehr in der Lage war, es wieder zu finden.
    Aber vorher wollte er noch sein Bier austrinken. Und es war ihm recht, dass Malle ihn dabei in Ruhe lieߟ.
    Jette. Der Name kreiselte in seinem Kopf.
    Wie ein Engel, hatte Malle gesagt.
    Wer bist du, dachte Georg, dass du den Mut hast, dich mit mir anzulegen?
    Neben ihm fing Malle an zu singen. Irgend so eine Heinoschnulze. Der Wirt warf ihnen bereits böse Blicke zu.
    »Komm«, sagte Georg. »Ich bring dich nach Hause.«
    »Nachause, nachause, nachause gehn wir nich«, lallte Malle, »nachause, nachause...«
    Georg zahlte und schob Malle nach drauߟen. Malle hörte auf zu singen. Er jammerte über sein verkorkstes Leben. Seine gescheiterte Ehe. Darüber, dass seine Kinder ohne ihn aufwuchsen. Ihn kaum noch kannten. Er beschimpfte Georg, weil er ihn daran hinderte, weiter zu trinken. Und zu vergessen.
    Georg hörte nicht hin. Jettes Name hatte sich in seinem Kopf festgesetzt. Und das, was Malle ihm erzählt hatte. Etwas hatte angefangen. Ein Spiel?
    Das Mädchen hatte ihn herausgefordert.
    »Also gut«, murmelte er, als er Malle abgeliefert hatte und auf dem Weg zu seiner Pension war. »Du sollst deinen Willen haben, Mädchen.«

    Seine Schritte hallten laut in der mondlosen Nacht. Ihm war auf einmal ganz leicht zumute. Als hätte er genau das gebraucht - ein Ziel.
     
    Für Bert waren die Frühbesprechungen eine Tortur. Vor allem, seit er sich das Rauchen abgewöhnt hatte. Selten brachten ihm die Nächte mehr als vier, fünf Stunden Schlaf, und allmählich ging er auf dem Zahnfleisch.
    Früher hatte er schlafen können wann, wo und so lange er wollte. Heute brauchte er mindestens eine Stunde, um einzuschlafen. Nachts wachte er mehrmals auf, taumelte zur Toilette und lag danach hellwach im Bett. Horchte auf Margots tiefe, gleichmäߟige Atemzüge oder, was noch schlimmer war, auf ihr leises Schnarchen. Gegen Morgen endlich fiel er in einen tiefen Schlaf, aus dem ihn der Wecker gnadenlos wieder herausriss.
    Bert verbrachte die Vormittage in einer grauen, schleppenden Müdigkeit. Jeder Handgriff, jeder Gedanke wurde ihm zu viel. Manchmal sackte ihm am Schreibtisch der Kopf auf die Brust und er schreckte hoch wie ertappt.
    Neuerdings fanden die Frühbesprechungen täglich statt. Seit dem zweiten Mord machten die Medien Dampf. Die ߖffentlichkeit befand sich in einem Zustand der Hysterie. Der Halskettenmörder konnte jeden Tag wieder zuschlagen. Niemand war sicher. Das setzte die Polizei unter Druck.
    Alles hatte so früh am Morgen etwas sehr Verletzliches. Als hätten die Götter sich noch nicht entschieden, in welche Richtung sie den Tag treiben lassen sollten.
    Die Kollegen trugen ihre Ergebnisse zusammen. Um festzustellen, dass eigentlich noch keine nennenswerten Ergebnisse vorlagen. Das Klinkenputzen war noch in vollem Gange. Täglich trudelten Hinweise ein, denen pflichtbewusst nachgegangen wurde.
    Pflichtbewusst. Bert stolperte über das Wort. Wer machte sich denn heutzutage noch Gedanken über Begriffe wie Pflicht, Anstand, Fleiߟ, Ordnungsliebe? Das waren Werte aus alten Zeiten, längst

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