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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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auseinanderliefen, schrie er hinter ihnen her: „Ich habe gesagt, daß nichts mitgenommen wird! Wir hauen jetzt auf der Stelle ab!“
    Da sich niemand an seine Anweisungen hielt, blieb Weeny vor Wut zitternd allein zurück und schmiedete Rachepläne. Ihm kam die Idee, sämtliche Zeitzünder zurückzudrehen, damit die Bomben hochgingen, wenn die anderen sie noch schleppten und die auf der Karte mit einem X markierten Stellen, wo sie die Ladungen zünden wollten, damit das Meer das Land überspülte, noch nicht erreicht hatten.
    Aber er hatte nicht genügend Zeit, seinen Plan in die Tat umzusetzen, denn die anderen würden nicht lange genug wegbleiben. Dennoch war Weeny der Meinung, daß sie einen solchen Tod verdient hätten.
    Wenn Larry nicht da war, war er der Bandenführer. Die anderen hatten ihm zu gehorchen. Er stellte sie sich sterbend vor, wobei sie bedauerten, ihm nicht gehorcht zu haben.
    Wie George Sanford gestorben war. Weeny setzte sich auf eine Kiste und dachte daran, wie er George das Messer in den Leib gestoßen hatte. „Ich will einen Besen fressen, wenn du nicht Spaß dabei hattest, dich mit Hilfe dieser Pillen aus dem Staub zu machen, George. Ich wette, du hast gar nicht gewußt, was passierte. Erst als ich dich mit dem Messer traf, ist dir ein Licht aufgegangen. Ich hoffe, daß du weißt, wer es getan hat! Ich hoffe, du hast dir alle Knochen gebrochen, als du von der Klippe fielst, daß du einen langsamen und schmerzhaften Tod hattest und an mich gedacht hast. Wenn du noch nicht ganz tot bist, hoffe ich, daß du jetzt meine Gedanken auffängst. Du hättest nicht über mich lachen dürfen. Niemand sollte über mich lachen.“
    Er stellte sich George Sanford vor, wie er mit gebrochenen Knochen am Fuße des Abhangs lag. Wahrscheinlich bedauerte er jetzt, daß er Weeny ausgelacht hatte. Wenny lächelte. „In einer Woche wird keiner mehr wissen, daß es je einen George Sanford gegeben hat. Man wird dich vergessen. Und dafür wird man von mir reden – von William Weinard! Alle werden sich vor mir fürchten!“
    In seinem Inneren tauchte ein Bild von George Sanford auf. Es lachte. „Was hast du getan? Mir ein Messer zwischen die Rippen geschoben? Du bist ja ganz schön von dir eingenommen, Bübchen. Wo bist du?“
    „Verschwinde aus meinem Kopf, George, du bist tot“, dachte Weeny in einem plötzlichen Aufblitzen von Haß. „Du kannst jetzt mit einem Bettuch bekleidet im Himmel herumspuken!“
    Er glaubte George irgendwo in der Ferne lachen hören zu können. Es war ein echtes Gelächter, und es schien ihm, als käme es von draußen – von der Klippe, über deren Rand George gefallen war – durch den Tunnel zu ihm herein.
    Wenn George nun doch nicht tot war? Weeny sprang auf und jagte auf die verschlossene Tür zu, und während er herumwirbelte, glaubte er George bereits vor sich zu sehen. Er war nur noch drei Meter von ihm entfernt. Als Weeny seine Drehung vollendet hatte, war George wieder weg. Er starrte auf die Stelle, an der er ihn gesehen hatte, und sah die sich auflösenden Umrisse seiner klobigen Schultern, seine großen Fäuste und runde, ausdruckslos-blaue Augen …
    „Warum hast du solche Angst?“ fragte die Stimme in seinem Kopf. „Das macht mich ja erst richtig wach.“
    Weeny wußte, daß es nur natürlich war, wenn George den Wunsch verspürte, ihn zu töten. Weeny hatte ihm schon zuvor eine Menge Ärger bereitet. Die Stichwunde, die er ihm beigebracht hatte, konnte jeden Gutmütigen verändern, der es bisher unterlassen hatte, die Hände an seine Kehle zu legen. Tote Hände? Was bedeutete wach machen? Weeny wurde klar, daß er wie ein Telepath gedacht hatte. Hör’ auf zu denken! Kann Denken die Toten erwecken? Können deine eigenen Gedanken in sie hineinschlüpfen und …
    „Du meinst also, ich müßte dich umbringen, Weeny?“
    „Ja!“ schrie Weenys Vorstellungskraft. „Du bist ein Zombie! Ein Zombie ist hinter mir her!“ Erneut stellte er sich vor, wie George ihn erwürgte. Eilig griff er nach seinem Bombenbeutel und schrie: „Wir treffen uns an der U-Bahn, Leute!“ Dann lief er hinaus in den Park. Während er wie blind durch die Dunkelheit stolperte, stellte er sich vor, daß George noch lebte, sich mit einer Hand an einer Baumwurzel festhielt und über dem Abgrund schwebte. Der Gedanke verlieh ihm neuen Mut und versorgte ihn mit nur in seiner Phantasie existierender Zeit, zur U-Bahn zu laufen. Aber während er lief, rannte ein ebenfalls nur in seiner Vorstellung

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