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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Achseln, als gäbe er irgendwem nach. Er holte sich eine Tasse Kaffee aus einem vor der Wand stehenden Automaten und wartete stehend ab. Selim nahm die Box an sich. Als er sie hochhob, sah ich, daß zwei Kabel aus ihr herausliefen. Sie gingen über den Boden, verschwanden unter Ahmeds Tisch und reichten bis an seine Beine.
    Selim ging weiter auf Ahmed zu und hob die Box an, damit alle sie sehen konnten. „Ich werde jetzt beweisen, daß du immer noch lügen kannst, du Hund. Ich werde es dir zeigen …“
    Jetzt erkannte ich, daß es eine Folterbox war, ein simples Gerät, das mit Batterien angetrieben wurde. Ich holte aus, um die Wand einzutreten.
    Ahmeds Stimme sagte: „Würde ich dir nicht raten, George.“
    Ahmed war der einzige in dem Raum, der genau in meine Richtung sah. Und er konnte sehen, daß ich mir hinter der Sperrholzwand zu schaffen machte. Er wußte auch, daß hinter dieser Wand ein freier Raum war. Die anderen dachten wohl, er redete mit ihnen und würde Selim mit George ansprechen. Möglicherweise wollte er mir signalisieren, ich solle warten, bis weniger Leute um ihn herum waren. Aber das, was sie jetzt taten, hatte er nicht vorhersehen können. Ich wandte meinen Blick von dem hellen Spalt ab und hielt mir den Kopf. Ich hörte, wie Selim ihn ausfragte. Die Ohren konnte ich mir nicht zuhalten.
    „Du verlogenes Polizistenschwein, du hast gesagt, man würde dich Ahmed den Araber nennen.“ Selims Stimme war ein einziges Grollen. „Bist du ein Araber? Sag, daß du ein Araber bist. Sag, daß du einer von uns bist. Wenn du sagst, daß du ein Araber bist, nehme ich den Finger vom Knopf.“
    „Ich bin kein Araber.“ Ahmed strahlte weder Angst- noch Schmerzvibrationen aus. Schon als wir noch unsere Kinderbande hatten, war ihm manchmal, wenn er uns irgendwo herumführte, gar nicht aufgefallen, daß er blutete oder sich verletzt hatte. Hatte er sich so darauf gedrillt, daß er die Folterbox gar nicht spürte? Ich dachte an elektrischen Strom. Sogar die Vorstellung tat weh.
    „Bist du ein Araber?“
    „Nein.“ Keine Schmerzvibrationen von Ahmed, nur das Summen entschlossener Wachsamkeit und das Warten auf einen Situationswechsel. Aber von den Arabern kam das warme Glühen eines interessierten Sadismus und so etwas wie Verehrung für die Standhaftigkeit ihres Opfers.
    „Du sollst lügen! Sag, daß du ein Araber bist, dann nehme ich den Finger vom Knopf. Von welcher Rasse bist du?“ Selim kämpfte um sein Leben.
    „Mütterlicherseits algerisch-französisch und väterlicherseits spanisch-romani.“ Ahmeds Stimme war dünn und sie kam keuchend, aber er sagte die Wahrheit.
    Die nachdenkliche Stimme des alten Führers unterbrach ihn. „Interessant … Gefangener, ich habe Sie nur für einen Polizeispitzel gehalten. Bedeutet Romani Zigeuner?“
    „Nein, Zigeuner bedeutet Romani“, keuchte Ahmed, der es mal wieder ganz genau haben wollte.
    Selims Stimme klang rauh und drückte beinahe mehr Schmerz aus als die Ahmeds, denn jetzt sah er, daß ihm auch die letzten Möglichkeiten wegschwammen, seinen Gegner zu diskreditieren. „Polizistenhund, wenn du dich einen Araber nennst, höre ich auf, dir weh zu tun. Ich schalte dann den Strom ab. Was bist du?“
    „Ein Mensch.“
    „Genug, Selim, laß die Box jetzt los“, kommandierte der Anführer.
    Und noch einmal, diesmal etwas lauter, sprach Hisham den Befehl aus. „Laß die Box los, schalte den Strom ab. Es ist zu spät. Es wird dich nicht mehr retten.“
    Selim fällt mit einer solch großen Lautstärke eine verzweifelte Entscheidung, daß ich sogar mit geschlossenen Augen sah, wie er seinen Führer ansprang. Ich hörte das Zischen eines Lasers, dann einen dumpfen Aufprall und das Klirren auf dem Boden zerschellender Tassen. Ich hörte mit dem Zähneknirschen auf und löste meine Hände voneinander. Dann lugte ich wieder durch den Spalt und sah, wie Selims Körper langsam von der Oberfläche eines Kaffeetisches herabrutschte und unter dem Klirren weiterer Tassen auf dem Fußboden landete.
    Mit einer Handbewegung, die etwas Endgültiges ausdrückte, steckte Akbar Hisham seinen Laser ein. Die arabischen Soldaten entspannten sich. Ihr Führer sagte formell: „Ich bin für das Blut dieses Mannes nicht verantwortlich. Der Zigeuner hat Selims Tod vorhergesagt. Und er hat gesagt, daß seine finsteren Pläne ihm den Tod bringen würden. Ich bin nur das Schwert in Allahs Händen, das nach seinem Willen zuschlägt. Der Zigeuner hat ebenso gesagt, daß ihr und eure

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