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Der Erdsse Zyklus 05 - Rueckkehr nach Erdsee

Titel: Der Erdsse Zyklus 05 - Rueckkehr nach Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K LeGuin
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kam den Hafen herauf gesegelt in jener windlosen Sommernacht, forsch vorwärts drängend, die Segel vom Zauberwind gebläht. Niemand im Palast hatte damit gerechnet, dass der König so rasch zurückkehren würde, aber nichts war in Unordnung oder unvorbereitet, als er kam. Der Kai füllte sich sofort mit Höflingen, Soldaten, die dienstfrei hatten, und Einwohnern, die ihn begrüßen wollten; Liedermacher und Harfner harrten darauf zu hören, wie er gegen die Drachen gefochten und sie besiegt hatte, auf dass sie Balladen darüber schmieden konnten.
    Sie wurden jedoch enttäuscht: Der König und seine Begleiter begaben sich schnurstracks in den Palast, und die Wachsoldaten und Seeleute vom Schiff sagten nur: »Sie ritten hinauf in das Land über den sandigen Ufern des Onneva-Flusses und kehrten nach zwei Tagen zurück. Der Zauberer sandte einen Botenvogel zu uns aus, denn wir waren zu dem Zeitpunkt drunten an den Toren der Bucht, da wir sie in Südhafen treffen wollten. Wir kehrten um, und sie erwarteten uns an der Flussmündung, wohlbehalten und unversehrt. Aber wir sahen den Rauch von brennenden Wäldern über den südlichen Faliern-Bergen.«
    Tenar war in der Menge am Kai, und Tehanu ging geradewegs auf sie zu. Sie umarmten sich stürmisch. Aber als sie unter den Lampen und den freudig erregten Stimmen die Straße hinaufgingen, dachte Tenar: Es hat sich verändert. Sie hat sich verändert. Sie wird nimmer nach Hause kommen.
    Lebannen ging zwischen seinen Gardisten. Geladen, wie er war, mit Spannung und Energie, war seine Erscheinung königlich, kriegerisch, strahlend. »Erreth-Akbe«, riefen die Leute, als sie ihn sahen, und »Sohn Morreds!« Auf den Stufen des Palastes hielt er inne und wandte sich ihnen allen zu. Er gebot über eine kräftige, tragende Stimme, wenn er wollte, und als sie über die Menge hinweg erschallte, verstummte sogleich aller Tumult. »Hört, Leute von Havnor! Das Weib von Gont hat für uns mit einem der Höchsten unter den Drachen gesprochen. Sie haben Waffenruhe gelobt. Einer von ihnen wird zu uns kommen. Ein Drache wird hierher kommen, in die Stadt Havnor, in den Maharionspalast. Nicht um ihn zu zerstören, sondern um zu verhandeln. Die Zeit ist gekommen, da Menschen und Drachen sich begegnen und miteinander reden müssen. Also sage ich euch: Wenn der Drache kommt, fürchtet euch nicht vor ihm, kämpft nicht gegen ihn, flieht nicht vor ihm, sondern heißt ihn willkommen im Zeichen des Friedens. Begrüßt ihn, wie ihr einen großen Herrn begrüßen würdet, der in friedlicher Absicht von weit her gekommen ist. Und habt keine Angst. Denn wir werden gut beschützt durch das Schwert Erreth-Akbes, durch den Ring Elfarrans und durch den Namen Morreds. Und in meinem eigenen Namen verspreche ich euch, solange ich lebe, werde ich diese Stadt und dieses Reich verteidigen!«
    Alle lauschten gespannt in atemlosem Schweigen. Überschwänglicher Jubel brach los, als er sich wieder umwandte und in den Palast schritt. »Ich hielt es für das Beste, sie zu warnen«, sagte er mit seiner gewohnten ruhigen Stimme zu Tehanu, und sie nickte. Er sprach mit ihr wie mit einer Kameradin, und sie verhielt sich wie eine solche. Tenar und die Höflinge in ihrer Nähe sahen dies.
    Er berief seinen vollen Rat für die vierte Stunde des Morgens ein, und dann zerstreuten sich alle, aber er behielt Tenar noch eine Minute bei sich, während Tehanu weiter ging. »Sie ist es, die uns beschützt«, sagte er.
    »Allein?«
    »Hab keine Angst um sie. Sie ist die Tochter des Drachen, die Schwester des Drachen. Sie kann hingehen, wohin wir nicht gehen können. Hab keine Angst um sie, Tenar.«
    Sie nickte zum Zeichen der Anerkennung. »Ich danke dir, dass du sie mir heil und unversehrt zurückgebracht hast«, sagte sie. »Für eine Weile.«
    Sie standen abseits von anderen Leuten in dem Gang, der zu den im Westflügel des Palastes gelegenen Räumlichkeiten führte. Tenar schaute zum König auf und sagte: »Ich habe mich mit der Prinzessin über Drachen unterhalten.«
    »Mit der Prinzessin!«, sagte er verblüfft.
    »Sie hat einen Namen. Ich kann ihn dir nicht sagen; sie glaubt nämlich, du könntest ihn dazu benutzen, ihre Seele zu zerstören.«
    Er runzelte die Stirn.
    »Auf Hur-at-Hur gibt es Drachen. Kleine, sagt sie, und ohne Flügel, und sie sprechen nicht. Aber sie sind heilig. Das heilige Zeichen und Siegel von Tod und Wiedergeburt. Sie erinnerte mich daran, dass meine Leute, wenn sie sterben, nicht dorthin gehen, wo deine

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