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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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und sich um dich streiten werden.“
    Mr. Xerxes wußte nicht, daß meine Kreditkarte zu nichts mehr nütze war. Er verehrte meine Willenskraft. Zwei Monate lang hatte er zugesehen, wie ich hundert Pfund Fett verloren hatte. Ich hatte einfach nichts mehr gegessen. Er hatte mir ein Fläschchen mit Appetithemmern gegeben, die er von seiner eigenen Abmagerungskur übrigbehalten hatte. Mir hatten sie geholfen, aus dem Fett Energie zu machen. Ich hatte mich nie schwach gefühlt, nur hungrig, und mir täglich zwei Teller Planktonsuppe gekauft, um die letzten Dollars ein wenig zu strecken.
    „Haben Sie einen Job für mich, Mr. Xerxes? Kann ich Ihnen irgendwie aushelfen?“ Ich vergrub die Hände in den Taschen, damit sie nicht so zitterten. Als ich von der Schülerbeihilfe lebte, hatte die Künstlerkommune immer was für mich zu tun.
    „Heute nicht, George.“ Mr. Xerxes hielt sorgfältig einen Steinblock hinter das Ohr der Statue, setzte seinen Meißel an und schlug ein Stückchen Marmor ab. Seine Vibrationen waren ein bißchen abweisend. Er dachte, ich sei nun zu groß für einen Laufburschenjob. Er wußte natürlich nicht, daß mir niemand einen Erwachsenenjob geben würde.
    Ich versuchte es noch an fünf anderen Maschinen, aber sie waren alle in Ordnung und wußten, daß ich keinen Kredit mehr hatte, deswegen rückten sie nichts heraus.
    Ich ging die Straße hinunter, hinter Leuten her, die auf dem Weg zur Arbeit waren. Ich stellte mir vor, zu ihnen zu gehören und nicht ich zu sein, das verschaffte mir ein gutes Gefühl. Ich tat so, als hätte ich ein Ziel und nahm ihre Vibrationen auf. Schließlich ging ich zur Kommune 1949, wo die alten Leute leben.
    Ich stellte mich auf die Rolltreppe und ließ mich (statt sie hochzulaufen) von ihr tragen, kam an zwei Rasenplätzen und Veranden vorbei und sprang in Mrs. Johnsons Stockwerk ab. Sie hatte ein kleines Haus, das ganz von einem Rasen umgeben war und nur deswegen nicht wie ein Landhaus aussah, weil an den Ecken diese Säulen waren, die das gesamte Gebäude festhielten. Sie hatte die Säulen allerdings mit Schlingpflanzen verziert. Ich ging über den hellen Rasen mit dem gelben Löwenzahn und dem rosafarbenen Klee und klingelte bei ihr.
    „Komm rein“, rief sie durch das Interkom. „Ich bin in der Küche.“
    Die Tür öffnete sich. Ich atmete den süßen Duft von Kuchen und Orangenglasur ein, der die ganze Atmosphäre auszumachen schien. Das Wohnzimmer sah aus wie in einem Film aus den vierziger Jahren.
    Es gab aber keinen Fernseher, weil das ’49 noch nicht weit verbreitet war. Die Kommune der alten Leute lebte ziemlich strikt in ihrem Versuch, fünfzig Jahre hinter der Zeit zu bleiben. Das ganze Haus roch nach Pfannkuchen und Orangenkuchen. Orangenkuchen liebe ich am meisten, und was die Pfannkuchen angeht, so ist ihr Duft besser als alles andere.
    Mrs. Johnson war in der Küche damit beschäftigt, sorgsam Orangenglasur auf einen großen Kuchen zu streichen. Der süße Duft war überwältigend. Ein rosafarbener Kuchen stand auf dem Tisch. Erdbeeren oder Kirschen?
    Ich ging nur ein Stückchen hinein. Es war nur eine kleine Küche, und sie war nicht groß genug für uns beide. Mrs. Johnson ist eine große Frau.
    „Kann ich irgendwie helfen?“ fragte ich. Als ich noch klein war, habe ich ihr immer gern geholfen.
    „Ja.“ Sie lächelte. „Du kannst mir dabei helfen, diese Kuchen zum Stand hinunterzubringen. Du kommst gerade rechtzeitig für den Witz, George. Wir machen diese Woche eine Inflation, und dies sind Hundert-Dollar-Kuchen. Mr. Duggan mag Kuchen gern.“
    „Kann ich die Glasurpfanne saubermachen?“ Da lag eine Pfanne, an der noch etwas von dem rosafarbenen Zuckerguß klebte. Ich berührte sie mit einem Finger. Rosafarbenes Pfefferminz.
    Sie sah mich streng an. „George, ich bin sehr stolz auf dich, weil du jetzt diät lebst. Ich würde nicht im Traum daran denken, dich in Versuchung zu führen. Süßigkeiten haben keinen Nährwert. Sie haben nicht den geringsten Nährwert. Bleib besser bei deinen Salaten.“
    Hätte ich mir gleich denken können, daß sie so was sagt. Als ich noch dick war, hat sie mir immer Plätzchen gegeben.
    Ich nahm den Orangenkuchen, sie nahm den anderen, und zusammen gingen wir dann in den Park hinunter, der die Bodenebene einnahm.
    Die alten Leute in der Kommune arbeiten alle füreinander und verkaufen sich gegenseitig Dinge. Das Geld der Sozialversicherung bewegt sich immer im Kreis, wie eine Million Dollar. Während wir mit

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